Elias bis zum Wege von Mär Saba tra f ich keinen Menschen
als bei jener grossen Zisterne einen jungen Schäfer, der von
mir nichts eifriger wünschte als ein Geschenk. Nur weiter
oben gegen Mär Eliäs hörte ich aus einiger Ferne den melodischen
Euf der Hirten. Ich notirte auf dem Wege auch
die vielen Kunsthöhlen — Viehställe.
Die Protestanten haben in Bethlehem eine Schule. Ein
geborner Bethlehemer, früher griechischer Christ, tra t zum
Protestantismus über und steht derselben vor. Sie wird von
etwa achtzehn bis zwanzig Kindern' besucht. Vorletztes Jahr
zählte die Schule, je nach der Jahreszeit und Feldarbeit,
zwanzig bis vierzig Schüler317. Seiner Zeit theilte auch
eine Jungfrau Wi l l i ams Unterricht318. Der Schulmeister
wird von der englischen Mission bezahlt. Bei den römischen
Katholiken sind die Schwestern des heiligen Joseph für den
Unterricht der weiblichen Jugend bemüht319 Auch hat sich hier
ein Verein des heil. Vinzenz von Paul gebildet 320.. Beleuchtung
ist in der Stadt Davids fürwahr überaus vonnöthen,
wenn man nur bedenkt, dass der römisch-katholische Klerus
alle Jahre für gut findet, in feierlichem Gepränge die bösen
Geister auszutreiben321. Alle Sonntage reitet Dr. Sa n d
r e czky von Jerusalem nach Bethlehem und hält hier in
arabischer Sprache Gottesdienst, welchen etwa sechs bis zehn
Personen besuchen 322.
Seit 1846 sind in Bethlehem viel neue Häuser erbaut
worden; doch behielt es im Wesentlichen die gleiche Physiognomie.
Die Bethlehemer sind die geschicktesten Bauleute
und Steinhauer, so dass man sie in Jerusalem als Handwerksleute
sehr schätzt, während die Bet-Dschälaer, die Bet-
Sähürer (bei Bethlehem) meist nur Handlangerdienste verrichten;
Siloah liefert keine Taglöhner, wol aber Lifta. Im
Merz' 1806 arbeiteten sieben Bosenkranzdrechsler von Bethlehem
zu Es-Salt in einer Grotte. Sie verarbeiteten hauptsächlich
das Holz der Terebinthe, des Önnäb und Johannesbrotbaums;
die Korallen müssen dann aber noch geglättet
werden, und so kehren die Leute nach drei bi§ vier
Monaten gen Bethlehem zurück. 1808 hielten sich zwanzig
Korallendrechsler von Bethlehem in einem Okäl zu Gross-
Kairo auf 323.
Dinstag, 24. November. Mit dem Auffinden eines Dolmetschers
hatte ich hier, wie ich hoffte, mehr Glück. Man
ist den Franziskanern in der Thät nicht wenig Dank schuldig,
dass sie fränkischer Bildung vorarbeiteten, gleichsam einen
Vorposten derselben schufen. Unsereiner kann es ganz nach
Verdienst würdigen, dass die lateinischen Araber, im Besitze
der italienischen Sprache, den Verkehr mit den Franken
ausserordentlich erleichtern. Ich möchte nicht verschweigen,
dass ich mit dem praktischen Schäfer, der ein wohnliches
Haus inne hat und Kleinhandel treibt, zufrieden bin, nicht
nur weil er besser aufwartete als das Kloster, sondern weil
er mir auch beim Aufsuchen eines Dolmetschers behilflich
war. Die Hausfrau, eine, stämmige Schwäbin, die er etwa
vor einem halben Jahre, um sie zu heirathen, kommen liess
und die auch von Hause aus eher als in drei Wochen in
der Geburtsstadt des Herrn anlangte, hatte den guten Ein-
fall, Mehlklösse zu bereiten und die Schnitze mit Feigen zu
ersetzen. Ich griff lustig an und schwemmte sie mit gutem
Wein hinunter. Da das Haus des Deutschen für eine kranke
Fränkin zur Zeit als Asyl diente und die Hauseinrichtung
eben nicht ins Vielfältige geht, so musste ich mit einem primitiven
Lagerplatze fürlieb nehmen, und doch wäre ich niemals
wieder in das Kloster der Franziskaner zurückgekehrt.
Mein erst heute in der Frühe gefundener Dolmetscher, Ju-
hanna el-Kattän, ist ein nur seit ein paar Wocheii verhei-
ratheter Mann von einundzwanzig Jahren, der sich mit Gewandtheit
benimmt, gut italienisch spricht und auch etwas
seinen Füssen vertrauen will. Er war es, der Schäfer bei
seiner Sitznahme in Bethlehem unterstützte, wodurch er, als
Lateiner wie billig, sich die Ungnade der Franziskaner mehr
oder minder zuzog. Nur keinen, Widerspruch, um Gottes
willen nur keinen Widerspruch, ist ihr klassischer Refrain.
Er hat einen Anstrich von Zuneigung zum Protestantismus,
dem er wenigstens Gutes nachredet.
Ich entwarf den Plan zu einer etwas längern Fussreise,
Tobler, Palästina.