Hirne in allen Thieren, in denen es vorkommt, einige Aehnlichkeit mit den Ccr-
carien, •wenn auch in mehr als millionenfacher Yergröfserung. Mit vielem Vertrauen
war schon der erste Theil ihrer Arbeit durch den Druck bereits bekannt
gemacht, als dieselben Beobachter ähnliche Thierchen in den Zeugungsorganen
der Schnecken und den Muscheln fanden. Da weder Schnecken noch Muscheln
ein Rückenmark und Hirn, sondern ein Nervensystem haben, welches von der
Form der Cercarien gar sehr abweicht, so kostete es den Verfassern einige Rednerkünste,
um in einem Nachtrage zu ihrer Zeugungstheorie zu erklären, sie
wollten nicht so verstanden seyn, als ob aus dem in das Ei gedrungenen Saamen-
tliierchen unmittelbar das Nervensystem würde. —■ Das Eindringen derselben
veranlasse nur gleichsam eine vorbereitende Bildung. Mit dieser Erklärung hatten
sie aber selbst ihre Hypothese nicht gleichsam, sondern wirklich gestürzt *).
e. oti mit Ueberhaupt wird die Aufgabe, die man sich einmal aufgestellt hatte, den
Indivfduln'1 definitiven Anfang der Bildung anzugeben, nicht gelöst, wenn man die Praeexi-
«Hrf J a '“ stenz in den Körpern der Aeltern annimmt, denn man mufs nun weiter fragen:
kommen zu- wann, wie und warum bildet sich liier der Anfang der Nachkommenschaft ?:„ Es
fe u g t ' war- lag sehr nahe, dafsman, um diese beschwerlichen Fragen zu beantworten, oder
den sind? vie]meJ,r um ihnen auszuweichen, alle lebenden Körper bis in die letzte Generation
mit den ersten Individuen sogleich geschaffen dachte. Im Eierstock des
Huhns sollten alle Küchlein, denen es das Daseyn geben kann, schon völlig aus-
gebildet liegen, und in den Eierstöcken jedes dieser Embryonen wieder die ge-
sannnte Nachkommenschaft und-so immer fort, nur so unendlich klein, dafs sie
uusern Werkzeugen unerreichbar sind. Sie warten da auf die günstigen Verhältnisse
zur Ausbildung, in jedem organischen Körper mit vereinten Geschlechtern,
oder weiblichen Geschlechts , (wenn wir nämlich nach dem Gesagten diejenigen
Naturforscher nicht berücksichtigen, welche die Keime ■ im Vater suchten,)
dachte man sich also den ganzen Inbegriff aller Nachkommen, so dafs wer eine
Mandel verspeist, nicht blos Einen,Mandelbaum im Keimzustande verzehrt, sondern
die vielen Billionen und Trillionen, die in diesen wieder eingeschachtelt
sitzen. Obgleich diese Hypothese an Unsinn grenzt, so hat sie doch sehr ausgezeichnete
Naturforscher zu Vertheidigern gehabt, und sie ist ein redendes Beispiel
von den Verirrungen, in die man gerathen kann, wenn man consequent statt
der Beobachtung Annahmen gelten läfst. Märe diese Ansicht begründet, so
müfste nothwendig einst eine Zeit kommen, wo der Gärtner keine Früchte von
seinen Apfelbäumen ziehen würde, und der Schäfer keine-Lämmer,von seiner
*) AnvCales <des srciense$. Tom. V II. p. 454,
Heerde,- wo auch der Meusch’selbst ohne Nachkommen bleiben würde, und alles
Leben auf der Erde aufhörte, weil das im ersten Schöpfungsacte Entstandene nun
ausgebildet wäre. Der Schöpfer müfste sein Werk, das, trotz der vielen Wunder,:
doch so unvollkommen war, dafs es ein Ende fand, nachdem alles Anfangs
Gebildete ausgewachsen war, wieder von neuem beginnen. — Vergeblich
wandte man ein, dafs nach dieser Hypothese eine Eiche zu den in ihr enthaltenen
Eichbäumen der sechsten Generation sich verhalten müfste wie die Masse des
Erdballs zu der Muttereiche. Wie also gar zur 600ten oder 6000ten ? „Warum
nicht | P sagten die Vertheidiger dieser sogenannten Einschachtelungstheorie.
„Wir erkennen daraus nur, wie sehr wir uns über die Kleinheit, in welcher die
Naturwirken kann, verwundern müssen.” Allein die Natur giebt dem Beobachter
derselben nur Stoff zur Bewunderung der Einfachheit,-mit der sie wirkt, und
zur Verwunderung über, die Geneigtheit, mit der der menschliche, Witz ein ihm
wunderbar scheinendes Phänomen durch unendlich gröfsere und unbegreiflichere
Wunder erklärt.
Ich habe Ihnen die entgegengesetzten Beantwortungen über die Haupt-
frage in Bezug auf Zeugung und Entwickelung der organischen Körper angedeutet,
um dadurch Gesichtspunkte für den fernem Vortrag hinzustellen. Zugleich habe
ich aber ein Paar von den zur Einsicht in die Zeugung erfundenen Hypothesen
mit wenigen Worten näher bezeichnet, um Sie darauf aufinerksam zu machen,
dafs solche dem langsamen Gange der Beobachtungen vorgreifenden Versuche zur
Einsicht es sind, welche die Zeugungsgeschichte so märchenhaft und wunderbar
erscheinen lassen; denn wenn auch ähnliche Hypothesen von den meisten Physiologen
längst als vorübergegangen betrachtet werden, so geht doch eine dunkle
Sage von ihnen im Munde Aller umher, welche nicht durch ihren Beruf selbst auf
die nähere Beobachtung dieses Verhältnisses hingewiesen sind, und diese dunkle
Säge; hindert in der Auffassung einer einfachem und richtigem Ansicht und in der
Unterscheidung des wirklich Beobachteten von der Ergänzung derselben.
Sie werden sich leicht denken, dafs die vereinten Bemühungen vieler
Beobachter Stoff zu einem sicherem Urtheil geliefert haben mufs. An Bestrebungen
hat es wenigstens nicht gefehlt, und wenn auch die Beobachtung in diesem
Felde mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und viele Lücken noch auszufüllen
sind, so ist wenigstens unläugbar so viel gewonnen, dafs man aus der
Beobachtung die Irrigkeit jener Extreme in den Vorstellungen über die Zeugung
und Entwickelung nachweisen kann, Denn es ist hier, wie bei der Untersuchung
aller übrigen thierischen Verrichtungen , vor allen Dingen leichter nachzuweisen
welche.Vorstellungen, die man, dem langsamen Gange der Beobachtung vorgreiƒ.
W ie wir
zur Beantwortung
die ser Fragen
Materialien
sammeln
wollen.