hang dieses Thaies hinauf, auf welchem Wege ich Mosaiksteine
fand. 12 Uhr langten wir im Dörflein C h i r b e t el-
Amü r an 438. Unter eines Feigenbaums kühlendem
Schatten setzten wir uns nieder zum Mittagessen.
Ahmed holte bei einer Bäurin einen Krug voll Wasser, und
wir verzehrten im Frieden den frugalen Speisevorrath. E t
zeigte sich immer recht gut gegen mich. Ich liess mich
vom Grundsätze leiten, dem Dolmetscher und Führer in der
Regel mehr zuzutheilen, als ich mir zutheilte, um damit zu
zeigen, dass ich gerecht handle. So ass ich heute Mittag
nur e in Ei, während jeder von ihnen mehr verspeiste; Ahmed
aber, welchem meine Entbehrung zu unbillig däuchte,
wollte fast mit Zwang, dass ich mit ihm ein Ei theile. Ich
nahm das Anerbieten natürlich nicht an. Er erkannte wol,
dass meine Mühle im Munde reparirt werden sollte, wenn
anders die Verjüngung im Bereiche menschlicher Möglichkeit
läge — beissen würde ich jedenfalls eine holde Ehehälfte
nicht, woferne ich mich je zur Halbirung entschliessen
sollte439 — und also war er, ein Jüngling mit den schönsten'
Zähnen auf der Welt, oft beflissen, mir weiches Brot
anzubieten. Die Leistungen meiner stümperhaften Käuorgane
schienen ihm immerhin wunderbar. *JU! ^ (es kommt von
Gott),’ rief er erstaunt aus. Wenn ich aber Feigen und
Weinbeeren kaufte, so waren seine Finger flinker und länger
als die meinigen; er konnte dann nicht warten, bis ich die
Erlaubniss zum Zugreifen prtheilte. Diese Naschhaftigkeit440
wurzelt bei dem Araber so tief, dass sie ihn zu unerlaubten
Handlungen verleitet. Im nahen Garten scharrte Sidi Ahmed
sogar Steckzwiebeln heraus, was ich ihm jedoch alles Ernstes
verwies, sobald ich den Übergriff gewahr wurde. Das
Dörflein ist sehr klein und wenig bevölkert. Ein Greis, der
mich zum Essen einlud, beklagte die geringe Bevölkerung;
er wähnte vielleicht, dass ich der Regierung berichten werde,
es könnten noch mehr Steuern herausgepresst werden. Die
Behörde nimmt freilich keine Rücksicht auf die Zu- oder
Abnahme der Bevölkerung eines Orts. Ist einmal dieser abgeschätzt,
so muss er die bestimmte Steuersumme entrichten,
ohne dass man die Bewegung der Populazion auf- oder abwärts
im geringsten beachtet. Nimmt die Zahl einer Dorfbewohnerschaft
immermehr ab ,. dass sie die Steuerlast nicht
länger ertragen kann, so wandert alles aus, und das Dorf
wird öde, eine Chirbet; 'denn es bleibt nichts anderes übrig,
weil das Zurückbleiben von nur ein paar Einwohnern zur
Folge hätte, dass sie die Steuern auch für die Ausgewanderten
bezahlen müssten. Der Name von Chirbet el-Amür
dürfte beweisen, dass der Ort früher verödet oder eine Chirbet
war, und es verzieht sich vielleicht nicht lange, dass der
Name des Dorfes, bei der misslichen Staatswirthschaft der
Türken, eine Wahrheit wird. Dagegen scheint Der Abu
Ammär, weil ihm der arabisch- türkische Ehrentitel Chirbet
fehlt, noch vor nicht Langem bewohnt gewesen zu sein.
Ruinen, wenigstens aus dem Mittelalter, gibt es in Chirbet
el-Amür in ziemlicher Menge, und die Bausteine sind von
nicht ganz geringer Grösse. Da denkt man in der That an
die Wohnlichkeit im Alterthum.
1 U. 30 Min. gingen wir weg. Man sah Saris WNW.,
und schön, gleichsam hochfahrend stellte sich gegen Morgen
das oft und weit gesehene Sobä. Wie müsste dieses erst,
auffallen, wenn noch schöne Gebäude dastünden, wie unzweifelhaft
in grauer Zeit! Nahe bei Chirbet el-Amür sieht
man alte Felsgräber. 2 Uhr erreichten wir das Ende eines
von N. nach S. gerichteten Seitenthaies des Wadi Ghuräb,
und, über die Wasserscheide nordwestwärts hinüberbiegend,
2 U. 5 Min. A b u Ghosc h . Nachdem ich seit der Abreise
so viel armselige Häuser und Dörfer gesehen habe, war ich
beim Anblicke des ehemaligen Räuberdorfes ordentlich erstaunt
über den soliden Bau nicht bloss eines Hauses,
das etwa ein Schech oder ein Mitglied der Familie Abu
Ghosch besitzt, sondern mancher Wohnungen. Die Bauten
überbieten an Solidität selbst diejenigen in Bethlehem. Mein
Erstes war , die alte Christenkirche innen zu besehen, welcher
ich bisher noch nicht die gehörige Aufmerksamkeit
widmete 44'. Sie ist eine dreischiffige Basilika wie die
Dschäma el-kebir in Ramleh und die Annakirche in Jerü