daher die Ueberlieferung zu den Völkern auch der übrigen,
vielleicht von der Fluth nicht getroffenen Theile der Erde
übergegangen seyn kann?
Für den Zweck unserer Darstellung ist nur die Frage
wichtig: ob die grofse Fluth Veränderungen auf die Gestalt
der Erdoberfläche hervorgebracht hat? und ob diese sich
aus Ueberlieferungen, aus historischen Denkmalen, oder aus
Wahrnehmungen in der Natur auf irgend eine Art nachwei-
sen lassen? Auch die blofsen Wahrnehmungen in der Natur,
die hierauf hindeuten könnten, dürfen wir nicht unbeachtet
lassen, so lange wir die Fluth selbst nicht blos für
eine geologische Begebenheit, oder für eine mythische Darstellung
, sondern vielmehr für eine Thatsache annehmen,
von der wir durch wirkliche Ueberlieferungen Kenntnifs erhalten
haben. Aus der näheren Erörterung dieser Frage an
sich werden sich auch einige Folgerungen für oder gegen
die Allgemeinheit der Fluth entwickeln lassen.
Die von der Fluth vorhandenen Ueberlieferungen gedenken
keiner durch dieselbe hervorgebrachten Veränderungen
in der Gestalt der Erdoberfläche; sie erwähnen nur der Vertilgung
der Menschen und Thiere und scheinen anzunehmen,
dafs nach dem Verlaufen der angeschwollenen Gewässer die
Erde eben so gestaltet, eben so beschaffen, und so cultur-
fähig gewesen sey wie vor der Fluth. Dieses kann man wenigstens
um deswillen annehmen, weil die Sagen, die die
Fluth und ihre Wirkungen mit lebhaften Farben und als eine
ungeheuere, für das Menschengeschlecht so verderbliche
als folgenreiche Begebenheit schildern, doch wohl grofser
mit dem Wohnplatze dieses Geschlechtes dadurch vorgegangener
Veränderungen erwähnt haben würden, — doch z. B.
berichtet haben würden dafs die aus der Fluth geretteten
Menschen eine ganz andere Erde als die ihnen vorher bekannt
gewesene wiedergefunden hätten. Von der Gestalt
der Erde vor der Fluth aber berichten die Sagen auch nicht
das Mindeste was zu einer Vergleichung mit der Beschaffenheit
derselben nach der Fluth die Hand böte. Es läfst sich
daher freilich wenig oder Nichts für oder wider den Glauben
an Veränderungen durch die Fluth aus den alten Sagen
nehmen, und wir möchten eben so wenig den Satz, dals die
Fluth Nichts verändert habe, damit unterstützen, dafs einige
der Sagen allerdings gewisse seit der Fluth bekannte Theile
oder Punkte der Erde so aufführen als oh sie bereits vor der
Fluth in gleicher Beschaffenheit bestanden hätten. So nennt
z. B. Moses den Eu p h r a t als einen der Flüsse des Paradieses;
die Sage von Veulcalion nennt den Pa r n a s s als
den Zufluchtsort der sich Rettenden und dergl. Aber man
mag wohl bedenken, dafs die spätem Berichterstatter solcher
Sagen eines Schauplatzes für die überlieferte Begebenheit
bedurften, und dafs sie dazu die Gegenden nehmen
mufsten die sie kannten, obgleich ihnen von der Gestalt und
der Benennung dieser Gegenden in den Zeiten vor der Fluth,
zuverlässig Nichts bekannt war. Aus diesem Allen schlie-
fsen wir dafs von der Ueberlieferung kein Aufschlufs darüber
zu erwarten ist, ob die grofse Fluth Veränderungen in
der Gestalt der Erdoberfläche hervorgebracht hat. Wir wenden
uns daher zu demjenigen was die Beobachtung der Natur
hiervon enthüllen könnte.
Als die Geologie noch in der Kindheit war glaubte mau
in den Versteinerungen der organischen Wesen die keine natürlichen
Bewohner des Wassers sind, die deutlichsten Beweise
für grofse durch die Siindfluth verursachte Umwandelungen
der Erdoberfläche gefunden zu haben. Diese Ansicht,
so wenig haltbar sie sich jetzt zeigt, konnte hei dem
damaligen Stande der Wissenschaft immer eher Anspruch auf
Entschuldigung machen, als die ohne einen nur erträglichen
Beweis von Ouvier hingestellte Behauptung, dafs durch