schauderhaft; ein Theil der Stadt, mit ihm die schöne Johanneskirche,
verschwand. -Wenn man einen Setzkasten um-
wärfe und in tausend Stücke zerschmetterte, so wäre die
Unordnung oder Verwüstung auch gross; man brächte je doch
bald wieder Wörter und Zeilen, nur nicht mehr den
Kasten zusammen. Anders, viel wüster, hier, und aus den
vielen zertrümmerten, wenigen ganzen Buchstaben ist man
kaum mehr im Stande, ein Wort zusammenzusetzen. Den
Verlust der Kunstschätze wird man mit Recht bitter empfinden;
noch weit mehr aber hat man zu beklagen, dass bei
diesem Ereignisse gegen achthundert Personen, lauter Türken
mit Ausnahme eines Griechen, vermisst wurden.
Vormittags um zehn Uhr fuhren wir weiter.
25. Dezember. Nach zehn Uhr Vormittags langten wir
in Smyrna an. Ich ging gleich an Bord des Lloyddampfbootes
„Germania”, weil die „ Imperatrice” Konstantinopel
zusteuern soll. Der untere Theil der Stadt Smyrna ist so
fränkisch geworden, dass ich keine Lust hege, darüber ein
Wort zu verlieren. Überall wiederholt sich die Beobachtung,
dass sich der Keil der Franken immer weiter sprengend in
die türkische oder arabische Bevölkerung hineintreibt. Dies
ist die unaufhaltsame, sichere, unblutige Eroberung der
Türkei, wenn wir sie auch nach unserem Kopfe langsam
finden, in dem nicht die Chronik, sondern nur Ephemeriden
aufgeschlagen sind.
Am 26. Abends sechs Uhr reisten wir ab und hielten
nach Mitternacht vor Scio an; um drei Uhr dampften wir
weiter. Nachmittags zwei Uhr (27.) erreichten wir den
Hafen von Syra, und, glücklicher als 1846, da die Quarantäne
vom Kontakte mit dem Lande mich abhielt, säumte ich
nicht, die Insel zu besuchen. Mich verlangte nicht wenig,
eine Stadt des neuen Königreichs Griechenland näher zu
betrachten. Meine Erwartung ward weit übertroffen. Wo
1821 ein Fischernest lag, unterhalb Syra oder der Altstadt,
in welcher jetzt noch die römischen Katholiken das Glöck-
lein ihrer Kathedrale rührig läuten, steht heute eine Stadt,
die Hermopolis, mit wenigstens vier Kirchen, wovon die
neue, noch nicht ausgebaute, doch mit ihrem Dome schon
den Wald von Mastbäumen frei - herrlich überschauende gar
lieblich zu werden verheisst. Ein unaussprechlicher Reiz
ist es, die so reinlich darein blickenden, weiss übertünchten,
der' Mehrzahl nach würfelförmigen, ziemlich weit hinaus und
hoch hinan terrassenförmig über einander sich erhebenden
Häuser zu durchmustern. Und wie heisst denn der Zauberer,
der all’ das hervorgerufen hat? Man zittere nicht — die
Revoluzion, das frei gewordene Wort und Werk des Griechen,
jener Hauptschmuck in der Sprache, jener Labetrank
für die lechzende Zunge, — die Freiheit. Was Grosses würden
noch die Griechen und Armenier anderwärts im türkischen
Reiche schaffen, wenn der halb lähmende Druck des türkischen
Joches, der Regierung, einmal aufhörte. Bei Leibe nicht der
einzig niederreissenden und zerstörenden, sondern der aufbauenden
und bildenden Umwälzung rede ich das Wort, und
das zu einer Zeit, in welcher der' Glaube daran todt oder
doch so kalt ist, dass er selten zum lauten Worte erwärmen
mag. Was von Anfang der Erschaffung des Menschen an
mit göttlichen Zügen in das Herz des Menschen geschrieben
ist, immer noch zum Texte von Betrachtungen zu wählen,
kann nie als Verbrechen oder als verdächtig erscheinen, und
wird, selbst mitten in der Nacht, nicht auf hören, Verthei-
diger und Freunde zu erwecken, so lange, als dieses Herz
im Menschen erhalten bleibt. Meine harmlos angeschlagenen
Töne werden, wie ich hoffe, in kein Ohr als Missklänge
dringen; einzig und allein den Vorwurf der Unzeitigkeit will
ich, gefasst und ohne Widerstreben, hinnehmen. Am Auge
des denkenden Menschen können nun einmal derlei grossartige
Erscheinungen im Leben der Völker, wie sie sich in
Neugriechenland, wunderlicherweise dem Zankapfel für die
brittischen Freiheitsapostel, darstellen, nicht 'vorübergehen,
ohne dass er sich angetrieben fühlt, den Zusammenhang von
Ursache und Wirkung zu erfassen, und da blickt kein grinsendes
Gespenst, sondern eine edle Göttin entgegen.
28. Dezember. Ich hatte eigentlich die Absicht, schon
gestern Abend auf dem österreichischen Eilschiffe „P lu to ”
die Reise fortzusetzen; allein da auf seiner Fahrt von Konstantinopel
nach Syra eine alte Frau mit Tode abging, so