ge hen de Fluth gewesen sey, welche die Entblöfsungs-
Thäler auf solche Weise hervorgebracht habe.
Dem widerstreitet jedoch sehr Vieles. Die gewaltsamste,
die gröfste Masse Wassers fortwälzende Fluth, wenn
sie nur vorübergehend gewesen wäre, würde nimmermehr
vermocht haben, feste, zusammenhängende, auf ihrer Oberfläche
eine Ebene bildende Felslager, selbst nur von der
Dicke von zwanzig Fufs, durchzuschneiden und wegzuwaschen,
vielweniger mehrere solcher Ein und mehr Hundert
Fufs hoch übereinander aufgethurmte Massen. Doch giebt
es Entblöfsungs - Thäler in Menge und in allen Gegenden
der Erde, deren Seitenwände bis auf eine Höhe von mehren
hundert Fufsen aus solchen Felslagern bestehen, und
zwar aus den dichtesten, am wenigsten zerklüfteten Felsarten,
wie z. B. Muschelkalk, Jurakalk, Quadersandstein und
dergleichen. Wenngleich eine hohe und gewaltsam strömende
Fluth im Stande ist Steinblöcke selbst von beträchtlicher
Gröfse fortzuwälzen, so ist dazu doch erforderlich,
dafs solche Blöcke zuvor ringsum abgelöfst worden oder
dafs sie wenigstens nur mit so weicher und zerstörbarer
Masse umgeben waren, welche die Fluth selbst auflösen und
mit wegführen konnte. Eine feste Felsmasse aber, die der
Fluth eine glatte Oberfläche zum Boden bietet, wird durch
jene nimmermehr zerrissen werden. Buckland's gewaltsame
und vorübergehende Fluth würde also von der Erdoberfläche
höchstens die oberste vegetabilische Decke, und
denjenigen Theil der darunter liegenden Steinmasse fortzuführen
im Stande gewesen seyn, der schon vorher durch
atmosphärische Einflüsse aufgelöset, zerbröckelt, oder wenigstens
zerklüftet worden war.
Ferner würde eine solche allgemeine und vorübergehende
Fluth ohne Unterschied Alles was ihr nicht widerstehen
konnte von der festen Oberfläche weggewaschen haben,
und zwar in derjenigen geraden Richtung welche die Lage
der Oberfläche ihr eben dargeboten hätte. Waren nun vor
dem Eintritte dieser Fluth die Entblöfsungs - Thäler noch
nicht vorhanden (was man doch annehmen mufs wenn man
mit Buckland annimmt, dafs die Fluth sie erst gebildet
hat), und waren folglich die Gipfel oder obersten Flächen
der jetzt diese Thäler von einander scheidenden Berge und
Höhen, zusammenhängende Theile einer ausgebreiteten Fläche
; so mufste die Fluth auf dieser Fläche dahinströmen
und dieselbe gleichförmig abfegen; und man hat durchaus
keinen Grund, der Fluth nur einige bestimmte Richtungen
oder Linien anzuweisen, in welchen sie Thäler auswaschen,
und neben denselben andere Felsmassen die den weggeführten
in Lage, Art und Festigkeit völlig gleich waren, unversehrt
stehen lassen sollte.
Auch verträgt sich die geschlängelte Gestalt aller und
insbesondere der Entblöfsungs - Thäler, das Zufallen anderer
eben so geschlängelter Seitenthäler in dieselben, und
überhaupt die in der That sehr zierliche dendritische Verästelung
jedes ganzen Thalsystems, durchaus nicht mit der
Vorstellung der Bildung solcher Formen durch eine gewaltsame
und vorübergehende Fluth.
Fragen möchten wir auch: Gab es denn vor der Fluth
gar keine solchen Thäler, und wo -waren dann die Flüsse?
Der untere Lauf aller Flüsse und Ströme geht' durch Entblöfsungs
Thäler; die Thäler anderer Art findet man fast
nur in und nahe an Gebirgen. Es mufs aber vor der Noa-
chischen oder Bucklandischen Fluth doch wohl Thäler und
Flüsse gegeben haben, da es Wasserratten gab; und die
Erdoberfläche der antediluvianisclien Zeit mufs im W esentlichen
der heutigen ganz ähnlich gewesen seyn, da viele
Pflanzen und Thiere auf jener antediluvianisclien Oberfläche
gelebt, und da sogar die Hyänen jener Zeit genau die