Mittags übertraf die Temperatur die des Morgens etwa um
10°; der grösste Abstand 17°, der kleinste 2°. Die Temperatur
variirte Morgens von 48 bis 64°, Abends von 55 (N.) bis
69° (NO.), Mittags von 60 (NW.) bis 74° (NW.)2'>.
Es fällt natürlich auf, dass die Winde fast nur in die
Westhälfte der Rose einfallen, was wahrscheinlich zum Theile
örtlich dem tiefen Ghor (Spalt des Jordans und Salzsees)
zugescbrieben werden muss, wo die Luft viel wärmer und
verdünnter als im Gebirge von Judäa ist, und ein in der-
Hauptrichtung ostbiniges Nachrücken der Luftsäulen an der
Küste und auf dem Meere zur Folge bat, wenn nicht grosse
und anhaltendere Luftströmungen sich einstellen, die alle
örtliche kleinere Beeinflussungen überwältigen.
Dinstag, 3. November. Heute tra f ich den Dr. J o h a n nes
Ro t h beim Missionar Kruse. Er will hauptsächlich
die Untersuchung über den Purpur weiter verfolgen, in die
Fusstapfen der Franzosen im letzten Jahrhundert tretend,
welehen diesfällige Versuche bi& zu einem ziemlich befriedigenden
Grade gelangen. Von ihm gefärbte Muster waren
mehr interessant als schön. Immerhin knüpft Roth seinen
Namen ans Purpurroth.
Ich bin im Ganzen mit dem Hospize der Franziskaner wol
zufrieden; es begegnete mir mit Freundlichkeit. Die Pilger
werden übrigens nach einem sehr ungleichen Massstabe behandelt,
nämlich Männer von besonderer Auszeichnung mit
weit mehr Aufmerksamkeit, während arme Schlucker mitunter
weggewiesen werden, auch wenn diese sich zur römisch-katholischen
Kirche bekennen, dann aber unzweifelhaft aus ganz
besonderen Beweggründen, die nicht mit der Humanität oder
Hospitalität kollidiren. Die Väter Franziskaner werden wol
häufig die Erfahrung gemacht haben, dass oft ganz andere
Motive als eine unbezwingliche Liebe zum beil. Lande und
eine aufrichtige zur Religion leiten.
Der Pater Präsident, Amb r o s i o S a r r e z , hatte auch
die Gefälligkeit, mein Gold in Empfang zu nehmen und dafür
ein Obligo an den Generalprokurator des heil. Landes in
Jerusalem, den Pater An to n i o Revi l l a , auszustellen. Bei
einer Sicherheit des Landes, die immerfort zu wünschen übrig
lässt, obschon Diebstähle auf der Jäfa-Jerusalemer-Strasse
zur grossen Seltenheit mehr verübt werden, räth die Klugheit
zu einer solchen Massregel.
Was übrigens im Hospize aus- und nachdrücklich getadelt
werden muss, ist die schlechte Bedienung. Da schleppt sich
ein gewisser Machail, ein bekehrter morgenländischer Jude,
daher, dass man sich fragen muss, ob man ihn tragen soll;
die Pilgerzelle wird erst spät aufgeräumt. Geduld ist das
Beste, womit man hier bewappnet sein soll. Radikal kann
nur dann geholfen werden, wenn das Hospiz einen grundehrlichen
Abendländer neben dem Morgenländer anstellt; denn
den sonst sehr fleissigen und ziemlich aufmerksamen Frater
darf man doch nicht als Bedienten betrachten und ansprechen.
Zu guter Letzte tra f ich ausserhalb der Stadt Machail gerade
da, wrö ich einen Esel miethen wollte; es lag mir daran, so
selbständig als möglich zu sein, obwol ich dem Hospize, das,
wie es auch schon hiess, nicht allezeit das Interesse der
Pilgrime gehörig wahre, nicht eigentlich misstraute. Das
Auffinden eines Lastthieres wollte mir nicht gerade glücken, \
die Gegenwart des Klosterbedienten war mir daher ganz erwünscht,
und ich bat ihn, der selbst sich gerade ein Pferd
suchte, um ein paar Patres nach Jäsür zu begleiten, und der
wol wusste, dass mein Bachschisch gar nicht mehr weit von
seinen Händen war, und bat abermals, mir behilflich zu sein.
Ein Esel sei nicht zu finden, und ein Pferd koste fünfzig
Piaster, so lautete die köstliche Antwort. Ich wendete mich
mit Unwillen von dem herzlosen Jüngling hinweg, und traf,
gleich nachher einen Araber aus Ramleh, mit dem ich einig
wurde, wobei ich die Überzeugung gewann, dass der Bach-
schischkandidat mich um mehr als acht Franken gebracht
haben würde. Das heisst doch gewiss nicht treues Dienen;
kaum ein ungetaufter J u d e .würde sich so benehmen. Ich
schenke wenigstens der Familie Platner ein besseres Vertrauen;
keinen Grund habe ,ich, zu bereuen, dass ich mit ihr
in Berührung gestanden habe. Anlässlich will ich den Hauptunterschied
hervorheben, welcher zwischen dem jetzt so ziem