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heit wegen liess der Vater den Tossun nach Frankreich und
England reisen. Ihn begleitete ein Ufendi, Arzt, Erzieher und
eine Erzieherin. Jener, des Namens Othmän, ist ein fetter,
etwas älterer Türke von gewinnendem Benehmen. In dem
Arzte erkannte ich den Franzosen E s t i e n n e , der sich vor
zweiundzwanzig Jahren als Vorsteher des Hospitals. auf dem
B a s -e t-T in in Alexandrien durch seine Freundlichkeit und
Gefälligkeit bei mir in dankbarem Andenken erhielt. Ob
Erzieher und Erzieherin, beide aus England, ihre Aufgabe
richtig erfasst'haben, scheint mir zweifelhaft. Dass es' an
Verziehung nicht fehlt, kann ich wenigstens selbst bezeugen.
So gab die Gouvernante ihm wie einem kleinen Kinde Pilau
in den Mund. Wenn man den Muth hat, so fortzufahren,
wird der Knabe etwa, in zehn Jahren essen lernen. Die Erziehung
sollte sonst geradenweges durch die möglichste Entwickelung
und Ausbildung der geistigen und leiblichen Kräfte
zur Freiheit und Selbständigkeit verhelfen. Wenn künftige
Herrscher in solcher Abhängigkeit von Ändern erzogen werden,
so gelangen sie nicht auf die Höhe der Freiheit, wol aber
auf den Klippengipfel des Despotismus, der, indem er herrscht,
beherrscht wird von der Leidenschaft, der Unwissenheit und
einem Reste roher Kraft. Ohne einen Mohren wäre die Umgebung
eines orientalischen Prinzen begreiflich lückenhaft
und die wahre Unterhaltung und Bedienung des kleinen,
weissen Wesens ohne die gutmüthige Geschäftigkeit eines
schwarzen Menschen kaum denkbar. Bekanntlich brachte der
Prinz dem Monarchen Frankreichs Kamele zur Verehrung.
Ein Geschenk von Mose s Mo n t e f i o r e in London, sechs
Pferde englischer Zucht, fuhr nun mit ihm nach Hause. Äusser-
dem gab man ihm, schon von Alexandrien her, zu erforderlicher
Ernährung eine Milchkuh mit, und die Arzte scheinen
die Sache sehr verständig erwogen zu haben. Eine viel
glänzendere Stufe in unserer Gesellschaft nahm der französische
Ägyptologe Ma r i e t t e ein, welchem-die Alterthumswissenschaft
viel Dank schuldet. Man darf jedoch nicht nur
diesen Besitzer grösser geistiger Schätze kennen lernen, sondern
auch jenen Inhaber einer Menge irdischer, wie es in
dem reichen Frankreich eine Seltenheit ist, nämlich den
Her zog von Aumo n t aus Paris. Wenn man ansehnlicher
irdischer Güter sich erfreut, schleicht sich so gerne die Furcht
vor Lebensgefahr und Tod, vor dem Verluste des zu theuer
gewordenen Silbers und Goldes ein, und man wähnt sich
nirgends sicherer aufgehoben als zu Hause, als in nicht
grösser Entfernung von der Wiege. Anders denkt dieser
| reiche Mann und will sich gerade den Werth des Lebens
durch Ausflüge weit von der Heimat hinweg erhöhen. Es
wäre kein Unglück für noch manche Menschen, die über die
i Mittel verfügen können, wenn sie das Beispiel der Schwalben,
[ die auf den Winter einem wärmeren Himmel zufliegen, näher
[überlegten. Nicht auf den Flügeln dieser Frühlings- und
»Sommergäste, wol aber auf den Flügeln des Dampfes mögen
Isie den kälteren Norden mit seinen längern, wenn auch
manchmal lustig vertanzten, Nächten im Spätherbste verlassen,
i um in Ländern des Mittags ein Stück Sommer oder Herbst
[ dem eben verlebten anzufügen und im Lenze darauf mit
jenen freundlichen Vorboten einer mildern Jahreszeit neu
i belebt, neu gestärkt, mit neuen Erfahrungen ausgerüstet und
| auch mit frischer Zufriedenheit an den lieben häuslichen
i Herd zurückzukehren. Ein angenehmes Bild in der Reise-
[ gesellschaft bleibt mir noch zu zeichnen, sieben französische
ISchwestern vom Herzen des heil. Joseph; sie haben die Be-
S Stimmung nach Malta und Palästina. Wie gewöhnlich schwarz
Igekleidet, tragen sie einen weissen Kragen und über einer
I das Haar ganz verdeckenden weissen Haube eineQ weissen
| Hut mit einem schwarzen Schleier — Alles sehr geschmack-
■ voll und kleidsam. Die meisten thun sich durch eine feine
BGesichtsbildung hervor; zumal eine jüngere Schwester machte
■ durch ihr fein geschnittenes Gesicht Eindruck. Das Beneh-
Imen dieser Damen war den bessern geselligen Kreisen voll-
I kommen entsprechend und nicht einmal so überfromm; z, B.
■beteten sie vor Zutischegehen nicht laut zusammen. Unter
■den Lehrschwestern entdeckte ich übrigens auch eine Lern-
■schwester, die nur langsam und etwas unbeholfen gewöhn-
■lichen Druck las. Wenn e in Fall zu Schlüssen berechtigen