reichen Zotten bekleidet. Es wäre nicht schwer gewesen, auch in dieser Form
das Verhältnifs zu den andern wieder zu finden, denn-jeder C o ty le d o vom Ei
der Wiederkäuer besteht wieder aus einer sehr grofsen Anzahl von Zotten, und wir
haben also auf den Eiern der nicht wiederkäuenden Hufthiere diese Zotten nur
vereinzelt und über den gröfsten Theil des Eies vertheilt. Die Zotten hielt man
aber gewöhnlich für blofse Verlängerungen von Gefäfsen, weil sie beim Menschen
sehr dünn sind.
So weit wären nun die Eier übereinstimmend gefunden worden, und auch
das \ erhältnifs zum Vogel-Ei lag offen da. Das Amnion ist dieselbe Haut, die
wir schon aus dem Vogel unter diesem Namen kennen, der Nabelstrang ist offenbar
ein verlängerter, in eine Schnur ausgezogener Nabel. Auch das Chorion
konnte man als übereinstimmend mit dem Chorion des Vogel-Eies, wie es sich
in der letzten Zeit der Bebrütung zeigt, betrachten. Nur hat dieses Chorion des
Vogels, wenn man nur die äufsere Umhüllung so nennt, wie wir (§. 5. q . ) ge-
than haben, noch eine Lage unter sich, die mit dem äufsern Chorion ursprünglich
einen zusammenhängenden Sack bildete und auch später, wo diese untere
Lage freilich ärmer an Blutgefäfsen geworden ist, bleibt doch der Uebergang unverkennbar.
Es mulste also die Frage entstehen: Ist es mit dem Chorion der Säu-
gethiere eben so? und als man durch diese Frage geleitet hier und da mehrere
Blätter im Chorion unterschied und auch die Art, wie das Chorion der Vögel gebildet
wird, kennen lernte, mufste man sich fragen: wie denn das Chorion der
Säugethiere und namentlich des Menschen gebildet werde, da es doch Niemandem
gelingen wollte, zu irgend einer Zeit einen gefafsreichen Sack bei Säugethieren
aus der Kloake hervorwachsen zu sehen, oder auch nur unter dem gefafsreichen
Blatte des Chorions ein anderes davon abstehendes Blatt (die andere Hälfte des
Sackes) wie beim Vogel (vergl. §. 5. p. q. r.)-zu finden, abgesehen davon, dafs
im Chorion des Menschen Gefäfse doch nur so weit sich zeigen wollten, als der
Fruchtkuchen reicht. Der Fruchtkuchen war offenbar etwas den Säugethier -
Eiern Eigenthümliches, das im Vogel-Ei fehlte. Dagegen sah man in den Säuge-
thier-Eiern keine Hagelschnüre, kein Eiweifs, keine Schaalpnhaut und keine
Schaale. Dafs der Dottersack fehlte, schien sich von selbst zu verstehen. Die
Dotterkugel hielt man eben für eine Eigentümlichkeit der Vögel, der Eidechsen
und vielleicht anderer Thiere.
Hierzu kommt noch, dafs man schon früh auffallende Verschiedenheiten
im Bau der Eier verschiedener Ordnungen von Säugethieren bemerkte.
Im Ei aller Hufthiere fand sich ein.ansehnlicher Sack, so lang als das
ganze Ei, welcher äufserst zart und völlig gefäfslos war, vom Chorion weit abstand
und durch einen hohlen Gang, den Ura ch u s oder Harnstrang, in die Harnblase
überging. Man nannte den Sack nach seiner Form A ila n t o is , A lla n -
to id e s , oder nach seinen Verbindungen die Harnhaut.
Im Ei des Hundes und anderer Raubthiere sah es wieder ganz anders aus.
Hier war ein langer sehr gefäfsreicher Sack, der eben deshalb ganzgeröthet erschien,
auch mit dem Nabel in Verbindung stand, aber (wie man gewöhnlich
glaubte) nur durch Gefäfse. Man nannte ihn die E r y th r o is . Ganz verwirrt
mulste man werden, als man im Hunde-Embryo wohl einen offenen Urachus
fand, aber keine Harnhaut erkennen konnte, dagegen hier unter dem Chorion
wirklich ein abstehendes, auch Gefäfse enthaltendes Blatt entdeckte, wie im Vogel
, eine M em b ra n a m e d ia . Ging man nun vom Hunde zurück zu den Huf-
thieren, so fand sich, dafs bei denen, die nicht Wiederkauen, wie das Pferd und
das Schwein, in der ersten Hälfte der Entwickelung auch ein innerer gefafsrei-
cher Sack war, der durch den Nabel hindurch mit dem Darme in Verbindung
stand, aber lange nicht so ausgedehnt sich zeigte, als im Hunde, und nach beiden
Enden in sehr dünne Zipfel auslief.
Das Ei des Menschen gab in seiner frühem Form neue Probleme, ein kleines
Bläschen, das Nabelbläschen (H e sicu la u m b ilic a lis ) , zeigte sich zwischen
Choriön und Amnion gelegen und hing durch einen langen Stiel mit dem
Nabel zusammen. Viele Anatomen konnten es jedoch gar nicht finden und hielten
es für krankhaft. Zwischen Amnion und Chorion, wo sie von einander abstehen,
fand man ferner in ganz jungen Früchten ein unverständliches Häutchen,
das man die miniere Haut (Membrana m e d ia ) nannte und für die A l l a n -
to is zu halten geneigt war. Dafs in späterer Zeit dem Fruchtkuchen von Seiten
des Fruchthälters ein anderes Gebilde gegenüber liegt, wie in Wiederkäuern Uterin
- Cotyledonen, den Foetal- Götyledonen gegenüber sich finden, war den Beobachtern
nicht entgangen, allein es wurde mit Bestimmtheit nachgewiesen, dafs
in der ersten Zeit der Entwickelung des menschlichen Eies der ganze Fruchthäl-
ter von einer dicken Schicht geronnenen Stoffes ausgekleidet war, der hinfälligen
Haid, Membrana d e c id u a H u n te r i, ja dafs diese Schicht nicht einmal unmittelbar
mit ihrer innern Fläche das Ei umgebe, sondern in sich selbst eingestülpt
sey und in dem eingestülpten Theile, der umgeschlagenen Haut (D e c id u a
r e fle x a ) , das Ei wie in eineto offenen Sacke sich befinde*), wovon kein anderes
Säugethier etwas zeigte.
ƒ. Was man
in neuerer
Zeit über das
Sängethier -
Ei und seine
Entwickelung
beobachtet
hat.
*) H u n t e r , A n a to m ia Uteri h um a n i g r a v id ! . Lond. 177‘
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