über dem Falle wieder vereinigen. Die Länge des Stromlaufs
bis zum Falle beträgt fünfundzwanzig englische Meilen,
die Höhe des Falls Einhundert und sechszig Fufs.
Unter dem Falle hat der Strom sich eine tiefe Rinne ausgewaschen
in welcher derselbe, zwischen senkrechte Felsenufer
eingeengt, sieben engl. Meilen weit läuft bis Queens-
town; hier tritt er in die Ebene die den Ont a ri o
See am Südrande einfafst, und läuft noch 6 — 8 Meilen
bis zu seiner Mündung in den See. Er hat daher unter dem
Falle eine Rinne von fast 150 F. Tiefe eingeschnitten. Die
Unterlage des 90 Fufs dicken festen Kalksteinlagers seines
obern Laufs ist ein schieferiges sehr weiches Gestein. Dieses
wird an der Stelle des Falles, wo die Felslager senkrecht
durchschnitten sind, von dem aus der Tiefe mit Gewalt
emporspritzenden und wie vom Sturme dagegen getriebenen
Wasser immerfort zerbröckelt und zerstört, so dafs
der darauf liegende härtere Kalkstein tafelartig darüber
hinausragt. Seiner Unterstützung beraubt stürzt nun dieser
festere Kalkstein in ungeheueren abgebrochenen Massen in
die Tiefe des Falles, was jedesmal mit heftigem Erbeben
des Rodens und mit donnerndem Getöse geschieht. So
mufs natürlicherweise die Stelle des Falles dem E r i e s e e
allmählich näher rücken; und dieses gesohieht in so merklichem
Verhältnisse, dafs das Aufwärtsrücken in den letzten
vierzig Jahren ungefähr fünfzig Yards (dreihundert englische
Fufs) betragen hat. Die Ueberlieferung berichtet,
dafs die Stelle des F alles vormals beiQueenstown gewesen
ist, wo das höhere Land mit einer Terrasse in die niedere
Gegend des Ont a r i o Sees abfällt. Wenn das Verhältnifs
des Rückwärtsgehens des Wasserfalles immer dasselbe gewesen
wäre, wie es sich in den letzten vierzig Jahren gezeigt
hat, so würde diefs auf eine Ueberlieferung vom
höchsten Alterthume deuten , denn es würden dazu zehent
a u s e n d Jahre erforderlich g e w e s e n seyn. Dreifsigtausend
Jahre aber würden bei völliger Beständigkeit dieses Verhältnisses
erforderlich seyn, um die Stelle des Falles bis an
das Ufer des E r i e- Se es zurückgehen zu lassen. Erreichte
der Fall diesen Punct, so würde das plötzliche Abfliefsen
des Erie - Sees eine furchtbare Ueberschwemmung der untern
Gegend zuwege bringen; allein man nimmt an, dafs, nach
Maafsgabe dessen was man jetzt über die Zunahme des diesem
See von den sich in ihn ergiefsenden Flüssen zugeführten
Sandes und Schlammes auf seinem Grunde hat beobachten
können, derselbe vor Ablauf dieses langen Zeitraums
mit festen Stoffen völlig ausgefüllt worden seyn würde 1).
Die bis hieher angeführten Thatsachen enthalten Beweise
für die fortschreitende Umbildung der Flufsbetten und
Thäler, wie sie im gewöhnlichen Laufe der Dinge, durch
regelmäfsig und ununterbrochen wirkende Kräfte mit Hinterlassung
bleibender Spuren erfolgt, ohne Zutritt aufseror-
dentlicher, plötzlich eintretender und vorübergehender Naturereignisse.
Aber auch solche, wie Erdbeben, vulcani-
sche Ausbrüche, Wasserhosen, sogenannte Wolkenbrüche,
Orcane und selbst Gewitter der heftigsten Art, können mit
Hinterlassung bleibender Spuren auf die Gestalt der Flufsbetten
wirken. Diese Wirkungen werden jenen regelmäfsi-
gen immer in der Art, wenn auch nicht in der Gröfse gleich
seyn. Wir gedenken nur einiger besonders ausgezeichneten
Beispiele.
Während des grofsen Erdbebens in Si c i l i en im J.
1693 wurde ein beträchtlicher Bergstrom, der seit undenklichen
Zeiten aus einer der dort sehr häufigen Höhlen hervorkam,
von der Erde verschlungen, und bahnte sich au einer
von dem Orte seines Verschwindens weit entfernten Stelle,
wo vorher kein fliefsendes Wasser gewesen war, einen Ausweg
1 2).
1) L y e l l Principles T. 1. p. 179 —182.
2) Ly e l l Principles T. 2. p. 232.