b. Wachsende
Selbstständigkeit
des Embryo
ist das wesentlichste
Resultat.
gehen *), und ich habe schon in der Erzählung der Entwickelungsgeschichte des
Hühnchens (§. 1. t.) darauf aufmerksam gemacht, wie verschieden der Primitivstreifen
sich gestaltet. Da die Bildung noch auf einer so niedrigen Stufe der Entwickelung
steht, dafs man fiicht viel mehp als Erhebungen und Kügelchen sieht,
so erscheinen eben deshalb die Unterschiede um so gröfser, und man kann kaum
begreifen diese Verschiedenheiten zur dëtósélbén 'Restiltète führen und wie
nicht neben vollkommnen Hühnern zahllose Krüppel entstehen. Da aber die Zahl
der Krüppel unter den altern Embryonen und erwachsenen Hühnern nur sehr gering
ist, so muls man zurück schliefsen, dafs'die Verschiedenheiten ausgeglichen
werden* und; jede Abweichung,!so viel möglich;:izur Norm zürückgeführt wird.
Daraus ist aber.ersichtlich; dafs nicht der. jedesmalige Zustand ganz allein und
nach allen, seinen Einzelheiten den zukünftigen bestimmt, Sondern allgemeinere
und höhere Verhältnisse ihn beherrschen. So kann ,, glaube ich , die Naturforschung,
der man so gern den Vorwurf macht, dafs sie materialistische Ansichten
begünstige und nähre, aus der. Beobachtung selbst die streng! materialistische Lehre
widerlegen und den Beweis führen, dafs nicht dieMaterie,1 wie sie grade angeordnet
ist, sondern die Wesenheit, (die Idee nach der neuen Schule) der zeugenden
'1'hierform die Entwickelung der Frucht beherrscht.
. Deswegen ist auch das wesentlichste Resultat der Entwickelung, wenn wir
sie im Ganzen übersehen, die zunehmende Selbstständigkeit des werdendenThiers.
Wir,'haben schon in der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens die verschiedenen
Stufen derselben mit besondem Namen belegt, und es wird hinlänglich seyn,
sie hier nach einander zu überblicken, um den Fortgang anschaulicher zu machen.
Der Embryo ist anfangs nur eine Wucherung des Keimes , also ein Theil
desselben, ja, so gar ein Theil ohne bestimmte Grenze. Später, erst, finden wir
eine Abgrenzung vom übrigen Keime, oder dpr Keimhaut, aber er stèht zu dieser
noch in einem,sehr untergeordneten Verhältnisse, von ihr sein Blut zur Ernährung
erhaltend. Beide bilden ein zusammengehöriges Ganze. > Kaum hat jedoch
der Embryo,seine Grenze gefunden, so fängt er an sich noch mehr, zu scheiden.
Einen Theil des Keimes wandelt er in einen Leib um (Rücken-, Bauch-,
Gekrös- und Darmplatten),,' durch Abschnürung vom übrigen Keime. Mit einem
*) Ich habe in der Abhandlung über die Entwickelungsgeschichte des Hühnchens (j. 1. I.) berichtet,
dafs ich zuweilen, die Rückenplatten ohne die Wirbelsaite gesehen habet Jetzt habeich
dagegen in einem £riinitivstreifen noch ohne Spur von Rückenplatten eine vollständige Wir-
belsaite beobachtet. r
andern Theile umhüllt er sich. (Amnion); Was! früher Theil war,, will ein Selbstständiges
werden, bedarf aber noch der: Keimhaut und hört nicht auf, mit ihr
ein Ganzes zu bilden. Endlich wird seine .Herrschaft über die Keimhaut entschieden1
und er nimmt sie mit dem ganzen; Dotter als Theil in sich auf., Keimhaut und
Embryo sind also vom Anfangs au lein,.Ganzes, welches ,sich im Vogel nie trennt,
mit Ausnahme eines Theilpsivom serösen.Blatte. Nur die übrigen Eitheile werden
beim Auskriechen als unnütz! verlassen. Da der Embryo sie nicht; in sich aufnehmen
kann, so sondert er sich von ihnen und zeigt hierin den letzten Grad seiner
Wachsenden Selbstständigkeit. ' Jetzt steht er,.nur noch im Verkehr mit der
gesammlcai Natur, welche früher nur durch, das -M auf ihn wirkte. .
I ,Wio der Embryo vom Anfänge an .sehr , grofs is t,, irt der Dpttepsack so früh
ein Theil von ihm, dafs er zur Ausbildung, seiner Selbstständigkeit; keiner, vorhergehenden
Abschnürung bedarf; So im Frosche. Ein geringer Grad vonAbschnü-
rung, auf welche bald eine Beherrschung folgt, scheint in den Knochenfischen.
Anders ist es' im Säugthier - Embryo. In diesem * .der die Anlagp zur höchsten
Ausbildung in sich trägt, geht die, Abschnürung Und die Einhüllung rascher vor
sich, als im Hühnchen. Sie geht auch weiter. .Hier ist es nicht blofs das obere
Blatt der Keimhaut, welches das Amnion bildet, isondern.auch die untere Lage,
die im Huhne, btei der Bildung der Köpf kappe, man möchte sagen, nur die Miene
macht, den Köpf zu umhüllen, und bald niedersinkt. In Eiern von Hunden sah
ich eine Falte der Keimhaut, mit allen Blättern wie eine Kaputze bis au die Mitte
des Rückens über den Kopf gezogen, so dafs die vordere Hälfte des Embryo wirklich
iu demDarmsacke lag, obgleich nicht frei. Eben so wie die Einhüllung, geht
auch die Abschnürung weiter und ist rascher. Sie zieht sich zu einem Strange
aus (Nabelschnur) , als: ob'der* Embryo die Keimhaut flöhe. Merkwürdig ist es
gewifs, dafs die Nabelschnur des Menschen so viel länger ist, als in irgend, einem
andern Säugethiere, und da für die ansehnlichere Länge, kaum ein Zweck sich nach-
weisen läfst,; so finden wir hierin um so mehr einen Beweis, dafs die Länge derselben
nur der Ausdruck eines höbern Verhältnisses seyn mufs, der früher aufblühenden
Selbstständigkeit des Embryo nämlich. Die lange fortgehende Abschnürung
der Säugethiere ist aber auch der Grund, dafs, wenn der Embryo den
gehörigen Grad von Selbstständigkeit erhalten hat, er den weit von ihm getrennten
Döttersack nicht mehr in sich aufnehmen kann.
Das Beispiel, der Säugethiere , in welchen der Darmsack nicht in den Leib
eiu„eht, darf uns wohl nicht abhalten, Embryo und Keimhaut als ein Ganzes zu
betrachten, und den Keim selbst für das unausgebildete Thier anzusehen. Dazu
kommt noch, dafs der Keim von dem Augenblicke an, wo die Entwickelung bec.
Der Anfang
der
Selbstständigkeit
wird
durch dieEe-
fruchtung
gesetzt.