den Brunnenrand überstiege. Etwa 2 0 ' über dem Wasserspiegel
begann der Felsen, jedoch nicht horizontal; denn die
bteme sind auf denselben in ungleicher Höhe gemauert,
frü h e r schien mir der Brunnen eine umgekehrte Pyramide-
allem bei genauer Besichtigung und wenn man ohen die
perspektivische Verkürzung in Anschlag bringt, komme ich
von dieser Meinung zurück. Hingegen wird von da an, wo
der Fels beginnt, der Brunnen etwas schmäler, schien mir
aber zugleich in der Bichtung von Nord nach Süd etwas
länger zu werden. Die Felswände sind ziemlich uneben abgehauen
und sehen braungelb aus. Im Übrigen nahm ich
keine Bewegung des Wassers wahr, und mein Fussbad war
nicht unangenehm. Dieser durchaus gefahrlose Versuch darf
nun Andere ermuntern, unter günstigen Umständen hinabzusteigen,
um die Aussage des Arabers als Augenzeuge zu
prüfen. Ich nahm den Eindruck von sehr hohem Alterthum
herauf. Die Siluäner, die mich ohne irgend einen Widerstand
hinunterliessen, zeigten sich beim Empfange des Trinkgeldes
nicht einmal schwierig.
Folgende Notizen machen die verschiedene Höhe des
Wasserstandes anschaulich: am 26. Oktober 1852 war vor
dem Regenfall die Tiefe des Wassers 42^', und Hunderte
von Eseln trugen es täglich in die Stadt; am 12. September
1853 wurden zu dem gleichen Zwecke zweitausend Esel verwendet,
was 4000 Schläuchen oder 25,000 Gallonen gleich
kommt; am 7. Oktober betrug die Wassertiefe nur 6£ ', am
18. November 2 1 ', welcher Zuwachs nicht dem Regen,’sondern
dem verminderten Zuspruch für die Stadt zugeschrieben
wurde; am 2. Merz 1854 überfloss der Brunnen einige Tage
lang und lieferte jede Minute wenigstens zwei- bis dreihundert
Gallonen, und der Ain ed-Deradsch, d. h., eine weiter
unten befindliche Öffnung der Thalsohle, etwa vierzig bis
fünfzig Gallonen, und am 6. April kam es auf zwei bis drei
Tage wieder zum Überfliessen, doch spendete der Brunnen
nicht mehr als zwanzig Gallonen in jeder Minute, auch wurde
das Bächlein von der Erde verschluckt, ehe es, vierhundert
Ellen weiter unten, Ain ed-Deradsch erreichte 550. Zwischen
Neujahr und Ostern 1858 überlief der Hiobsbrunnen sehr
stark, ungefähr drei Wochen lang; auch die Quelle weiter
unten sprudelte.
Man machte seiner Zeit viel Aufhebens von dem Wasser
in der Geisselungskapelle der Lateiner im Nordostbezirke
der Stadt 537. Es gibt da zwei Zisternen, eine neue, östliche
und eine andere in der Nähe eines lieblichen Gärtleins. Das
lautere Wasser der letzteren Zisterne schmeckt ein wenig
nach Sodagehalt,-reagirt jedoch weder auf Lakmus-, noch
auf Kurkumapapier. Der hütende Franziskaner, welcher
schon achtundzwanzig Jahre in Jerusalem weilt, gab mir
die Auskunft, dass, wenn man die Zisterne reinige, man
nichts als die Felswände feucht, aber keine Quelle finde.
Die Zisterne hat in der That ein sehr altes Aussehen. Die
gewöhnliche Auskleidung des Felsens mit Mörtel fehlt, weswegen
auch die aus dem Felsen schwitzende Feuchtigkeit
oder der etwas'erweichende und stetsfort verwitternde Stein
dem Wasser einigen Beigeschmack ertheilt. Ich glaube demnach,
^dass überhaupt die Zisternen nicht bloss deswegen
übermörtelt sind, um das Wasser besser zu halten, sondern
auch, um es besser zu erhalten. Das ist nun das wenige,
was ich in Betreff einer Quelle in der Geisselungskapelle
herausbringen konnte. Auch vor mir fand die unbefangene
Prüfung nicht ein mehreres; durch die Erklärung, es sei da
lebendiges Wasser, das immer gleich hoch stehe, liess man
sich nicht beirren, indem man auf die nahen Rinnen und
Dächer, woher das Wasser in die Zisterne geleitet wird, aufmerksam
ward 35 8.
Die He l e n a z i s t e r n e , Bir el-Melekeh Heläneh. Ich
habe anderwärts mitgetbeilt 559, dass ich mich bei einem
Franziskaner (es war der Pater Präsident Pa o l o An t o n i o
d a Mo r e t t a ) genau erkundigte über den ganzen Bau der
Zisterne, als ich im Begriff stand, sie behufs genauerer Untersuchung
durchzuschwimmen. Er liess einen Frater herbeikommen,
der, schon längere Zeit in Jerusalem, sie genau
sah von einem Ende zum ändern. Nach seinem Berichte ist
die Zisterne gross, hietet aber ausserdem nichts Besonderes