zweifeln, dafs es Ihnen unmöglich gewesen seyn wird, das Zerstreute so zu sammeln,
dafs daraus die Eigenthümlichkeiten der Früchte der einzelnen Familien
anschaulich werden, obgleich fast alle genannt sind, indem wir die Variationen
der einzelnen Eitheile verfolgten.
Wollen Sie nun die Besonderheiten der Früchte in den verschiedenen Familien
kennen lernen, so müssen wir sie einzeln durchgehen. Vorzüglich wird
dieses für die Eihüllen als die veränderlichsten Theile nöthig seyn; denn was
die Embryonen anlangt, so entwickeln sich diese so übereinstimmend, dafs Sie
gewifs -schon über die Gleichmäfsigkeit in so verschiedenen Klassen, wie die
Säugethiere und Vögel sind, erstaunt seyn werden *). Auf die wichtigsten Variationen
in ihrer Bildung habe ich zum Theil schon hingewiesen, zum Theil
bestehen sie eben darin, dafs die bekannte Eigenthiimlickkeit einer Familie sich
entwickelt und eine ihr fremde nicht. Ich miilste erzählen, dafs das Schwein
allmählig einen Rüssel bekommt, das Kaninchen nicht, doch das können Sie
sich selbst leicht sagen, nachdem Sie erfahren haben, dafs in den ersten Wochen
alle Säugethiere kurze Menschengesichter haben. Sie können, wenn Sie aufmerksam
die Entwickelung der Embryonen und ihrer einzelnen Theile verfolgen,
einige Abbildungen ansehen, und sie mit ausgebildeten Thieren vergleichen,
leicht sich selbst sagen, welche Eigenthümlichkeiten spätere Bildungen sind und
welche auf einem Zurückbleiben auf frühem Stufen beruhen. Sie werden ein-
sehen, dafs, um bei dem gewählten Beispiele stehen zu bleiben, im Menschen
seine Kiefern und seine Nase auf Kosten des Hirnes zurückgeblieben sind, und wir
werden zuletzt, wenn wir die ßildungsgesetze zu entwickeln versuchen, ein ganz
einfaches Kennzeichen angeben, woran man unterscheidet, welche Formen ein
Zurückbleiben und Welche ein Fortschreiten nachweisen.
Ich werde daher die Entwickelungsgeschichte der verschiedenen Embryonen
nicht erzählen, theils uni nicht immer dasselbe zu sagen, theils weil ich in
der That, mehr auf allgemeinere Verhältnisse aufmerksam, die geringen Differenzen
weniger beachtet habe. Nur gelegentlich mag also hie und da noch vom
Embryo gesprochen werden.
Die genauere Kenntnifs der Eihüllen, und zwar nach ihrer gesammten Bildungsgeschichte
vom ersten Auftreten an, ist aber wichtig, weil nur dadurch die
verschiedenen sich widersprechenden Berichte verständlich werden und weil nur
*) Diese Uebereinstimmung ist noch so wenig anerkannt, dafs Herr Prof. E. W e b e r , den Jedermann
mit mir zu den ersten Anatomen Deutschlands zählen wird, im dritten Bande seiner
Anatomie, wenn er von der Entstehung der Organe spricht, auf das Hühnchen noch sehr wenig
Rücksicht n immt, im 4ten Bande freilich schon, viel mehr.
die genaue Kenntnifs der verschiedenen Formen der Säugethier-Eihüllen uns beim
Verständnifs der Hüllen des Menschen-Eies leiten kann, dessen erste Bildungs-
Momente für die Untersuchung fast unerreichbar sind. Ferner kann nur die Kenntnifs
des Einzelnen Das bewähren , was wir als die allgemeine Geschichte derselben
gegeben haben, wie denn jene allgemeine Darstellung eben aus deu speciellen
Beobachtungen, über die ich unserm Zwecke gemäfs immer noch ziemlich summarisch
werde berichten müssen, hervorgegangen ist. Auch kann nur die Betrachtung
des Einzelnen auf die Fragepunkte hinweisen, die noch einer festen Entscheidung
harren.
Wohl weifs ich, dafs schon früher Wiederholungen nicht selten vorgekommen
sind. Sie liegen nur zu sehr in der Entwickelungsgeschichte, da nach einiger
Zeit die alten Theile in ganz neuen Verhältnissen stehen, welche man nur verständlich
machen kann, wenn man auf die gleichzeitige Umbildung anderer Theile
aufmerksam macht. Die ganze jetzt folgende Darstellung wird eine Art Wiederholung
der allgemeinen Darstellung der Hüllen des Säugethier-Eies seyn. Allein
eine solche Wiederholung schien mir unvermeidlich, wenn ich Ihnen eine feste
Ueberzeugung vom Bau der Eier der Säugethiere geben wollte. Entweder mufste
® wir den Bau und die Entwdekelungsgeschichte der einzelnen Formen durchgehen
, um daraus die allgemeine Geschichte der Eier zu entwickeln, oder wir miifs-
ten diese voranschicken, um Gründe zu erhalten, nach denen wir jeden einzelnen
Theil deuten. Wäre die Kenntnifs allgemeiner, vollständiger eingebürgert und
nirgends streitig, so würde man freilich einer solchen Wiederholung nicht bedürfen.
Wir wollen uns für diesen neuen Abschnitt einer Reihe schematischer Um- Taf. iv.
risse bedienen, welche die verschiedenen Eiformen übersichtlich darstellen. Die 26°27.
fünf ersten Abbildungen (Taf. IV. Fig. 19 — 24.) sind Queerdurchschnitte der Eier.
In allen ist diejenige Lage der Theile angenommen, die ich für die normale halte.
Um die Abbildungen schon für den ersten Anblick belehrend zu machen, habe ich
überall die Theile auf gleiche Weise ausgedrückt. So ist immer der Durchschnitt
der Geföfsschicht roth, der Schleimhaut gelb; Durchschnitte, welche beide
Schichten an einander haftend enthalten, wie die des unveränderten Harnsackes,
zeigen daher beide gefärbten Linien. Um aber den Harnsack vom Dottersacke sogleich
unterscheiden zu können, ist die ganze Durchschnittsfläche des letztem gelb
gefärbt, ja ich habe überdiefs, wenn er nicht sehr lang ist, Gefäfsvertheilungen
auf ihm gezeichnet, als ob man ihn nicht eigentlich im Durchsehnittej sondern perspectivisch
sähe. Wo aber der Dottersack sehr lang ist und die Durschschnitts-
iläche also sehr w'eit von der gefäfsreichen Bekleidung absteht , würde eine solche
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