letzten Gründonnerstages drang dieser Bischof, umgehen von
mehreren hundert russischen und ändern Pilgern, in die Grabkirche,
und begann oben auf Golgatha Zeremonien seines Ritus.
Die Franziskaner wandten sich sofort an den Patriarchen.
Sein Kanzler und der Vikar des heil. Landes begaben sich
mit dem französischen Konsul an Ort und Stelle. Letzterer
wandte sich auch an den Su r a i j a Pascha, der dann gerade
anlangte, als der russische Bischof den Gottesdienst schloss.
Die römischen Katholiken betrachteten dies als einen flagranten
Eingriff in ihre Rechte und verlangten eine Untersuchung
045, die wahrscheinlich auf Null hinauslaufen wird.
Qu a r e smi o kopirte aus P. Ap i a n u s ’ und B. Aman-
t ius ' Inscriptiones sacrosanctae vetmtatis (Ingolst. 1534) einige
Inschriften, die in mein Golgatha (276 f.) übergingen. Leider
schlichen sich beim Abschreiben einige Fehler ein (z. B. für
Q P A IO Z ßiV K A L L E I A E Q E IA 2 OY2 I A 2 ) , die beim
Quaresmio, noch besser bei Apianus und Amantius berichtigt
werden können. Der wichtigste Fehler bei Quaresmio, den
ich kopirte und auf den ich einen Entscheid abstellte, ist das
Demetrios, wofür ich nach Qu a r e smio ..yrios las. Apianus
und Amantius haben (510) in der That A I IM H T P IO I i oder
• Demetrios.
Achtundzwanzig Stufen und eine halbe führen von der
Kirche in die Helenakapelle und dreizehn Stufen in die
Kreuzfindungskapelle hinab. Nördlich in einer Nische errichteten
die Latiner einen Altar mit würdiger, einfacher
Verzierung. Der österreichische Erzherzog F e r d i n a n d
Ma x hatte bei dem Besuche Jerusalems im J. 1855 die so
sehr mangelhafte Ausstattung heiliger Orte wahrgenommen.
E r sendete dann einen neuen Altar für die Kreuzfindungskapelle
mit vielen ändern reichen _ Geschenken zur Ausschmückung
anderer Sanktuarien durch den Rath v. Sch e r -
z e n l e c h n er im Mai 1857. Auf dem Altar dieser Kapelle
erhebt sich Helena, die angebliche Kreuzfinderin, als das
Kreuz umfassende Statue von Bronze in Lebensgrösse. Die
Bildsäule steht auf einem, einen natürlichen Fels nachahmenden
Postament, welchem ein breiterer geschliffener Stein,
grüner Serpentin, zur Unterlage dient. An der Hinterwand
des Tisches steht die lateinische Inschrift, dass der Erzherzog
1857 dies errichtet habe. Sämmtliche Steine, wie die Bildsäule,
wurden in Wien, die Pedrella und zwei Altarstufen
dagegen in Jerusalem angefertigt. Die Aufstellung des Altars
leitete der österreichische Architekt An t o n E n d l i cher
. Am meisten Schwierigkeiten bereitete der Transport
der sehr schweren Statue, welcher nur unter Beihilfe der
beim Bau des österreichischen Pilgerhauses für die Steinzufuhr
von Maulthieren gezogenen Wagen möglich war. Am
8. Junius wurde dann vom Patriarchen Gi u s e p p e V a-
l e r g a in Gegenwart des österreichischen Konsuls v. Pizza-
mano die erste Messe gelesen. Alljährlich werden die beiden
Feste, Kreuzfindung und Kreuzerhöhung, in Jerusalem begangen046.
Ich gewann aufs neue die Überzeugung, dass
diese Kapelle eine alte Zisterne, ähnlich jener der Helena,
war; mir hat man sie südostwärts, weniger ostwärts durch
Felsensprengung erweitert. Man ist im Verlaufe der Zeit
zur Zisterne vorgedrungen, wie von Mariens Geburtskapelle
unter der Annakirche.
Die sogenannten Gräber des Nikodemus und Joseph von
Arimathia, wenn man sie als echt gelten lassen will, wogegen
aber schon die Kürze Einwendung erhebt 047, können
ausgehauen und benutzt worden sein, ehe eine zweite Mauer
für die älteste Vorstadt gebaut war 048. Dann lagen sie
ausserhalb der Stadt, im Einklänge mit den jüdischen Gesetzen.
Damit ist ausgesprochen, dass aus der Lage jener
Gräber gar nicht der Beweis hergeleitet werden darf, es
habe die heutige Stätte der Grabkirche zur Zeit P o n t i u s ’
P i l a t u s ’ ausserhalb der
Stadt gelegen.
Zu Verdeutlichung des
Gegenstandes gebe ich hier
einen Spezialplan, den ich
bereits während der zweiten
Reise aufnahm.
Während meines letzten
Aufenthaltes in Jerusalem
Tobler, Palästina. ' ' jg