bb. Verdauungsapparat.
sich nicht in eine dünne Spitze verlängert, die in der Bildung des Yogels die
Schnabelbildung charakterisirt. Die beiden Oberkiefer treiben nach innen einen
Kamm hervor, welcher sich vereinigend den Gaumen bildet und die Nasenhöhle,
oder, da diese durch die Scheidewand getheilt ist, die Nasenhöhlen von der Mundhöhle
trennt. Die Vereinigung erfolgt vorn sehr früh, hinten stehen sie ziemlich
lang weit von einander ab und so weit fehlt auch die Scheidewand. Deswegen ha-
haben Gaumen uud Nasenhöhle z.B. in einem Schweinefötus von vier Wochen eine
ungemeine, fast vollständige Aehnlichkeit mit der bleibenden Bildung derselben
Theile in Eidechsen, oder, da hier der Gaumen mit einem mittleren Blättchen
endet, in Schildkröten.
Von nun an erst fangen die Kiefern bei den gewöhnlichen Säugethieren an>
sich zu verlängern. Bis dahin haben sie ganz kurze Gesichter, und da das Hirn
schon ziemlich entwickelt ist, so haben Schaafe und Schweine von vier Wochen
wahre Menschengesichter, Hunde und Kaninchen verhältnifsmäfsig noch länger.
Die Bauchhöhle schliefst sich zwar später als im Vogel, indem die Bauchplatten
sich nur langsam wieder hinunter neigen, doch ist die gesammte Nabelbildung
dieselbe wie dort. Der Speisekanal, auf dieselbe Weise zuerst offen, wird
eben so von beiden Enden aus in einen gleichmäfsigen Kanal verwandelt*). Seine
Verbindung mit dem Dottersacke, Anfangs sehr weit, verengt sich in einen Hautnabel,
der sich rasch in einen Dottergang auszieht. Der Speisekanal ist wie im
Vogel zuerst gerade, also sehr kurz, in sich gleich, so dafs man eine kurze Zeit
hindurch nicht einmal einen Magen unterscheiden kann. Dann verlängert er sich
etwas, entfernt sich von der Wirbelsäule, besonders in der Mitte, indem sich das
Gekröse hier weit auszieht. Dadurch wird allmählig hier ein scharfer Vorsprung
durch den Darm gebildet, an dessen Spitze der Dottergang sich einsenkt. Dann
ist auch der Magen abgegränzt, obgleich noch lang, in der Richtung des Darmes
der Länge nach stehend und mit der stärksten Wölbung fast ganz nach dem Rücken
gerichtet. Der Speisekanal treibt eben so wie im Vogel Speicheldrüsen, den ge-
sammten Athmungs-Apparat, die Leber des Pankreas und den Harnsaclc hervor.
Auch der hier unpaarige Blinddarm ist nicht, wie Oken glaubte, ein Rest des
Dotterganges, sondern er treibt wie im Vogel hinter dem Dottergange hervor.
Ich habe ihn, selbst bei Hufthieren, so klein gesehen, dafs er noch nicht Linie
Länge hatte. Er sieht dann wie ein Hügelchen aus. Indessen ist er um diese Zeit
dem Dottergange ziemlich nahe und scheint immer weiter von ihm abzurücken.
Der Grund hiervon liegt darin, dafs der mittlere Theil des Darmes viel stärker
*) Ein Beispiel davon Taf, V. Fig. 1.
wächst als die Enden.’ Die äufsersten Enden wachsen nun so wenig, als der animalische
Theil des Embryo, aber je mehr nach der Mitte desto mehr verlängert
sich der ursprüngliche oder Urdarm, so dafs man mit Recht sagen kann, fast der
ganze Dünndarm und der gröfste Theil des weiten Darmes seyen aus der nächsten
Umgebung des Dotterganges geworden. Der Darm bildet daher auch sehr bald
nach der ersten Umbeügung eine zweite für den obern Theil des Krummdarmes
und des Zwölffingerdarmes und dann immer mehr. Er findet in der eigentlichen
Bauchhöhle, die überdiefs durch die Leber und die grofsen Primordial - Nieren
verengt wird, keinen Raum, und längere Zeit hindurch liegt bei allen Säugethieren
ein Theil der Darmwindungen in der noch nicht ausgefüllten Nabelscheide.
Um diese Zeit ist also das Gekröse in der Mitte sehr weit ausgezogen. Später zieht
sich zwar der Darm zurück, allein*er wird doch, indem auch die Bauchhöhle sich
verlängert hat, immer länger und ist einige Zeit vor der Geburt verhältnifsmäfsig
viel länger als im erwachsenen Zustande. Diefs gilt besonders vom Dünndarm
da in ihm der Dottergang mündet, in dessen Nähe die Wucherung am stärksten
ist. Dagegen ist der Darm vor der Geburt enger als nachher.
Dafs der weite Darm dem engen ursprünglich ganz gleich ist, geht schqn aus
dem Gesagten hervor. Wie im engen Darme der Vorderste Theil zuerst ausgebildet
ist — der Zwölffingerdarm, so im zweiten Darme sein hinterster Theil.
So wächst im Menschen der Queer-Jjrimmdarm und der aufsteigende gewisserma-
fsen erst aus dem absteigenden hervor, und so bildet sich in Wiederkäuern die bekannte
Spiralplatte, indem der Darm bei seiner Verlängerung sich aufwickelt.
Die Zottenbildung kenne ich aus eigener Untersuchung nicht. Nach M e ck el
erfolgt sie so, dafs sich Längsfalten erzeugen, die durch Einkerbungen getheilt
werden. Die Kerkringischen oder Queerfalten im menschlichen Darme entstehen
erst nach der Geburt.
Sollten Sie diese Darstellung zu allgemein gehalten finden, so bemerke ich
dafs in der That Anfangs die vollkommenste Uebereinstimmung mit dem Vogel ist
und dann allmählig die Differenzen der verschiedenen Familien der Säugethiere
auftreten. So bemerkt M e ck e l sehr richtig*), dafs der getheilte Magen der
Wiederkäuer in sehr früher Zeit nur Einkerbungen in einen ungetheilten länglichen
Sack zeigt. Allein es geht sogar eine Zeit vorher, wo der Magen dieser Thiere
nicht einmal Einkerbungen hat, und vorher eine Zeit, wo der Magen gar nicht zu
unterscheiden ist. Der Magen des Schweines ist dem Magen des Menschen und
des Hundes viel länger ähnlich. — Vollkommen Unrecht hatte M e ck el, als
*) Deutsches Archiv für Phys. 1817*
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