sey Thatsache dafs sie sich tiefer und weiter ausgebreitet
hätten; dennoch beweise diese Ausbreitung noch nicht für
die Abnahme der mittlern Luftwärme. Er behauptet ferner,
auch die Lage der Schneelinie sey nicht tiefer geworden;
die Schwächung des Graswuchses aber sey Thatsache,
und diese sey, wenigstens zum Theil, durch schlechte Wirth-
schaft und durch Abschlagen der Wälder in hohen Gegenden
verursacht worden. Dafs einige Alpenpässe, nahment-
lich zwischen Wa l l i s und Grindelwald in den letzt-
verflossenen fünfzig Jahren durch Anhäufung von Eis und
Schnee unzugänglich geworden sind, giebt auch dieser genaue
Beobachter zu.
Herr He g e t s c hw e i l e r 1) führt Beispiele von Vorwärts
und Rückwärtsgehen verschiedener Gletscher an,
giebt die Zunahme der Kälte auf den Alpen zu, und den
daraus erfolgten verminderten Ertrag derselben; ist aber
der Meinung, dafs hieran vbrnehmlich der unbesonnene Abtrieb
der Wälder Ursache sey, und zwar derjenigen Wälder,
die in einer solchen mittlern Höhe standen, in welcher
der Saame des Holzes noch seine Reife erlangen kann, was
auf höherem Punct nicht gelingt. Die höher gelegenen Wälder,
von denen man noch die Stämme unter dem Gletschereise
findet, vermochten nicht sich durch eigenen Saamen zu
erneuern, sondern sie mufsten durch den von den Winden
aus den an niedrigeren Puncten stehenden Wäldern hinaufgetriebenen
Saamen erhalten und erneuert werden. Diese
tiefer stehenden Wälder aber hat man auf eine unverzeihliche
Weise vernichtet. Derselbe Beobachter läugnet übrigens
nicht, dafs — es sey aus welcher Ursache es wolle *_*
eine Zunahme des Schnees und Eises in den Alpen, und * S.
1) J. Hegetschweiler Reisen in den Gebirgsstock zwischen Glarus
und Graubünden in den JJ. 1819. 20. u. 22. Zürich 1825. 8.
S. 11.12. 41. 54.103 f.
eine wirkliche Vergröfserung der vereiseten Gegenden in
denselben wahrzunehmen sey, was der Verlust sehr vieler
Alpen für die Weide, blofs wegen Bedeckung derselben mit
Eis, und die Vernichtung vieler ehemaligen Wege und Pässe
über das Gebirge durch dieselbe Ursache, beweise. Dennoch
aber giebt er zu, dafs es noch zur Zeit an hinreichenden
Beobachtungen mangele, auf welche man ein bestimmtes
Urtheil über absolute Vermehrung oder Verminderung
des Eises in den Gebirgen gründen könne. Selbst die Lage
der Firnstöfse (Gletscherwälle) scheint ihm dazu nicht genügend,
weil, — sagt er, und wie uns dünkt, sehr richtig,—
man das Verhältnifs der Zeiten noch nicht kennt, in
welchen das Vorrücken der Gletscher nach, und das Zurückziehen
von dem Gletscherwalle erfolgt ist. Ein alter Gletscherwall,
den der Rand des Gletschers jetzt nicht erreicht,
scheint zwar auf ein Zurückziehen des Gletscherrandes zu
deuten. Aber dieser entfernt liegende Wall kann durch ein
einst erfolgtes aufserordentliches Vorrücken des Gletschers
über seinen früheren Stand gebildet worden seyn. Seit jenem
Zeitpuncte hat sich nun der Gletscher zurückgezogen,
aber wie weit im Verhältnisse zu seinem früheren Stande,
und in welchem Zeitverhältnisse “? das weifs man nicht, und
er kann daher im Ganzen doch im Fortschreiten begriffen
seyn.
Hugi, der treffliche Beobachter, erklärt1) sich bestimmt
gegen ein fortwährendes Vorrücken der Glet-
1) Fr. J. Hugi Naturhistorische Alpenreisen. Solothurn 1831. 8.
Diese Schrift des unermüdetesten Leib und Leben an seine Untersuchungen
setzenden Forschers enthält über die Natur der
Gletscher und über die Art ihrer Entstehung, Ausbildung und
Zerstörung das Beste und Vollkommenste was bis auf den heutigen
Tag über diesen Gegenstand geschrieben worden ist.
Wir können uns auch nach Lesung der Bemerkungen des Hm.
Eämtz (Schweigger - Seidel Neues Jahrb. d. Chem. u. Phys.