Die Zunahme der Hirnmasse findet sich im ganzen Umfange dieses Thei-
Ies, schreitet aber doch von der Centrallinie nach der Schlufslinie fort. Darauf
beruht auch die oben besprochene Bildung des Hirnschenkels, der nur dem untern
Strange der gesammten Nervenröhre entspricht. Dieser Hirnschenkel
nimmt fortwährend an Masse zu. Ueber ihm bildet sich, mehrere Tage später,
auch ein verdickter Strang aus, aber nur in den hintern Theilen des Hirnes, im
Nachhirne, Hinferhirne bis zum Mittelhirne. Dieser Strang ist der sogenannte
Schenkel des kleinen Hirnes. Doch reicht er nirgends bis in die Decke des Hirnes.
Die Decke bleibt vielmehr blattförmig und sie legt sich in einzelnen Gegenden
in der spätem Zeit, wenn der verhärtete Schädel ihrer Ausdehnung Schranken
setzt, in Falten, die äufserlieh angesehen Hirnwindungen genannt werden.
Solche Windungen sind vorübergehend im Mittelhirne, bleibend im Hinterhirne
*). — Das Vorderhirn erhält im Vogel nur wenige sehr seichte Faltungen.
Durch die Zunahme der Hirnmasse wird die gesammte innere Höhlung in
allen einzelnen Abtheilungen verengt.
Die Hirnganglien sind nach innen gerichtete Wucherungen der Hirnmasse.
Schon am 4ten oder Sten Tage erscheinen die Streifenhügel **) als Ganglien des Vorderhirnes
, bald darauf die Sehhügel als Ganglien des Zwischenhirnes ***), viel
später Ganglien im Mittelhirne, welche bald mit der Hirnwand verschmelzen und
nicht deutlich hervorragen. Sie bilden den Markkern der Vierhügel f). Noch
weniger vorragend sind die Ganglien des Hinterhirnes. Am stärksten wachsen
die vordersten Ganglien,- so dafs sie die Höhlung des Vorderhirnes fast ganz einnehmen.
Auch die Sehhügel erheben sich so sehr, dafs allmählig die blattförmige
Ausbreitung des Zwischenhirnes immer unkenntlicher wird. Zum Theil
Wenigstens legt sich auch die Wand mehr an die Ganglien an, wodurch das Zwischenhirn
zuletzt ganz das Ansehen einer Zelle verliert und man nur zwei Anschwellungen
und eine Spalte zwischen ihnen sieht.
Bis zum siebenten Tage habe ich keine deutliche Faserung im Hirne zu
erkennen vermocht. Allmählig entwickelt sich diese in den Hirnschenkeln, in
den Commissuren, in den blattförmigen Ausbreitungen, die im Allgemeinen von
den Schenkeln aus nach der Schlufslinie zu sich fasern. Man würde sich durchaus
irren, wenn man annähme, dafs eine Faser aus der andern hervorwächst,
oder wenn man glaubte, dafs die Faserung die Richtung, in welcher sich die
1 P Hirns-
_ *) Theil I. S. 102. 121.
**) Theil I. S. 86. 104,
***) Theit I. S. 105.
f ) Theil I. S. 121.
113
Hirntheile auseinander entwickelt haben, nachwiese. Näher scheint die Faserung
mit dem Form-Verhältnissen als mieden Entwickelungsverhältnissen znsam-
menzuhängen. So wird jeder Hirntheil, der sich wulstförmig erhebt, in derLän-
genriohtung dieses Wulstes gefasert, er mag übrigens eine Queerrichtung oder
eine Längenrichtung in Bezug auf das ganze Hirn haben.
Drei Sinnesorgane, wenigstens die Organe des Gesichts, des Gehörs und
des-Geruchs werden gebildet, indem Theile der Nervenröhre und zwar aus dem
vordern Abschnitte derselben, dem Hirne, sich nach aufsen hervorstülpen und
andere Bildungen von aufsen ihnen entgegenkommen.
Das Auge bildet sich am frühesten. Schon am zweiten Tage entwickelt,
sich das Zwischenhirn nach aufsen in Form zweier Hügel. Diese Hügel drängen
nach beiden Seiten gegen die äufsere Fläche des Embryo an und erscheinen
von hieraus angesehen als helle Kreise von einem dunkleren Saume umgeben.
Der dunkle Saum ist die von einem Nervenblatte gebildete Auskleidung dieser
Hervorstülpung *). Bald wird die Verbindung mit der Zelle des Zwischenhirnes
enger und man unterscheidet jetzt eine nach aufsen gelegene. Blasé und einen ver-
engten Kanal von ihr bis zum zweiten Hirnbläschen oder Zwischetthirne. Dieser
Kanal ist der noch hohle Sehnerve. Man kann nicht sagen, dafs der Sehnerv
aus dem Sehhügel käme, denn es zeigt sich noch gar kein Sehhügel. Noch we.-
niger aber läfst sich ein unmittelbarerer Zusammenhang mit dem zukünftigen
ViOrhügeln oder dem Mittelhirne nachweisen, welches bedeutend hinter der Ursprungsstelle
des Sehnerven liegt, so dafs ein Zusammenhang nur durch differente
Theile bewirkt wird: Vielmehr scheint sich das innere Ende der Röhre des Sehnerven
ganz gleichmäfsig nach allen Seiten in die untere Hälfte des Zwischenhirnes
auszudehnen und zwar in die Wand seiner Seite. Man sieht nämlich auf dem
Boden der innern Fläche des Zwischenhirnes zwei Löcher , welche zuvörderst
nah an einander liegen und von denen jedes in den Sehnerven seiner Seite
führt**). Bald rücken beide Oeffnungen noch näher zusammen, bis sie zu einer
einzigen verschmelzen. Endlich füllt sich auch diese aus und wir haben nun eine
völlige Vereinigung beider Sehnerven. Da in diesen bald eine Faserung deutlich
*) T h e il I. 'S .^ 4 . 80. H u s c h k e h a t gegen diese D a rste llu n g Zweifel erh o b en . D a ich mich von
d e r seinigen n o ch n ic h t überzeugen konntp , die B e a n tw o rtu n g d e r Zweifel abey n u r s e h r au sfü
h r lic h seyn k a n n , so mufs ic h sie a u f eine an d e re G e leg en h e it versparen.
**) T h e il I. S. 80. 65. 76, Es sch e in t m ir n ic h t ü b e rflü fsig , h ie r zu b em e rk e n , wie wenig die
Entwicke lungsge schichte d a fü r s p r ic h t, dafs das M itte lh irn vorhe rrschendes o der g a r alleiniges
Gentralorgan fü r den Gesichtssinn sey. In k e in e r T h ierk la sse ist d e r Uebergang d e r F a se rn des
S ehnerven in das M itte lh irn oder den Vierhügel so deu tlich qls in ausgebildeten V ö g e ln , und
doch g eb t auch b ei diesen T h ie ren in frü h e s te r Z e it d e r Sehnerve in das Zwischenhirn über,
T I , p
n. Sinnes*
organe.
o. Auge.