neu nach einem grössern und sehr verbesserten Plan um die
Kirche herum, die man allein stehen liess810. 1852 war der
Bau begonnen 880, und zwei Jahre nachher, so zu sagen,
fertig, Dank dem russischen Golde; nur die Seminaristen
hatten es noch nicht bezogen. Kein Gebäude in Jerusalems
Umgebung kommt diesem Kloster oder der Akademie des
griechischen Patriarchen — ihres Erbauers —, wie man es
n e n n t881, an schöner Wohnlichkeit gleich. Der Glockenthurm
westlich von der Kircfienkuppel ist im moskowitisch-
griechischen, luftigen Geschmacke erbaut, und gibt traulich
den Stundenschlag an. Ich hörte zwar das Glöcklein der
Protestanten, auf Zion an einem Sonntage bis hinab gegen
den nordöstlichen Thalschoss des Kidron in bescheidenem
Tone; allein die weit grössere Glocke in Heil. Kreuz ruft
klangvoller hinaus in die Ferne und jagt ihren Schall weiter
hinfort und keck in die Ohren der näher wohnenden Araber.
Mehr Bedeutung als sie hat freilich das Knabenseminar
(Collegium), für welches die geräumigen, hohen, reinlichen
Zimmer, die schönen Unterrichtslokale, bestimmt sind. Darf
man etwa der Küche und Speisesääle vergessen oder mit
dem Urtheile zurückhalten, dass a l l e s schön und zweckmässig
sei? 882 Für die Studenten wurde bis auf die Zahl
von achtzig im Bau Raum berechnet883. 1857 waren vierzig
Knaben und Mädchen im Konvikte, in welchem fünf Lehrer
und ein Kaplan wohnten881. Die Studenten haben eine
uniforme Kleidung, einen blauen, gesteppten Überwurf und
eine schwarze, oben breit abgestutzte Mütze, indess im Hofe
die Zypresse ihren spitzen Gipfel emporreckt. Sie tragen das
Haar lang, und ihr Bart ist eben im Anschüsse wie jetzt
(Dezember) das Gras auf dem Felde. In froher Stimmung
und lernend mit einem Buche gingen sie auf der untern
Terrasse hin und h e r, doch nicht ganz ohne Zerstreuung,
die auch von den Pilgern reichlich veranlasst war. Ich
schaute ihnen mit Vergnügen von der obern Terrasse zu,
die eine, angenehme Aussicht darbietet. Es soll auch Unterricht
im Neugriechischen, einiger im Französischen und I ta lienischen
ertheilt werden 885. Betrachtete ich das solide,
stattliche Bauwerk, erwog ich die Sicherheit, mit welcher
man hier nunmehr lebt, während früherhin die Konventualen
den Einfällen und Brandschatzungen so sehr preisgegeben
waren, so bemächtigten sich meiner die angenehmsten' Gefühle.
Doch musste ich inzwischen die Gedanken an die
heutige Pflanzstätte des Aberglaubens nicht minder als der
Bildung daniederhalten. Warum soll denn dem Priester der
Glaube allein nicht genügen, um die Menge huchstabengläubig
zu erhalten? Obschon es 11. Dezember war, beschäftigte
man sich in Heil. Kreuz gleichwol noch mit der
Olivenernte.
Pilgerwesen.
In der neuern Geschichte des Pilgerwesens bietet sich
eine merkwürdige Erscheinung dar. Franzosen, vom Geiste
der Kreuzzügler angehaucht und eingedenk der so sehr erleichterten
Verbindung, entwarfen den Plan, der eignen E rbauung
willen in grössern Reisegesellschaften nach dem heil.
Lande zu ziehen, gleich den Vorvätern bis zu jener Zeit, da
das Fegfeuer der Reformazion die Wallfahrten, die sonst den
Nimbus eines grossen Tugendmittels weithin verbreiteten,
in einem weniger vortheilhaften Lichte erscheinen liess88G.
Das von den Franzosen gegebene Beispiel spornte auch die
römisch-katholischen Deutschen zur Nachfolge an. Diese
Pilgerzüge, 1853 begonnen und bis in unsere Tage fortgesetzt,
riefen bereits eine eigene Litteratur hervor, und ehe
ich jene geschichtlich beleuchten werde, will ich diese Litteratur
hier anführen, so weit sie mir' bekannt wurde.
*1853. H e n r i B e t t e n c o u r t . Rapport sur le pèlerinage
du mois d’août *1853. Paris 1854.
*1853. B a r g e s . Les Samaritains de Naplouse, Episode
d'un pèlerinage aux Lieux-Saints. Paris 1855. Der Abbé ist
an der Sorbonne Professor der hebräischen Sprache.
*1853. B o n jo u r . Les notes d'un pèlerin. Nach Az aï s XI.
*1853. E u g è n e B o u i l l i er. Les Lettres d'un pèlerin de
Jérusalem. Nach Az a ï s XI sq. Der junge Mann starh bald
nach der Jerusalemfahrt.
1853- A z a ïs. Pèlerinage en Terre - Sainte . . Vun des