EEISEWINKE.
Man muss .die Reise einthe'ilen in die bis zur Küste von
Palästina und in die durch das heil. Land seihst; denn
die eine und andere ist durchaus verschieden. Während
die erstere durch weit schnelleres Fortkommen auf Eisenbahnen
und Dampfbooten und, einsweilen fast immer, durch
den Wegfall der Quarantänen an Zeit und dann auch an
Bequemlichkeit ungemein gewonnen hat, kann man der anderen
nicht nachrühmen, dass in den letzten zehn, zwanzig
oder dreissig Jahren irgendwie Veränderungen zum Vortheile
des Pilgers eingetreten sind.
Für die Reise bis zur Küste bedarf man kaum einer gedruckten
Anleitung. Am zweckmässigsten erkundigt man sich
zu Hause genau durch Vermittelung eines Freundes oder
befreundeten Handelshauses. Der Fahrtenplan des österreichischen
Lloyd wird nicht so selten abgeändert, und wenn
auch hei den französischen Dampfschifffahrten weit mehr
Stabilität herrscht, so thut man doch wöl daran, sich vorher
in Marseille zu erkundigen. Widersprüche, die ich auf zwei
befreundeten Wegen erhielt, hob ich dadurch, dass ich mich
unmittelbar an die kaiserliche Dampfschifffahrtsverwaltung in
dieser Hafenstadt wandte, die auch die Gefälligkeit hatte,
mir die sichere Mittheilung zu machen. Man muss ganz ins
Klare kommen, daäs man nicht, wegen ungehöriger Influenz,
irgendwo stecken bleibt.
In Deutschland kennt oder beachtet man kaum einen
ändern Aus- und Eingangspunkt als Triest; die Franzosen
nehmen nur auf Marseille Bedacht. Ich möchte eine solche
Einseitigkeit nicht empfehlen, und rathe dafür, einen verschiedenen
Aus- und Eingangspunkt zu wählen, sei es, dass
man westlich in oder von Italien oder östlich davon ein- oder
aussteigt. Am besten wird man entweder über Genua oder
Marseille nach Malta und Alexandrien reisen, um von da
Palästina zu erreichen und über Berüt, Rhodos, Smyrna,
Syra und Korfu nach Triest, also auf ganz verschiedenem
Wege, zurückzukehren, mit dem Nutzen, dass man bei mehr
Abwechslung mehr sieht und eine grössere Befriedigung findet.
Da die Eisenbahn bis Chur im Betriebe ist, und jenseit-der
Berge eine Eisenschiene den Langensee mit dem mittelländischen
Meere verbindet, so gelangt man von Rorschach aus
höchstens in zwei* Tagen nach Genua, von wo das Dampfschiff
mit dem Marseiller, das seine Bestimmung nach Alexandrien
und Jäfa hat, in Malta zusammen trifft. Auf der ändern Seite
treibt die Dampfkraft den Reisenden nunmehr vom Bodensee
bis Genf meist auf den Eisenwegen, in kürzern Strecken,
doch in der wasserreichem Jahreszeit, auf den Dampfschiffen,
und von dieser schweizerischen Grenzstadt auf den Eisenbahnen
bis Marseille.in etwas weniger als zwei Tagen. Österreicher
und einen Theil Norddeutsche wird immerhin schneller
Triest überraschen. Auf den Schiffen erquickt den Gesunden
gute, nahrhafte Kost und den Kranken besorgt ein Arzt,
wenn er je der heilenden Naturkraft oder den einfachen
Hausmitteln nicht vertraut.
Wann soll man die Reise antreten? Viele können die
grössere Hitze der Südländer nicht gut ertragen, und daher
ist es im Allgemeinen gerathen, sich für den Spätherbst,
Winter und Frühling (bis Mai) zu entscheiden, obschon die
Regenzeit auch ihre widerwärtige Seite herauskehrt. Übrigens
verlaufen die Winter nicht selten so angenehm und
milde, dass sie die Pläne des Reisenden bloss hin und wieder
durchkreuzen. Die Pilger des Severinusvereins begingen 1855
und 1857 die Unvorsichtigkeit, gegen den S c h l u s s ihrer
Fahrt Ägypten zu besuchen; während der letzten Wallfahrt
litten ein paar Pilger von der Hitze* so sehr, dass sie sich
zu Hause nur langsam erholten. Gegen eine Jerusalemfahrt