des menschlichen Geschlechtes in Beziehung auf jene Theorie
gleichsam aufgedrungen haben. Sollte nicht in der allerältesten
nicht durch Ueberlieferung enthüllten, nur ge-
muthmaasten Menschengeschichte ein Fingerzeig zu finden
seyn für Veränderung der Luftbeschaffenheit der Gegenden
um die Pole, und mit dieser zugleich für Veränderung
in der Gestalt der Oberfläche in diesen Gegenden?
Der Ueberbleibsel südlicher Thiergeschlechter die mau
im Eise Sibiriens findet, wollen wir nicht einmal gedenken;
aber wohe r und wie kam de r Mensch nach
Gr ö n l an d und an die f ü r c h t e r l i c h e n Uf er des
E i sme e r s ? Leider scheint es kaum möglich mit den
Untersuchungen über die Abstammung und Wanderung
der Völker bis zu der Frage vor- 0|der zurück zu dringen:
ob nicht die Bevölkerung der Erde von Nord gegen
Süd, vom Nordpole nach dem Aequator vorgeschritten
ist? Und ob die Völker welche jetzt die beeisten Einöden
Grönlands, Nordamericas und Sibiriens bewohnen
nicht vielleicht die Urstämme sind von den Bewohnern
von China, Indien, Mexico und Peru, die man selbst für
die Urstämme der übrigen Völker der Erde zu halten
nur zu geneigt ist. Es ist doch in der That mehr glaubhaft,
dafs das Menschengeschlecht sich allmählich nach
den Theilen der Erde hingezogen und über dieselben mehr
und mehr verbreitet hat, die sich eines milden, glücklichen
Himmels erfreuen; als dafs es diese glücklichen,
fruchtbaren, zum Theil in ewigem Frühling blühenden
Erdstriche verlassen haben sollte um sich neue Wohnsitze
zu suchen in schrecklichen vereiseten Gegenden,
von denen ein ewiger Winter jeden fremden Ankömmling
sogleich zurückschrecken mufs. Dringt sich nicht fast
von selbst die Vermuthung auf, dafs die dünn gesäeten
verkümmerten Menschenstämme die man jetzt in den Polargegenden
findet, nur Ueberbleibsel alter, grofser und
kräftiger Völker sind, welche diese Gegenden bewohnten
als sie noch warm und fruchtbar waren? — traurige
Ueberbleibsel und Nachkommen von denen die, als ihre
Landsleute allmählich oder plötzlich sich in bessere Kli-
mate zogen, nicht mit auswandern wollten oder konnten;
und welche während einer langen Reihe von Menschenaltern,
einer langen Folge von Geschlechtern, den Katastrophen
die ihre Wolmplätze trafen, oder den klimatischen
Veränderungen die mit denselben vorgiengen, zwar
nicht unterlagen, aber durch die Wirkungen derselben auf
Geist und Körper allmählich ausarteten, herabkamen, keine
Erinnerung und Ueberlieferung besserer Zustände bewahrten,
und endlich in den letzten Geschlechtsfolgen gewohnt
wurden ihr trauriges Seyn nicht nur zu tragen, sondern
demselben sogar Genüsse abzugewinnen. Wir haben schon
oben *) angeführt dafs Bailly einen ähnlichen Gedanken
hatte.
Dieser Ansicht würde Buffon’s Theorie vom allmählichen
Erkalten der Erdoberfläche von den Polen aus nach
dem Aequator hin, auf welche noch so manche andere
Erscheinungen deuten, allerdings das Wort reden. Aus
dieser Theorie würde ganz natürlich folgen dafs in der
Zeit, in welcher die innere Temperatur der Erde genügte
die Polargegenden warm und fruchtbar zu erhalten, die
Aequatorialgegenden wegen der Hitze durchaus unbewohnbar
seyn mufsten, und dafs die Bewohnbarkeit der Erde
nur an den Polen ihren Anfang nehmen konnte, von wo
aus es den oi’ganischen Wesen vergönnt war, sich bei zunehmender
Abkühlung der Oberfläche allmählich über ihre
übrigen Theile- zu verbreiten. So würde dann die Wiege 1
1) Tb. 1. S. lTl u. 172.
Vei'änd. d. Erdoberil. Bd. III. L