zu werden, doch scheint dieses sehr allmählig zu geschehen, so, als ob sich das
Blut seine Bahn ausgraben müfste, weil man eine Zeitlang die Aorta nicht erkennt
und noch weniger Verästelungen *).
Noch ehe der vierte Gefafsbogen gebildet ist, was am Anfänge des dritten
Tages erfolgt, ist die Aorta schon ganz ansehnlich und spaltet sich in der Mitte
vom offenen Theile des Embryo in zwei Hauptäste **);, von denen jeder wieder
einen starkem Ast in rechtem Winkel in die Keimhaut abgiebt (die künftige Dot-
tersackschlagader) , der sich dort netzförmig vertheilt und einen schwächern im
obern Winkel der Gekrösplatten ***) bis in das hintere Ende schickt.
Während sich so die arteriöse Hälfte des Kreislaufes ausbildet, ist die venöse
auch weite? vorgeschritten. In der ganzen Keimhaut mehren sich, so weit die
Gefafsschicht reicht, die venösen Strömungen und sie vereinigen sich in zwei
Hauptstämme. Einer sammelt das Blut aus der hintern Hälfte des Gefäfshofes,
steigt am linken Rande des Embryo hinauf und geht in den linken Schenkel des
Herzkanales über. Ein anderer sammelt das Blut aus dem vordem Theile des
Blutkreises und des Gefäfshofes und geht ebenfalls in den linken Schenkel des Herzens.
Der rechte Schenkel des Herzens bleibt länger dunkel, als der Unke', indessen
empfängt er bald auch von vorn eine Vene, die mit der eben beschriebenen
vordem Vene der linken Seite übereinstimmt, jedoch schwächer ist. Nie
sah ich die rechte vordere Vene ganz so stark, als die linke. Zuweilen geht aber
die rechte Hälfte des Blutkreises fast ganz unmittelbar in diese Vene über und nur
die linke Hälfte in die linke vordere Vene; daun erscheinen beide ohne genaue
Vergleichung fast gleich, und der Beobachter sieht zwei vordere Venen. In die-
T h e il I. S. 84. 35. 53.
»*) Diese Hauptäste der Aorta hatte W o llt für Venen angesehen, daher seine Meinung, dofs
am dritten Tage nur Venen vorhanden wären ein Versehen , das bei einem so anhaltenden
Beobachter schwer tu begreifen ist. Vielleicht findet es seine Erklärung darin, dafs bei schwach-
gewordenem Kreisläufe in dieser Zeit das Blut in den Arterien nach jedem Herzschlage fast eben
so viel zurückfliefst, als es fortgestofsen wurde; vielleicht auch in dem Umstande, dafs bei plötzlicher
Erhitzung der stockende erste Kreislauf des Hühner - Embryo eine ganz umgekehrte Richtung
annehmen kann. Ich habe das Umkehren des Kreislaufes in der ersten Zeit meiner Beobachtungen,
wo ich den Kreislauf dadurch länger zu erhalten suchte, dafs ich auf den in einem
Uhrglase liegenden Embryo mit einem TheelöfFel heifses Wasser.tröpfelte, zweimal gesehen.
Das Umkehren der Bahn war volltsändig und sehr deutlich zu beobachten. Die Bewegung ging
aus den Arterien in das Herz, und aus dem Herzen sah ich das Blut in alle Zweige der vordem
Venen sich verbreiten, und es ging fast zwei Minuten so fort. In beiden Fällen war das angewendete
Wasser zu heifs und plötzlich aufgegossen. In späterer Zeit, wo ich nie wärmeres Wasser
anwendete, als die Brütmaschine giebt und meine Vorkehrungen mehr darauf gerichtet waren,
die Abkühlung des Embryo aufzuhalten, sah ich nie etwas Aehnliches.
***) Doch auch Verwundungen können einen Ruckflufs des Blutes in den Arterien erzeugen, was
häufig genug geschieht.
sein Falle zeigt sich auch die rechte vordere Vene schon am Schlüsse des zweiten
Tages, weshalb sie hier mit erwähnt werden muls. Wenn aber der Blutkreis in
zwei grolsen Bogen sich nur in die linke vordere Vene ergiefst, so wird die rechte
später sichtbar, das Blut aus der rechten vordem Hälfte der Keimhaut sammelnd,
und sie bekommt erst allmählig schwache Zuflüsse aus dem Blutkreise *).
Man ersieht schon aus dieser Darstellung, dafs dié Herzschenkel nichts sind
als Venen, oder wenigstens dazu werden, denn allerdings läfst sich in der ersten
Periode gar keine Grenze zwischen ihnen und dem übrigen Herzen bestimmen.
Es enthält nämlich der Herzkanal der ersten Zeit in der That mehr als das eigentliehe
Herz. Er ist der gemeinschaftliche Centraltheil des gesammten Gefäfssy-
stems und kanalförmig wie die übrigen Gefäfse. Nicht nur sein hinteres, sondern
auch sein vorderes Ende wird zu Gefäfsen., das hintere zu einem Venenstamme,
das vordere erst zu einem, dann zu mehreren Arterien-Stimmen, wie
der Verfolg zeigen wird. Beim Entstehen war der Herzkanal, wie wir bereits
hörten, geschlängelt, seine Gesammtrichtung war aber doch gerade und er la<*
unter dem Hirne, eben so weit nach hinten reichend als dieses. Rasch aber verändert
er seine Lage und Gestalt. Durch die zunehmende Krümmung des Embryo
wird der an der untern Fläche liegende Herzkanal verkürzt, denn seine
Schenkel, die in dem Uebergange der Kopfkappe in dem vordem Eingänge des
Speisekanals liegen **), können nur langsam mit der Verengerung des Nabels zurückweichen,
zugleich aber verengt sich ans eigenem Triebe der vordere Theil
dieses Kanales, während die Mitte sich erweitert. Dadurch nimmt das vordere
Ende mehr den Charakter eines Arterienstammes an, aus dem die vier-Gefäfsbo-
gen abgehen. Der hinter ihm liegende Theil treibt nun die noch nicht verwachsenen
Bauchplatten aus einander und ragt nach rechts hufeisenförmig ausgebogen
und in der Mitte am meisten erweitert, wie ein Bruch hervor, ist aber doch an
der untern Fläche noch von einem häutigen Ueberzuge, der beide Bauch platten
zusammenhält und ein durch die Umschliefsung des Embryo umgewandelter Theil
der Keimhaut ist, bedeckt***). Die Gegend, in welcher das Herz jetzt liegt, ist
Theil I. S. 35.
**) Theil I. S. 38.
***) So ist der zwischen W o lff und H a lle r geführte Streit, ob das Herz in früher Zeit frei hervorrage
oder umschlossen sey, zu schlichtem.- Es ist kein geschlossener Thorax da dieser bildet
sich erst indem die Bauchplatten von den'Seiten und zugleich von vorn nach hinten verwachsen,
und das Herz liegt überdies gar nicht im Thorax. 'Aber ganz frei ist es auch nicht'
indem, in Folge der Abschnürung, am vordem Ende ein Theil der Hautschicht die untere Wand
des Embryo bildet. Die Umbeugung der Hautschichi in die Keimhaut reicht nicht ganz so weit
nach hinten, als die Umbeugung der Schleimhautschicht. In diesem Zwischenräume liegen die