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 auch das Heben  des Vorderfusses bis  zum Grade  der Unbehaglichkeit. 
   Man  darf  mithin  gar 'nicht  wähnen,  dass  der  
 Morgenländer  stets  auf  das  Zweckmässige  oder  Praktische  
 Bedacht  nimmt;  die  Mode  drückt  aufch  ihn  an  den  Füssen,  
 obschon  ungleich  weniger  als  die  kinderfüssigen  Chinesinnen.  
 Aus  meiner  Fusswanderung  geht  übrigens  hervor,  d,ass  sie  
 etwas  mehr Zeit  braucht  als  der  Ritt.  Wir  hätten  zwar  bei  
 regelmässigem,  schnellerem  Gehen  etwa  zehn  Minuten  ein-  
 bringen  können;  dann  aber  bleibt  immer  noch  die  Summe  
 von  3  Stunden. und  40  Minuten,  während  die  Strasse  in  
 3  Stunden  leicht  durchritten  wird.  Ich  besorgte  heim Fuss-  
 gange  die  Ermüdung  über  den  röthlichen  Sand.  Dieser  be-  ,   
 schwert den Fuss  selten;  wo  er  minder  tief  lag,  zog  ich  sandige  
 Stellen  vor,  und  wandelte  dann,  mit schuldigem Respekt  
 zu  sagen,  wie  auf  den  Teppichen  der  Grossen  und  Reichen.  
 Meist  trifft  man  indess  die  harte  Erde. 
 Mittwoch,  4. November.  Über Nacht fiel reichlicher Regen,  
 und  obschon  ich  das  Plätschern  vernahm,  schlief  ich  doch  
 ruhiger  als  bei  den  Arabern.  Den  ersten Besuch  machte  ich  
 der  Ungeheuern  Rehe  im  Hofe.  Sie  hat  einen  Stamm  von  
 1'  2 |"   im  Umfang.  Die  Rebe  im  Garten,  am  untern  Theile  
 des  Stammes  im  Umfange  1'  5"  messend,  erhebt  sich  21'  
 10"  und  bildet  in  dieser Höhe  einen  willkommenen  Schattenplatz, 
   eine  herrliche  Laube  von  17'  Breite  und  32'  Länge.  
 Sie  theilt  sich  erst  oben  an  der Mauer  in  zwei  dicke Aste. 
 Ich durchwandelte Ramleh nach verschiedenen Richtungen;  
 allein  ich  konnte  der  unordentlichen  Häuser-  und  Tempelgruppe  
 nicht  viel  Interesse  abgewinnen.  Die  vielen  Ruinen  
 auf  allen  Seiten  in  der  Umgehung  der  Stadt  machen  einen  
 viel  zu  traurigen Eindruck.  Sonst schmutzig mit  unreinlichen  
 Marktbesuchenden,  war  dieselbe  heute  noch  viel  schmutziger  
 nach  dem  reichen  Regengüsse.  Wie  in  Jäfa  begegnet  man  
 hier  viel Blinden.  Etwa  ein Kind  schreitet  als  Führer  voran,  
 oder  der  blinde  Mensch  hält  die  vorangehende  Person  an  
 einem  Zipfel  des  Kopftuches.  Die  Lebensmittel  stehen  ver-  
 hältnissmässig  ziemlich  hoch  im Preise.  Ich sah  einmal lange 
 dem Feilschen  zu.  Der Käufer,  um  eine  entscheidende  Wirkung  
 hervorzubringen,  spottete die Käuferin, eine blauhemdige  
 Bäurin,  auch  aus,  es  half  nichts;  der  Preis,  4 |  Piaster  für  
 zwei Hähne,  wurde  fest gehalten.  Während ich als Zuschauer  
 dasass,  kamen  Araber,  mich  über  den  Werth  verschiedener  
 Münzen  zu  befragen.  Es  waren  ein  Zwanzigcentimenstück,  
 ein  Zweifrankenstück  und  eine  halbe  griechische  Drachme.  
 Hier  zu  Lande  gibt  es  auch  englisches  Geld,  wie  Schillinge,  
 und  österreichisches,  wie  Zwanziger,  ein  wahres  Münzquodlibet. 
   .  Bei  dem  so  fühlbaren  Geldmangel  nimmt  der  Araber  
 Alles,  wenn  es  nur  wie  Geld  aussieht  und  klingt. 
 Besondere  Aufmerksamkeit  schenkte  ich  einer  Moschee,  
 einer  ehemaligen  Kirche.  Sie  findet  sich  nur  theilweise  noch  
 in  leidlich  baulichem  Zustande;  ringsum  besteht  der  grösste  
 Theil  aus  Trümmern.  Südlich  scheint  ein Kloster  gestanden  
 zu  haben.  Sie  liegt  neben  dem  Zollhause,  östlich  vom Chan  
 und  vom  Frankenkloster.  Auf  der  Westseite  ragt  das  viereckige  
 Minaret  empor,  welches  dem  Bau  nach  die  Dienste  
 eines  Glockenthurms  versehen  haben  muss.  Ein  Stock  hat  
 auf  jeder Seite  Spitzbogen,  am  Stocke  darüber  ist  das  grosse  
 Fenster  des  Glockenhauses  zugemauert,  und  darüber,  über  
 einem  Gesimse,  steht  die  bedeckte  Galerie  des  Minarets  mit  
 einer  kleinen  Kuppel.  Wie  der  Thurm,  so  ist  auch  die  Moschee  
 im Spitzbogenstyl  aus  nicht  grossen Quadern von Kalkstein  
 erbaut.  Mich  verlangte,  auch  das  Innere  der  Moschee  
 oder  Kirche  zu  sehen.  Ich  theilte  diesen  Wunsch  einem  
 freundlichen  Mohammedaner  mit,  den  ich  in  der  Marktgasse  
 antraf,  und  sogleich  führte  er  mich,  gegen  das  Versprechen  
 eines  Geschenkes,  in   den  ziemlich  geräumigen  Hof  der  Moschee, 
   wo  es  keinen  Anstand  gab;  nur  musste  ich,  und  dazu  
 war ich willig  genug,  die  Schuhe  ausziehen.  Ich  fand  meine  
 Nachgibigkeit  darum  ganz  in  der  Ordnung,}weil  die  Moslemin  
 es  ja   auch  thun.  Und  warum  sollen  denn  wir  Christen  
 in  ihren Moscheen  ein Vorrecht  geniessen?  Wie  das  Äussere  
 mit  seinen  grossen  Spitzbogenfenstern  für  eine  Kirche  zeugt,  
 so  auch  das  Innere.  Der  Bau,  nicht gross,  ist  ein Langschiff  
 ohne  Kreuzform:  vorne,  auf  der Ostseite,  der  leere Chor  mit 
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