Diese Meinung wurde allmählich von den meisten Erdbeschreibern
angenommen, und man fand sie um so weniger
verwerflich oder nur zweifelhaft, als sie selbst von Nordischen
Gelehrten als eine ausgemachte Sache betrachtet wurde.
Die Erzählungen der Zeni und Maldohado’s von ihren
Fahrten in den Nordischen Meeren bestärkten in dieser
Ansicht so lange als man diesen Fabeln noch Glauben schenkte
um so mehr, als spätere Seefahrer sich durch die Eismassen
gehindert fanden den erdichteten Spuren jener angeblichen
Entdecker zu folgen. Pontoppidan l) sagt: dafs, zufolge
der Berichte der Wallfischjäger, das Eis an den Küsten
von Grönl and und S p i t z b e r gen sichtbarzunehme, und
der Zugang zu den Küsten und Häven dieser Länder immer
schwieriger werde, und dafs diese Aussagen auf dreifsig-
jährigen Wahrnehmungen beruheten. Nach einer Nachricht
des P a u lE g e d e , eines Geistlichen der bei den im
achtzehenten Jahrhunderte aufs neue errichteten Niederlassungen
in Grönland wirksam gewesen war, erwähnt jener
Schriftsteller ferner, dafs an der Grönländischen Küste das
Eis nicht nur in der Höhe sondern auch in der Breite beträchtlich
zunehme.
Der Russische Admiral Tschitschagoff (1766) behauptet
ebenfalls die Vermehrung des Eises in dem Nordmeere 2).
Er sagt: dafs man sechszig Jahre früher an der Ostseite
von Spi t z be r g en noch gewöhnlich gefischt habe; dafs
aber diese Seite wegen des dort angehäuften Eises völlig
unzugänglich geworden sey. Dieser Seefahrer bemüht sich
sogar zu beweisen, dafs die an S p i t z b e r g e n u. s. w. sich
bildenden Eisberge aus natürlichen Ursachen nothwendiff
immerfort zunehmen müfsten. Seine Gründe für diese Ansicht
sind indessen nicht so folgerecht, dafs man ihr unbedingt
beitreten könnte.
1) Neuigkeit der Welt teutsche Uebers. T. 1. S. 127. (1755).
2) Pallas Neueste nordische Beiträge Th. 1. S. 92.
Erst in dem letzten Drittel des verflossenen Jahrhunderts
ist die eingewurzelte Meinung vom Zunehmen des
Eises vor der Ostküste von Grönland erschüttert worden.
Die damals, oder kurz zuvor von den Dänen angelegten
neuen Niederlassungen an der Wests e i t e von Gr ö n l
and, und zwar an dem südlichsten Theile derselben, haben
Anlafs zu näherer Untersuchung dieses Theils des un-
wirthbarsten Landes der Erde, das man je einer Niederlassung
gewürdigt hat, gegeben. Man hat daselbst eine
grofse Menge von Trümmern regelmäfsig angelegter und
zum Theil grofser Gebäude gefunden, die gar keinen Zweifel
daran erlauben, dafs diese Gegend selbst diejenige ist,
in welcher die alten Norwegischen Pflanzorte und die vielen
Kirchen gestanden haben, deren die alten Nachrichten
gedenken. Von einer Nachkommenschaft der ehemaligen
Europäischen Bewohner dieser Gegend hat man aber nicht
die mindeste Spur entdecken können; nur Eskimos durchziehen
das Land.
Man hat daher hinreichenden Grund, — und erhält
solchen ganz vorzüglich durch die überaus schätzenswer-
then Entwickelungen des Herrn Heinrich Peter von Eggers
1 2 1) —, anzunehmen, dafs auf der Os t s e i t e von Grönland
niemals Europäische Niederlassungen bestanden, sondern
dafs diese sämmtlich sich auf der westlichen, und
Zwar am südlichen Ende derselben, in dem jetzt J u l i a n a
Haäb genannten Striche, befunden haben, welcher allerdings
weiter (mehrere Grade) gegen Osten liegt, als der
nördlichere Theil derselben Westküste — Ho l s t e nHa a b
ä_und daher wohl, jedoch nur im Gegensätze von diesem,
das östliche Grönland genannt werden konnte. Man kann
1) Ueber die wahre Lage des alten Ost - Grünlandes. Dänisch in
den Preifsschriften der Landhaushaltungs-Gesellschaft zu Kopenhagen.
Bd. 4. — teutsch Kiel 1794. 8. m. 2 Charten.