weiter fortschreitendes Wachsthum abzusprechen, sondern
man könnte sich sogar genöthigt sehen ein solches als natürlich
und nothwendig anzunehmen, und das,um so eher,
als diese Schnee- und Eismassen die Luft um sich her erkälten,
so dafs es den Anschein erhält, als würde der Zuwachs
den sie im Winter erhalten, allmählich immer weniger
von der Sommerwärme zu bezwingen und auszugleichen
seyn.
Diese Einwendung konnte allerdings einiges für sich
haben, so lange man noch die Meinung hegte, die hohen
Gebirge seyen die ältesten Theile der trocknen Erdoberfläche,
die niedrigeren aber durch irgend eine unbekannte
Ursache von dem hoch über ihnen gestandenen Meere verlassen
worden, ohne dafs die feste Oberfläche selbst eine
merkliche Bewegung erlitten habe. Wäre diese Vorstellung
die richtige, so hätten bei der dabei vorausgesetzten
anfänglichen Gestalt der Erdfläche nur die höchsten Gipfel
der Gebirge als Inseln, und als nicht sehr hohe Inseln über
die Meeresfläche emporgeragt; sie hätten sich daher in
dem unteren Theile des damaligen Luftkreises befunden,
und entweder gar nicht oder doch nicht weit über die Linie
des immerwährenden Schnees hinaufgereicht, welche natürlicherweise,
nach Maasgabe der damaligen Oberfläche
der Kugel, höher als jetzt gelegen haben müfste. Dieser
Vorstellung zufolge hätte erst nach dem Zurückziehen des
Meeres in tiefere Gegenden, und erst nach dem dadurch
verursachten Herabsinken der Linie des ewigen Schnees
die grofse Eis- und Schnee-Bildung auf den aus niedrigen
Inseln zu hohen Gebirgen gewordenen trocknen Theilen
der Erdoberfläche anfangen müssen. Dann wäre auch
ein allmähliches Vorschreiten und Umsichgreifen derselben
allenfalls denkbar gewesen.
Seitdem man aber die Ansicht gewonnen hat, dafs die
hohen Gebirge von Innen heraus gehoben, und in die höheren
Gegenden des Luftkreises hinaufgetrieben worden
sind; so begreift man auch, dafs auf dieses Emporheben
sogleich die Bildung einer Decke von Schnee und Eis für
diejenigen Theile der Oberfläche die bis über die Linie des
bleibenden Schnees erhoben worden waren, aber auch blofs
allein für diese Theile, erfolgen mufste; dafs ihr aber, so
lange als nicht die Erhebung der Gegend noch weiter fortschreitet,
zugleich bestimmte Gränzen angewiesen blieben
über welche ein weiteres Fortschreiten der Natur zuwider
jseyn würde.
Das Eis um die Pole mufste sich von dem Augenblicke
an, da die Erdaxe ihre jetzige Richtung erhielt, in seiner
jetzigen Ausdehnung bilden, insofern die Oberfläche der
Erde und der Luftkreis ihre Wärme blofs von der Sonne
erhielten. Nur dann würde man eine sehr allmähliche Erkältung
der Polargegenden und eine allmähliche Vermehrung
des Eises in denselben annehmen müssen, wenn, nach Buf-
fon’s und einiger anderen Geologen Vermuthung, es eine
Zeit gegeben hätte, in welcher der ganze Erdball bis an
seine Oberfläche und bis zu den Polen eine solche eigen-
thümliche innere Wärme besessen hätte durch welche die
Bildung von Schnee und Eis unmöglich geworden wäre, und
wenn diese innere Wärme den Polargegenden durch allmähliche
Abkühlung entzogen worden wäre. Von dieser Vorstellung
dürfen wir aber vorerst abselien, da wir bestimmt
wissen, dafs wenigstens seit mehreren Jahrtausenden eine
Spur solcher allmählichen Abkühlung des Erdballs auf seiner
Oberfläche nicht mehr wahrnehmbar ist. Dieses haben
die von uns oben erwähnten Berechnungen La Places über
die Unverändertlieit der Tageslänge dargethan, und man findet
überhaupt, so wenig für die Polargegenden als für jeden
andern Theil der Erdoberfläche, keine Art von Wahrnehmung