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Schluss.
Meeresboden, das Auswaschen der Thäler u. s. w. Oder
sie ereignen sich plötzlich, wie die von außerordentlichen
Fluthen verursachten Durchbrüche, die Berg- und Erdfälle,
die durch vulcanische Ausbrüche bewirkten Ueberschüttun-
gen, das Einsinken und Erheben des Bodens durch Erdbeben.
Aber bei der einen sowohl als bei der andern Art, so
auffallend auch diese gegen jene erscheint, wirken immer
dieselben Kräfte, die wir als die Triebfedern aller Erscheinungen
in der ganzen Natur erkennen.
Lassen wir diese Erscheinungen beider Arten in Beziehung
auf die uns bekannten Naturkräfte, die wir als die Ursachen
derselben betrachten dürfen, uns zu Wegweisern dienen
in dem Gebiete der Geschichte der Erdoberfläche, und
zwar so , dafs wir unsere Forschung darüber bei den Erscheinungen
der neuestem Zeit und ihren Wirkungen auf die
Gestalt der Erdoberfläche beginnen, und von da den Weg
Schritt vor Schritt der Vorzeit entgegen verfolgen; so werden
wir ungefähr zu folgenden bald mehr bald weniger sicher
begründeten Ergebnissen geführt werden.
Die Umrisse der Länder, d. i. die Gestalt ihrer Meeresufer,
verändern sich unter unseren Augen, und dieüeber-
lieferung berichtet uns aus allen Zeiten Veränderungen die
mit denselben vorgegangen sind. Hervorragungen sind verschwunden
, Busen sind entstanden, zusammenhängende
Theile des Landes sind durch Arme des Meeres getrennt,
getrennt gewesene sind durch Landansatz verbunden worden.
Inseln sind entstanden und verschwunden, Flüsse haben
ihren Lauf geändert, Thäler und Seen sind verschüttet
worden. Da dieses immer geschieht und während einiger
tausend Jahre geschehen ist, so darf man mit Zuversicht
behaupten, dafs die Länder und Inseln der Vorzeit
eine von der heutigen mehr oder weniger verschiedene Gestalt
gehabt haben müssen.
Folgen wir auf den von uns aus diesem Gesichtspuncte
näher erforschten Theilen der Erdoberfläche den Spuren
dieser Veränderungen auch bis zu solchen Puncten, von deren
früherer Beschaffenheit zwar die Ueberlieferung Nichts
berichtet, an denen wir aber unwiderlegliche Beweise davon
erkennen, dafs dieselben Ursachen, die wir selbst Veränderungen
von ähnlichem oder gleichem Erfolge hervorbringen
gesehen haben, dasselbe, und zwar auf ganz gleiche
Weise, an Puncten über welche uns keine Ueberlieferung
Aufschluß giebt, bewirkt haben; und dafs das, was wir
selbst davon noch wahrnehmen, nur die Fortsetzung des
frühem dort statt gefundenen Anfanges ist; so können wir
wenigstens Andeutungen für die Gestalt der Umrisse herausfinden,
welche die Länder und Inseln in dem Zeitpunc-
te des Anfanges der von uns für neu erkannten Bildungen
gehabt haben. Einige Beispiele werden diesen Satz erläutern.
Die Ueberlieferung berichtet uns, wie viel in dem Laufe
einer gewissen Zahl von Jahrhunderten der Ansatz neuen
Landes um die Mündungen des Ni l , wie viel die Erhöhung
des Bodens in dem Thale dieses Stromes betragen hat.
Nun finden wir, dafs der von Sand oder Schlamm gebildete
Theil des Nilthaies sich tiefer in das Land hinein und weit
über den Punct hinaus erstreckt, den die älteste Ueberlieferung
als den äufsersten gekannt hat. Wir dürfen daher
ohne Verwegenheit schliefsen, dafs die neue Bildung, von
der die Geschichte Bericht giebt, nur die jüngste Fortsetzung
eines in weit früherer Zeit angefangenen und ununterbrochen
fortgeschrittenen Herganges ist. Wir verfolgen die
unverkennbaren Spuren desselben landeinwärts, und finden
in den Felswänden die das von einem flachen Schlammboden
bedeckte Thal des Nils einschliefsen, die Ufer eines
uralten Meerbusens, in welchem sich im langen Laufe der
Zeit das fruchtbare Unterägypten vom Grunde des Meeres
bis über seine Oberfläche erhoben hat. Diese Geschichte
des Landes ist nicht kecke Muthmafsung, sondern sie
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