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 thiere 
 Frühgebärend sind nämlich auch die Beutelthiere und wahrscheinlich in verschiedenem  
 Grade.  Bekanntlich  haben  diese Thiere  bei aller Mannigfaltigkeit in  
 der  Bildung  der  Zähne,  des  Verdauungsapparates  überhaupt  und  der  Füfse  das  
 Uebereinstimmende,  dafs die Milchdrüsen der Weibchen in einem am Bauche angehefteten  
 Beutel sich befinden,  in dessen Wand zwei bewegliche Knochen stecken,  
 durch  deren Hülfe  der Beutel  willkürlich  geöffnet  und  geschlossen werden kann.  
 Bei  einigen Arten  ist  der Beutel  nicht  vollständig,  sondern  statt seiner ist auf jeder  
 Seite der Milchdrüsen nur eine schwache Hautfalte,  in welcher der Beutelknochen  
 nicht fehlt.  Es ist nicht zu bezweifeln,  dafs  bei  diesen  die Embryonen  in  
 mehr  ausgebildetem Zustande  geboren  werden,  als  bei den andern.  Die Beutelthiere  
 mit  ausgebildetem  Zitzenbeutel  sind  nämlich  schon  lange  eil)  Gegenstand  
 der Verwunderung und der Untersuchung für die Naturforscher gewesen,  da man  
 die Embryonen  ungemein  klein und wenig ausgebildet  an den Zitzen  hängend  gefunden  
 hat,  an  die  sie  sich  so  fest  ansaugen,  dafs  die  Brustwarze  tief in  den  
 Schlund  hinein  ragt  und  der Embryo  eben  dadurch  in  seiner hängenden Stellung  
 gehalten  zu  werden  scheint.  So hängend  bilden  sich  die  Embryonen  allmählig  
 aus,  während  der Zitzenbeutel geschlossen gehalten wird.  Erst wenn sie so weit  
 ausgebildet  sind wie  die  gebornen Jungen  der  gewöhnlichen Säugethiere,  öffnet  
 sich der Zitzenbeutel, und die Bewohner desselben verlassen ihn zuweilen und kehren  
 theils in Augenblicken der Gefahr,  theils  wenn sie saugen Wollen;  in ihn zurück. 
   Man  sieht  hieraus,  dafs  in  diesen  Thieren  die  Periode  des  Säugens  viel  
 weiter ausgedehnt ist als in den gewöhnlichen Säugethieren,  dafs  die  letzte Hälfte  
 nur der Säugezeit  anderer Mammalien  entspricht ,  die erste aber die gewöhnliche  
 Entwickelung im Fruchthälter ersetzt. 
 Es treten nun die Fragen  entgegen:  wie  kommen  die Früchte  in  den Zitzenbeutel  
 ,  und wie  namentlich an die Zitzen P  Bis  wie weit  entwickeln sie sich in  
 dem insbesondere sogenannten Geschlechtsapparate ? 
 O w en   ist  zwar nicht geneigt,  eine feste Schaale für diese Thiere artzunehmen ,  weil  ein  hartes  
 Ei  nicht durch  das Becken gehen würde;  allein  ein  E i,  wie  es  G r a n t  darstellt,  würde  nicht  
 zu  grofs seyn,  und Beschreibung  und  Abbildung,  wie  O wen  sie selbst vom Eihälter giebt  stimmen  
 durchaus  mehr  mit  denselben  Theilen in Thieren,  welche hartschaalige  Eierlegen  als  in  
 Thieren mit dünner Eihülle.  Beide  Eihälter  öffnen  sich  in  den weiten  Harnleiter und  dieser in  
 eine Kloake,  die  mehr  dem Verdauüngsapparate als  dem Geschlechts-  und  Harnapparate  anzugehören  
 scheint.  Was die Milchdrüsén  anlangt,  so  hat  O w e if,  aufser einer anatomischen Untersuchung  
 ,  welche ihre Bestimmung wohl vollständig nachweist,  noch  einen  Brief eines in  Neu -  
 Süd- Wales  stationirten  Lieutenants  M a n ie   mitgetheilt,  dér  ein  säugendes Weibchen  mit  den  
 Jungen im Hause hatte.  Als  man  der  gestorbenen Mütter  den  Balg  abzog,  flofs Milch  aus den  
 Milchdrüsen.  Derselbe Officier .fand  im  Leibe  (wo?) eines  andern  Scbnabelthieres  ein  noch weiches  
 Ei.  Auch  inder  E c h id n a   fand  Owen  Milchdrüsen. 
