gelier ist folgende: Der Gletscher wird nicht in der Gletscher
Region gebildet, sondern als F i r n in den Hochregionen
geboren, und von da, unter fortwährender Entwickelung
und Ausbildung seiner Masse, hinab zur Unterwelt (untern
Welt) gestofsen, wo er in seiner höchsten Ausbildung
zugleich seiner Auflösung entgegengeht1). Diese Entstehung
aus dem krystallinisch trocknen, von dem in den tieferen,
feuchteren Regionen der Atmosphäre fallenden Schnee
sehr verschiedenen, körnigen Firn, erklärt Hugi sehr schön
und befriedigend, indem er sagt: „Jedes Jahr legt sich
(oben auf dem Gletscher) eine neue Schichte an, die nicht
nur für sich in fortgesetzter Thätigkeit, sondern auch mit
den älteren tieferen in Spannung begriffen ist. Darin liegt
der Grund des Gröfserwerdens der Eiskörner, des Wach^
sens der Gesammtmasse, des Reifsens in Schründe (Spalten)
, und des Ausscheidens fremder Körper.”
Der zum wirklichen -Gletscher gewordene Firn bildet
sich im Innern immer mehr krystallinisch aus. Die verschiedene
Spannung, die in der Masse desselben durch die auf
seiner obern Fläche stets wechselnde, und hingegen an seiner
untern, da wo er auf dem festen Boden aufsitzt, sehr
gleichförmige, und verhältnifsmäfsig hohe Temperatur erzeugt
wird, wirkt dazu, und veranlafst das Abschmelzen
der untern Fläche und das Zerreissen in Spalten, die während
des Tages von oben herunter und während der Nacht
von unten hinauf reifsen. Diese sind unten weit und oben
enge, jene oben weit und nach unten zu verengt.
Die innere Arbeit, Spannung und Ausdehnung verbunden
mit dem Abschmelzen des Gletschers an seiner Grundfläche
sind es welche ihn ausdehnen und thalabwarts schieben
; nicht etwa blofs der Druck seines Gewichtes auf die
geneigte Fläche des Bodens, auch nicht Sprünge die seinen
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Zusammenhang mit dem Gebirge oder mit seinen höheren
Tlieilen trennen; denn das Yorrücken erfolgt nicht stofs-
oder ruckweise sondern allmählich; auch findet man keine
queer durch einen ganzen Gletscher gehenden Spalten *).
So rückt der Gletscher allmählich thalabwärts bis in
solche Tiefe wo sein vorderer Tfieil schmelzen mufs, wie
nach Beschaffenheit der Jahre mehr oder weniger geschieht.
Die Oberfläche des höher liegenden Theiles des Gletschers
schmilzt nicht; es entstehtauf derselben auch kein Wasser,
wenn nicht Regen oder schmelzender Schnee darauf fällt.
Sie dünstet nur aus und wird blofs dadurch niedriger. Steine
und Erde welche auf diese Oberfläche fallen, verhindern
an den Stellen die sie bedecken, das Verdunsten, daher werden
die von solchen Körpern bedeckten Stellen der Gletscherfläche
höher erhalten, ja vielleicht durch innere Arbeit
höher gehoben als die unbedeckten Stellen. So entstehen
die hohen sogenannten Gl e t s c h e r t i s c h e und die
Guf f e r l i n i e n , unter welchen auch niemals ein Spalt
durchsetzt.
Merkwürdig, und die innere Thätigkeit der Gletscher
bezeugend, ist, dafs alle Steine, Erde und feste anorganische
Stoffe die in die Spalten der Gletscher fallen, von innen
heraus auf die Oberfläche gehoben, oder ausgestofsen
werden. Organische Stoffe hingegen sinken in die Gletscher
ein und lösen sich darin bald auf. Hugi glaubt dieses letztere
rühre daher, dafs die organischen Stoffe dem Eise den
Sauerstoff entziehen, und dadurch an der Stelle wo dieses
geschieht seine Auflösung und sein Zerfallen befördern, so
dafs sie darin niedersinken können, \fieniger leicht ist das
1) Diese Hypothese von der Art wie das Vorriicken der Gletscher
bewirkt wird, ist also wesentlich verschieden von denen die
Saussure, Biseix, Charpentier, und Escher darüber aufgestellt
haben; doch enthält sie Einiges was auch zu den Grundlagen
der Theorieen dieser Naturforscher gehört.