gröfserung der Eismassen aufgehört hätten; dafs noch vor
vierzig Jahren der Weg aus dem zuletzt genannten, Thale
über das We i f s eTh o r nach Mat t bekannt gewesen, jetzt
aber durch Yergröfserung der Gletscher und durch Verschüttung
ganz unbrauchbar geworden sey, wie auch der
Weg aus dem Va l d ’Aosta über den Col Cervin nach
Ober Wal l is. Indessen ist dieser geistvolle Beobachter
doch ebenfalls geneigt einen periodischen Wechsel in der
Zu- und Abnahme der Gletscher für wahrscheinlich zu
halten.
Auch in N.orwegen besteht die Sage von dem Vorrücken
der Gletscher. Herr von Buch *) berichtet eine That-
sache die das Vorrücken eines Gletschers in I ns t eda l ’s
Eisbergen beweist. — Der Gletscher Nyga ar d Brö in
demselben Gebirge ist in den letzten hundert Jahren sehr
w eit herabgerückt und hat einen Gaard verdrängt; dennoch
aber sieht man an einem dreitausend Fufs davon abwärts
entfernten Gletscherwall, dafs» er vormals noch um so viel
tiefer-gestanden h a t1 2). Vom Folgefond Gletscher auf
der Westseite von Sö rf ior d, U l l e n swang gegenüber,
der von Nord nach Süd fünfunddreifsig englische Meilen
lang, und von Ost nach West ungefähr den dritten Th eil
so breit ist, geht die Sage dafs derselbe einen Landstrich
(Kirchspiel Fol ge dal genannt) begraben habe, in welchem
die Geistlichen sowohl als das Volk durch Gottlosigkeit sich
diese Strafe des Himmels zugezogen hätten. Es sey nähm-
lich deshalb eine solche Menge von Schnee gefallen, dafs
das grofse Thal das sie bewohnten, bis an die Berggipfel
damit angefüllt worden sey. Pontoppidan 3) gedenkt dieses
Vorfalls. Professor Smith hat aus historischen und physi-
1) Gilbert's Annalen B. 41 (N. F. 11) S. 22.
2) Naumann in Leonhard's Taschenbuch Jahrg. 17, S. 163.
3) Natürl. Historie v. Norwegen Th. 1. S. 56.
calischen Gründen darzuthun gesucht, dafs das Thal von
dem diese Erzählung umgeht nie habe bewohnt seyn können.
In der Gegend selbst aber glaubt man die Wahrheit
der Sage damit zu beweisen, dafs die Ströme die aus dem
Gletscher kommen oft Stücke von Handmühlen, Zimmerholz
mit der Axt behauen, alte Kästen, Fässer und anderes
Hausgeräthe herab bringen. Das jährliche Zunehmen dieses
Gletschers sucht man auch durch folgenden Umstand
wahrscheinlich zu machen. Ein alter Bauer erzählte dem
Decan Hetzbetg: entweder in seiner, des Bauern, oder
seines Vaters Kindheit habe man über den zwischen dem
Gletscher und dem Hause des Bauern liegenden Bergen nur
den Rand des Gletschers vorblicken gesehen, jetzt aber sehe
man ein grofses Stück des letztem1). Diese Wirkung
kann übrigens ebensowohl durch Erhöhung des Gletschers
als durch Niedrigerwerden der demselben vorliegenden Berge
hervorgebracht worden seyn.
Herr Kasthofer2) zählt eine Menge von Beispielen
aus dem letzten Jahrhunderte auf, sowohl vom Vorrücken
als vom Zurückgehen verschiedener Gletscher in den Alpen.
Seine Ansicht im Allgemeinen davon ist: dafs das Wachsen
der Gletscher und Eismassen durch die Erweiterung der
Becken die sie ausfüllen, und durch Zerstörung der diese
in mehrere Abtheilungen scheidenden felsigen Zwischenwände
entstehe; und dafs sie in der Wirklichkeit nur in Folge
schneereicher Jahre und darauf folgender heifsen Sommer
wachsen, daher ihre Bewegung nothwendigerweise un-
regelmäfsig erfolgen müsse. Er sagt: es sey kein Beweis
vorhanden daTs die Gletschermassen auf den hohen Alpen
seit Jahrtausenden sich absolut vermehrt hätten; aber es
1) Hans t ee n in Edinburgh philosoph. Journal Vol. 10. p. 213.
2) Dessen Preisschrift in Zschokke Ueberlieferungen 1820. S. 505 f.
u. 574.