geschienenen Maasregeln so nahe als m ö g l i c h der
Mitte der Strafse zu treffen gesucht. Also befand er sich
wirklich nicht nur nicht in der Mitte der Strafse selbst,
sondern nicht einmal ganz nahe bei derselben. Dort würde ihn
gewifs der bekannte Oststrom vom Lande abgebracht haben,
ohne dafs er Ursache gehabt hätte den untern angeblichen
Gegenstrom zu fürchten. Da aber der grofse Oststrom
erst ungefähr eine englische Meile südlich vom Felsen von
Gibraltar vorbeiläuft, so ergiebt sich auch daraus, dafs der
Esmerald noch weit von der Mitte der Strafse entfernt gewesen
seyn mufs, als ihn der Unfall traf. — 7. Bei diesen
Umständen wird es wahrscheinlich dafs der Esmerald
in diejenige, damals ohne Zweifel durch den Ostwind
lebhafter als gewöhnlich gewordene Strömung gerathen ist,
die bekanntermaasen im Mittelländischen Meere längs den
Europäischen Küsten von Ost nach West geht, so Wie sie
hingegen längs der Africanischen Küste der umgekehrten
Richtung folgt. — Der dem Esmerald begegnete Vorfall
kann daher noch weit weniger als der vom J. 1112 für das
Daseyn eines untern Gegenstromes in der Strafse von
Gibraltar angeführt werden.
Der Genueser Antonio Rosst, ein, wie seine Beobachtungen
darthun, mit der Natur des Meeres, besonders des
Mittelländischen vertrauter Physiker, zweifelt noch im
J. 1823 *) an dem Daseyn des untern Gegenstromes in der
Strafse, und führt zu Begründung seines Zweifels folgende
Worte eines andern geschätzten Physikers an 1 2) „ Voglioni
,, altri, che due siano le correnti fra i Capi Spartel e
„ Trafalgar, una superficiale d’ingresso, Valtra d’uscita
„ c qualche profondita. Riguardo alla questa ipotesi,
1 ) l e Bar. de Zach. Correspond, astron. Vol. 8. S. 129 f.
2) * B i a n c h i Osservazioni sul clima, sul territorio, e sulle acquc
della Liguria marittima.
,,sarebbero necessario delle accertate prove sul luogo,
„ essendo d’oscuro intelligenza il concepire in un sol
„ volume difluido due strati se moventi in senso perfetta-
„ mente contrario, come se fossero. due gran piani spinti
„ ciascheduno da opposta forze.” Man sieht hieraus, dafs
diesen beiden Physikern ebenfalls keine Wahrnehmungen
bekannt waren, die das Daseyn des angenommenen untern
Gegenstromes genügend beglaubigen.
Auf das Factische kommt aber hier Alles an; dieses
mufs vorerst untersucht und bestätigt seyn ehe man nöthig
hat eine Erklärung dazu aufzusuchen. Ist eine Thatsache
aufser Zweifel, so kann es keinem Zweifel unterworfen seyn
dafs es eine Erklärung dafür geben mufs. Dafs Bewegungen
des in einem und demselben Becken befindlichen Wassers
nach verschiedenen Richtungen wirklich statt finden,
und daher möglich sind, ist unbezweifelte Thatsache. Es
scheint auch möglich zu seyn, dafs nicht blofs neben einander
liegende sondern auch über einander liegende Theile Einer
und derselben Wassermasse sich zu gleicher Zeit in verschiedenen
, ja entgegengesetzten Richtungen bewegen
können. Solche Bewegungen nebeneinander liegender Wasserflächen
sind in Gewässern jeder Art wahrzunehmen,
und dafs Bewegung des untern Wassers in anderer Richtung
als des obern möglich ist, scheint wenigstens durch Beobachtungen
im Sunde dargethan zu seyn. Daher mufs
man allerdings die Vergleichung die Bianchi macht um die
Annahme unterer Gegenströme im Al lgemeinen ins
Lächerliche zu ziehen, für etwas zu grell hingestellt halten,
und was er sagt hat für uns nur insofern Werth, als
man daraus sieht, dafs er den untern Strom in der Strafse
nicht für eine ausgemachte Thatsache hält.
Unser Zweifel an der Richtigkeit derselben wird
— aufser durch den Mangel genügender Beweise dafür —
noch besonders durch die örtliche Beschaffenheit und Ge