 Es ist nämlich, vernünftiger Weise nicht zu zweifeln,  dafs die Frucht in den  
 innern  Geschlechtstheilen  zuerst  gebildet  werde.  Die Beutelthiere  haben  zwei  
 Eierstöcke,  die  im Wesentlichen  mit  den Eierstöcken  anderer Säugethiere  übereinzustimmen  
 scheinen ,  deren Bau  wir bald näher kennen lernen werden.  Leider  
 habe ich nicht Gelegenheit gehabt,  diese Eierstöcke  in  frischem Zustande  zu  
 untersuchen,  ich weifs daher nicht,  ob in den Dottern oder den Graaf sehen Blas-,  
 chen  eine  Besonderheit  sich  zeigt.  Die  Eileiter finde ich in ihrer hintern Hälfte  
 bedeutend mehr  erweitert ,  als in den gewöhnlichen Säugethieren.  Diese Erweiterung  
 stimmt mit  dem  Eihälter  der Monotremen,  den  ich  schon  deshalb nicht  
 für übereinstimmend  mit dem Fruchthälter der spätgebärenden  Säugethiere halten  
 möchte.  In  den Beutelthieren  folgt  nämlich auf die Eileiter noch ein Theil,  den  
 man  gewöhnlich  für  den Fruchthälter nimmt,  der aber doch vou der ausgebildeten  
 Form  desselben  iu  den  gewöhnlichen Säugethieren bedeutend  abweicht.  Er  
 zeigt uns nämlich aufser einem mittlern Theile zwei weite Seitenkanäle,  die ebenfalls  
 in  die  Scheide  einmünden.  Der  mittlere  Theil  ist  durch  eine  Längsfalte  
 wieder  iu  zwei  Gänge  getheilt  und mündet  zwischen  den  beiden Seitengängen iu  
 die  Scheide.  Ich  werde  erst  später  zeigen  können,  dafs  diese  Form,  die man  
 einen  Ute ru s  c o n to r tu s   genannt hat,  als  ein  in  der Entwickelung  gehemmter  
 Fruchthälter  von  gewöhnlicher  Form  zu  betrachten  ist.  Dieses  Verhältnifs  
 angenommen,  wird es Sie weniger wundern,  dafs der Zitzenbeutel als ein zweiter  
 Fruchthälter dem Emhryo dient.  Eben  deshalb mufs  man aber auch wahrscheinlich  
 finden,  dafs  die Embryonen  gradezu  iu  ihn  hineingeboren  werden,  wobei  
 ohne  Zweifel  die  Scheide  sich  nach  vorn  krümmt  und  die  Zitzenknochen  die  
 Oeffnung  des  Beutels  nach  hinten  ziehen.  Andere Wege  aus  den  innern  Geschlechtstheilen  
 in den Zitzenbeutel hat man wenigstens nicht  finden können. 
 Wie  die  Eier  oder Embryonen  im  Zitzenbeutel  einen  festen  Sitz erhalten,  
 läfst  sich  nach  ganz  neuen  Beobachtungen  von  Mo rg an   *)  einigermafsen  ver-  
 mulhen.  Dieser fand nämlich,  dafs vor der  Periode des Säugens die Zitzen nicht  
 vorragen,  sondern,  dafs  jede  in  eine  kleine  Höhle  zurückgezogen  sich befindet.  
 Es  ist  wahrscheinlich,  dafs  die Embryonen mit dem Munde in diese Höhlen hineingedrängt  
 werden,  wenn  nicht etwa  das  ganze Ei hierher gelangt und  der Embryo  
 erst hier von den Eihüllen  sich löst. 
 Darüber  ist  man  nämlich  noch  ganz  ungewifsy  wie  lange  der  Embryo in  
 den Eihäuten  eingeschlossen  bleibt  und  ob  er mit  ihnen  oder ohne sie in  den Zitzenbeutel  
 kommt.  Man  hat  schon  an Känguruhs von 56  Pfd Gewicht enthüllte 
 l'ransactions o f the Linnean  society.  Vol.  XVI.