Die Erzeuger der Corallen, sogenannten Zoophyten,
setzen ihre kalksteinartigen Häuser auf festen Meeresgrund,
und erhöhen sie allmälilich bis zum Spiegel des Meeres,
bis zur höchsten Höhe der Fluth. Hat der Bau die Meeresfläche
erreicht, so wird er von seinen, stets nur in den
obersten Theilen desselben hausenden Bewohnern nicht
fortgesetzt; seine unteren Theile aber sind längst schon vom
Leben verlassen und Bestandtheil des anorganischen Reichs
der festen Erdrinde geworden. Die Klippe aber, die durch
diesen Bau entstanden ist, und mit ihrer Oberfläche nur
über die niedrigste Ebbe um einige Fufse hervorragt, wird
nunmehr allmählich dadurch erhöhet, dafs Ebbe und Fluth,
und die sich an dem CorallenrifF brechenden Wogen, Körper
mancher Art, als Muscheln und andere feste Bestand-
theile von Meergeschöpferi, auch Bruchstücke des Corallen-
baues selbst, Sand u. dergl. darauf abwerfen. Diese anfangs
losen Bestandtheile verbinden sich, — wie man an mehreren
Functen wahrgenommen hat, — zu einer festen steinigen
Masse, wie die obenerwähnte, in der sich auf Gu a d
e l o upe die Menschengebeine finden. Diese Erzeugung
von Stein mag dem Kalkgehalte der festen Stoffe und vielleicht
dem Salzgehalte des dieselben durchdringenden Wassers
, so wie der brennenden Sonne des Westindischen
Himmels zuzuschreiben seyo.
Die Erhöhung der natürlichen auf diese Weise gebildeten
Decke der Corallenriffe nimmt so lange zu als noch
die höchsten Fluthen fremdartige Körper darauf absetzen
können. „In der Trockenheit, — sagt Chamisso1): —
„durchglüht die Sonne die Steinmasse so sehr, dafs sie an
„vielen Stellen spaltet und sich in Schichten ablöfst. Durch
„Brandungen bei hohen Fluthen werden diese getrennten
„flachen Steine gehoben und auf einander gethürmt. Die 1
1) in Ko t z e b u e ' 8 Entdeckungsreise Th. 3. S. 187.
„immer geschäftige Brandung wirft Corallen-Blöcke (oft
„von 1 Faden Länge und 3 bis 4 Fufs Dicke) und Seethier-
,,schalen zwischen und auf die Grundsteine; nachher bleibt
„auch der Kalksand ungefährdet liegen, und bietet dem
„strandenden, keimenden Baum - und Pflanzensaamen einen
„schnell treibenden Boden zur Beschattung seines weifsen
^blendenden Grundes dar. Auch ganze Baumstämme von
„andern Ländern und Inseln durch die Flüsse entführt, find
e n Hier nach langer Irrfahrt ihren endlichen Ruheplatz.
„Mit diesen kommen kleine Thiere, wie Eidechsen und
„Insecten, als erste Bewohner an. Ehe noch die Bäume
„sich zu einem Walde vereinigen, nisten hier die eigentlichen
Seevögel; verirrte Landvögel nehmen ihre Zuflucht
„zu den Gebüschen; und ganz spät, nachdem die Schöpfimg
„längst geschehen, findet sich auch der Mensch ein, schlägt
„seine Hütte auf der fruchtbaren Erde auf, die durch die
„Verwesung der Baumblätter entstand, und nennt sich
„Herr und Besitzer dieser Weit.“
Von solchen aus Corallen - Masse bestehenden Inseln
wimmelt der grofse Ocean — das sogenannte Südmeer —
in dem heifsen Erdgürtel. Man kennt dort eigentlich nur
zwei Arten von Inseln: V u 1 c a n i s c h e , zum Theil mit
sehr hohen, theils thätigen, theils ruhenden Vulcanen, und
Co r a l l e n - I n s e l n , die überaus flach sind. Viele dieser
Inseln liegen in Gruppen aus einer grofsen Anzahl einzelner
bestehend zusammen. Einige dieser Gruppen, die aus lauter
niedrigen Inseln bestehen, bilden ganz eigenthümliche
Kreise, rund oder länglich, von niedrigen Corallenriffen,
von denen einzelne Theile zu höheren mit Pflanzenwuchs
bedeckten, auch zum Theil bewohnten Inseln erwachsen,
andere dazwischen liegende Theile aber noch das rohe vom
Meere abwechselnd bedeckte und wieder verlassene Coral-
lenriff sind. Jeder dieser Inselkreise umgiebt ein Binnenmeer
von dreifsig bis fünfunddreifsig Faden Tiefe, zu wel