der seit der Türkischen Herrschaft eingerissenen Vernachlässigung
des ägyptischen Canalsystems zu J). Die Canäle
versanden immer mehr, wozu das schon oben erwähnte
Vordringen des Sandes aus der Libyschen Wüste gegen
Osten um so wirksamer beiträgt, als demselben auf keine
Weise entgegengewirkt wird.
Dafs ein Ausflufs des Nil in den Meerbusen von Suez
ehemals, entweder durch Kunst oder doch durch künstliche
Nachhülfe der Natur, bestanden hat ist Thatsache. Dieses
war der sogenannte Canal der Pha r a o n e n . Man kann
annehmen, dafs einst, und bevor der Pe l u s i s ch e Arm
des Nil seine Mündung in das Mittelländische Meer fand,
ein Arm des Stromes sich gegen Osten gewendet, und durch
den tiefsten Einschnitt der Landenge von Suez — den
Wadi 1 umi l a t ■— sich in den Arabischen Busen ergossen
hat, wenigstens während der Zeit der Nilschwelle. Dieser
natürliche, aber nicht zu allen Zeiten mit Wasser versehene
Ausflufs wurde, wie es scheint zuerst von Necho, oder von
Sesostris, oder von Psammitich durch Kunst zu einem re-
gelmäfsigen Canale umgeschaffen, auch von den Perserkönigen
und von den Ptolemäern vervollkommt, und durch
gewisse künstliche Anlagen — Euripus — (die vielleicht
etwas den Schleufsen ähnliches gewesen seyn mögen) bei
der Mündung in den Meerbusen gegen das Eindringen der
hohen Fluth dieses Meeres geschützt 1 2). Seitdem der schon
den Alten bekannt gewesene Umstand, dafs die Oberfläche
des Arabischen Busens höher steht als die des Mittelländischen
Meeres, durch die Messungen der Franzosen aufser
Zweifel gesetzt, und dargethan worden ist, dafs der Unterschied
zwischen der hohen Fluth bei Sue z und der nie-
1) Leipziger Repertorium 1824. B. 1. St. 1. S. 170.
2) He r o d o t Calliope c. 175. — Ar i s t o t e l e s Meteorol. (Opp.
T. 1. p. 758.) — Pl i n i u s H. N, L. 6. c. 33. — St r ab o L.
17. p. 351. ed. Tzscli,
drigsten Ebbe des Mittelländischen Meeres bei Ty ne am
Pelusischen Nilarm dreifsig Fufs sechs Zoll beträgt, mufs
man sehr erklärlich finden, warum, in Zeiten da ein vollkommener
Schleufsenbau noch unbekannt war, die Erhaltung
dieses Canals von der niedrigen Stelle bei Buba s t i s
an bis zum Ro th e n Me er e den gröfsten Schwierigkeiten
unterworfen war, und die Unternehmungen sowohl der älteren
Könige, als später die der Römer und der Khalifen
demselben keine Dauer verschaffen konnten.
Noch jetzt tritt in der Zeit der Ueberschwemmung des
Nil das Wasser, aber nicht mehr von Bub a s t i s , sondern
von Ka h ir a über Bel be i s , in die Vertiefung des Wadi
Tum Hat und gelangt bis in die Mitte der Landenge ; und
die. Ueberbleibsel des alten Canals sind daselbst an mehreren
Stellen sichtbar. Mit dem Thale dieses Wadi geht indessen
eine fortdauernde Veränderung dadurch vor, dafs
die von Süden gegen Norden vorrückenden Sanddünen dasselbe
immer mehr verengen 1).
Schon oben 2) haben wir der Vermuthung gedacht, dafs
der Jor d an vor der Zerstörung von Sodom und Gomorr
h a sich in den Ailanitischen Busen des Rothen Meeres
ergossen haben könne. Neuere Beobachtungen bestätigen
diese Ansicht 3 4).
Von den Europäischen, unter denen übrigens nur allein
die D o nau mit den grofsen Flüssen Asiens verglichen werden
kann, hat uns — aufser dem was wir vom Rh e in e
wissen, und wovon oben ausführlich gehandelt worden ist 4)
— die Ueberlieferung zwar von so grofsen Veränderungen
keine Nachrichten aufbewahrt. Dennoch aber finden sich
1) Ri t t e r Erdkunde Th. 2. (1. Ausg.) S. 241. f.
2) Th. 2. S. 123.
3) B u r k h a r d Reise nach Syrien, teutsche Ucbers. v. Gese-
nius Th. 2. S. 731. f.
4) Th. § S. 305. f.