Steinbruche gelegen hat, darüber waltet Ungewifsheit, und
man erfährt nicht, ob es in festem Steine oder nur in einer
Kluft gelegen hat. Hierauf aber kömmt viel an, denn in
eine Kluft kann das Gefäfs lange nach Bildung der Steinmassen
gefallen seyn.
Man hat behauptet, dafs in den Marmorbrüchen von Car r
a r a Werkzeuge der Steinbrecher im festen Marmor eingeschlossen
gefunden worden seyen. Spallanzani aber, der
sich an Ort und Stelle von der Sache genau zu unterrichten
gesucht hat, versichert, dafs sie sich nicht so verhalte; sondern
dafs in alten Spalten des Marmors sich oft Tropfstein
bilde, und dafs wahrscheinlicher Weise in diesem dergleichen
Werkzeuge eingewickeltvorgekommenseynmöchten 1).
Die Bildung von Tropfstein durch kalkhaltige Quellen
und auch durch fliefsendes mit Kalktheilen durchdrungenes
Wasser bringt allerdings manche Veränderungen der Oberflächen
- Gestalt hervor, und zwar hie und da in ziemlich
grofsem Maasstabe. Einiger dieser Art, die an Meeresküsten
sogar zum Anwachsen des Landes beitragen, haben wir
oben gedacht1 2). Aber auch auf dem trocknen Lande finden
sich grofse Beispiele davon.
Der Bach der bei Päs t um vorüberfliefst, setzt so viele
Steintheile ab, dafs sich dadurch hinter den Mauern der
alten Stadt immerfort ganze feste Lagen bilden. Man glaubt
sogar, dafs dort ebenfalls ein Vorrücken des Landes durch
diese neue Steinbildung bewirkt worden sey, und dafs die
alte Stadt — deren Trümmer 500 Yards vom Ufer entfernt
liegen — vormals dicht am Meere gelegen habe. Einige
sind daher auf den sonderbaren Gedanken gekommen, dafs
die aus diesem neuen Kalksteine bestehenden Säulen unter
1) * Memorie di matematica e fisica della Soc. Italiana. T. 2. p.
861. daraus in Sammlungen zur Physik und Naturg. B. 4.
S. 512 f.
2) Th. 1. S. 43, 256. u. 279.
jenen Ruinen, nicht aus dem Steine gehauen, sondern in
Formen gegossen worden seyen, ungefähr wie die Abgüsse
die man in den Bädern von S. Fi l i p p o verfertigt.1).
Wie mächtig die neue Steinbildung bei T i v o li vorschreitet
ist bekannt, und ein auffallendes Beispiel dafür ist
der deutliche Abdruck eines sehr vollkommen gearbeiteten
Wagenrades im dortigen Travertin, den man dreifsig Fufs
unter der jetzigen Oberfläche sieht. Von dem Stoffe aus
dem das Rad verfertigt war ist Nichts geblieben, aber der
Abdruck ist überaus scharf.
Räthseöiafter erscheint eine bei B a s e 1 gemachte Wahrnehmung
ähnlicher Art. Dort findet man eine Art von Nagelfluh
oder Conglomérat, bestehend aus Geschieben die
durch kalkartigen Kitt verbunden sind. Dieses Bindemittel
ist so fest, dafs beim Zerschlagen der ganzen Masse oft die
Geschiebe selbst zerbrechen statt sich von dem Kitte abzulösen.
Die sehr neue Entstehung dieser Nagelfluh sucht man
dadurch zu beweisen, dafs an den Mauern des am Rhei n
stehenden Th oma s t h u r mes Stücke dieser festen Nagelfluh
aussen ansitzen. Die Mauern aber sind entweder erst
zu Ende des vierzehentert Jahrhunderts, oder höchstens
zweihundert Jahre früher erbaut worden.
Zu den verdächtigen Wahrnehmungen möchte auch zu
rechnen seyn, dafs in dem Conglomerate des Felsen von
Gi b r al t a r unter Kings Lines, tief unter der Oberfläche
der untere Theil einer ungewöhnlich gestalteten Flasche
von dickem dunkelgrünem Glase gefunden worden seyn
soll2). — Indessen giebt es noch andere Andeutungen Für
die sehr junge Bildung des an mehreren Puncten der Nordküsten
des Mittelländischen Meeres sich findenden Conglo-
1) G o e th e im Leken H a c k e r t ’’ s.. S. 60.
2) Im r i e ’ s Mineralogical description of the Mountain of Gi
braltar in Transact, of the Roy. Soc. of Edinburgh. 1798.