Diese*.Wirkung des fliefsenden Wassers, das Fortfüh-
ren fester Restandtheile des Bodens, wird zu einer zweiten
Ursache vieler in der Richtung seines Laufes entstandenen
Veränderungen. An jeder Stelle, wo der Wasserlauf entweder
durch ein ihm entgegentretendes Hindernifs in eine
veränderte Richtung gelenkt wird, oder wo sein vorher in
ein enges Bett zusammengedrängt gewesener Strom sich zu
beiden Seiten mehr ausbreiten kann, und dadurch an seiner
Geschwindigkeit verliert, oder wo die Neigung der Fläche
seines Grundes sich plötzlich, oder auch allmählich vermindert,
wodurch ebenfalls die Geschwindigkeit des Flie-
fsens vermindert wird; — an jeder dieser Stellen müssen
nothwendiger Weise die fortgeführten festen Stoffe in grö-
fserer Menge zu Boden fallen, als auf der nächst vorhergehenden
Strecke des Laufes geschehen konnte. An Stellen
dieser Art entsteht daher ein Anhäufen des Gerölls, des
Sandes und Schlammes die der Flufs bis dahin mit sich
führte. Diese Anhäufungen fester Theile werden selbst
nach und nach Hindernisse die dem Wasserlaufe entgegentreten,
und müssen daher ebenfalls dahin wirken seine
Richtung zu ändern, Theilung des Flusses in mehrere Arme
u. dergl. zu verursachen.
Die hier angegebenen beiderlei Wirkungen der Bäche,
Flüsse und Ströme sind in ihrer Natur gegründet, und sind
daher bei jedem Wasserlaufe auf der Erdoberfläche, dem
kleinsten wie dem gröfsten, unausbleiblich und ununterbrochen
fortschreitend thätig zum Hervorbringen von Veränderungen
in der Richtung desselben, und folglich in der
Gestalt ihrer Umgebung.
Aber es kommen noch andere Wirkungen hinzu welche
in diese regelmäfsigen eingreifen, sie beschleunigen, hemmen
oder abändern, und welche nicht unmittelbar aus dem
gewöhnlichen Verhalten des Wasserlaufs entspringen, sondern
durch äufsere sich nur dann und wann, nur hie und
da zeigende Ursachen herbeigeführt werden.
Zu diesen gehören alle die grofsen zu unbestimmten
Zeiten eintretenden meteorischen Ereignisse, durch welche
beträchtliche Wassermassen aus der Atmosphäre auf einzelne
Puncte der Erdoberfläche plötzlich herabgebracht
werden, und ihr entweder unmittelbar eine das Verhältnifs
von Höhe und Tiefe verändernde Gestalt eindrücken, oder
die Wassermasse eines die Gegend durchfliefsenden [Stromes
in solchem Grade vergröfsern, dafs die Gewalt welche derselbe
vorher auf seinen Grund und seine Einfassung ausübte
, bedeutend genug erhöhet wird, um nicht nur kräftiger,
sondern vielleicht auch in zum Theil veränderter
Richtung auf diese zu wirken, sie anzugreifen, zu zerstören
und auch dadurch eine veränderte Richtung seines eigenen
Laufes zu bewirken.
Weiter gehören dazu die Veränderungen welche durch
andere Naturwirkungen, als Erdfälle, Bergfälle, vulcani-
sche Ausbrüche, Erhebung, Erdbeben, Dünenbildung u. s.
w. in dem natürlichen Wasserlaufe hervorgebracht werden.
Endlich gehören hieher die nicht immer unbedeutenden
Veränderungen, welche die Hand des Menschen im natürlichen
Stande und Laufe der Landgewässer hervorbringen
kann, und hie und da wirklich hervorgebracht hat.
Es kann hier nicht ganz mit Sclrweigen übergangen
werden, dafs einige Naturforscher dem fliefsenden Wasser
die Macht feste Gesteine in solchem Grade anzugreifen,
dafs es sich in denselben eine Rinne graben könne, haben
absprechen wollen. Sehr sorgfältig angestellte Beobachtungen
aber, und die Wahrnehmung unbezweifelter und diese
Macht^auf das augenscheinlichste darthuender Erscheinungen
gestatten durchaus nicht mehr an derselben zu zweifeln,
und bestätigen vielmehr das was wir schon im ersten
Buche *) in Hinsicht auf diese Zweifel geäufsert haben auf 1
1) Th. 1. S. 216.
Veränd. d. Erdoberfl. Bd. III. G