a . Eischaale
, ' T e s ta .
Taf. Iir.
F ig . 3 a.
§. 2.
Bau des gelegten, noch nicht bebrüteten Kogeleies.
Alle Eier von Vögeln sind einander überaus ähnlich gebaut. Die Unterschiede
beruhen nur auf Verschiedenheiten der Form, auf gröfserer oder geringerer
Dicke der Schaale, auf verschiedenen'Quantitätsverhältnissen in den eingeschlossenen
Theilen, und auf geringen Abweichungen in der chemischen Beschaffenheit
derselben. Da nun gar keine wesentlichen Unterschiede sich finden,
die Eier der Hühner aber in jeder Hinsicht am meisten bekannt und die chemische
Beschaffenheit nur an ihnen genau untersucht ist, so wollen wir das Hühnerei als
den Repräsentanten aller Vogeleier kennen lernen.
Wir finden zu äufserst eine ziemlich harte und spröde kalkige Eischaale
(T e s ta ) *). Dafs diese nicht aus einer "gleichmäßig und ununterbrochen zusammenhängenden
Lage von Kalkmasse besteht, ist schon daraus ersichtlich, dafs
jedes Ei, wenn es eine Zeitlang liegt, allmählig etwas von seinem Gewichte verliert,
indem ein Theil der Flüssigkeit des Eiweilses verdunstet. Noch gröfser ist
der Verlust in der Brutwärme. Man pflegt daher mit Recht die Schaale porös zu
nennen. Wenn man sich aber die Porosität so vorstellt, als ob die Schaale von
offenen Kanälen durchzogen sey, und sich dabei auf die Ansicht mit unbewaffnetem
Auge und durch das Microscop, oder auf das Hervortreten von Luftblasen
unter der Luftpumpe beruft, so halte ich diese gewöhnlichste Vorstellung für unrichtig.
— Zuvörderst sieht man zwar schon mit unbewaffnetem Auge äufserlich
Gruben und unter dem Microscope viele hellere Stellen in der übrigens undurchsichtige
u Eischaale, nirgends aber Löcher, durch welche das Licht ungebrochen
durchginge **). Ferner wird der Mangel offener Durchgänge auf folgende Weise
erwiesen. Wenn man ein Stück Kalkschaale, von der man die unterliegende
Schaalenhaut vollständig entfernt hat, in verdünnte Salpetersäure legt, so bleibt,
nachdem die erdigen Theile aufgelöst sind, immer ein vollständig zusammenhängendes,
mit kleinen Zotten besetztes, ziemlich festes Blatt aus thierischem Stoffe
zurück, welches keine Löcher, zeigt. Die Kalkmasse liegt also in einer zusam-
*) Die Eischaale wird auch Putamen und zuweilen Cortex im Lateinischen genannt.
**) Ich weifs sehr wohl, dafs diese erste Bemerkung für sich allein nicht beweisend ist, denn
die Kanäle könnten so schief durch die Schaale gehen, dafs sie deshalb unter dem Microscope
nicht bemerkt würden; allein die Behandlung mit Salpetersäure und am meisten die erst unten
(§. 4) zu besprechende Entstehungsweise der Kalkschaale lassen über die Abwesenheit
von offenen Kanälen keinen Zweifel.
menhängenden Flaut aus. thierischem. Stoffe, und nur der Kalk läfst Lücken, nicht
aber der thierische Stoff*). Beim Verdünsten mufs also die Feuchtigkeit, wie
in vielen andern Verhältnissen, durch dieses vom unterliegenden Eiweifse feucht
erhaltene Blatt und seine Zotten 'hindurchgehen. Denselben Weg mufs die Luft
nehmen, wenn die Luftblasen,' die man aus einem Eie, dag, unter Wasser liegend,
.einem verminderten Luftdrucke ausgesetzt wird, aufsteigen sieht, wirklich
aus dem Innern des Eies kommen**). Bei starker Verdünnung der Luft
mag auch der vermehrte Druck von innen Zerreißungen der nicht verkalkten
Stellen der Schaale erzeugen; denn nach sehr starkem undjolötzlichem Auspumpen
sieht man Luftbläschen an einzelnen Stellen wie fortlaufende Strahlen aufsteigen.
Dafs nicht ursprünglich offene Kanäle da sind, machen auch diejenigen
Eier wahrscheinlich, in denen der Embryo abstirbt und der Inhalt faul wird.
In ihnen ist die Luft zuweilen so stark zusammengeprefst, ohne einen Ausweg zu
finden, dafs beim Aufbrechen der Schaale der Inhalt mit einem lauten Knall Weit
umhersprützt. Ob in solchen Fällen vielleicht die weichen Theile der Schaale
mit den öligen Bestand theilen, die in den Eiern sich, finden, getränkt sind und
deshalb die; Luft nicht durchlassen, mag ich mit Bestimmtheit nicht entscheiden.
Offenbar aber ist es, dafs der Luft keine offenen Durchgänge sich in solchen
Eiern darbieten. Sie verbreiten keinen Geruch. Andere; faul gewordene Eier
verbreiten einen sehr starken Geruch und werden rasch leichter.
In chemischer Hinsicht besteht die Schaale des Hühnereies nach
P ro u t ***) aus kohlensaurem Kalke mit etwas köhlensaurem Talk, zusammen im
*) Genauer angegeben ist das Verhältnifs so: Wehn die Eischaale e in e Zeitlang der verdünnten
Salpetersäure ausgesetzt worden is t und schon vie le Luftblasen sich en tw icke lt haben , so
lö st sich ein con tin uirlich es festes B la tt, das unter dem Microscope kle ine Vorragungen (Zot-
telx) erkennen lä fs t, von der innern Fläche.ab. Ich habe den Versuch zu oft wiederholt und
zu sbrgsam die Schaalenhaut en tf e in t , um zu glauben * dafs dieses Blatt eine übe rseh en e, frei
aufliegende Schicht der le tz tem sey. Sie ist ein T he il der S ch a a le , die jetzt nur noch die
halbe De ck e behält» Aus dem Ueberreste lö s t sich nun allmählig auch der Kalk auf und es
b le ibt dann nur ein ganz dün ne r, n ich t als Blatt zusammenhängender, schleimähnlicher Stoff
zuruck. D ie Kalkschaale enthält also eine fe s te , aus thierischem Stoffe gebilde te Haut mit
Zotten und darüber n o ch etwas thierischen Stoff, von dem sich nicht bestimmen lä fst, ob er
mit jener Haut und ihren Zotten ursprünglich zusammenhing, und durch die Wirkung der
Salpetersäure , die v ie le Luftblasen'en tw iekelt, abgerissen i s t , oder ursprünglich von ihr g e trennt
war. '
p||f! Es ist nämlich noch n icht erwiesen , dafs die L u ft, die sich in Blasen erhebt, n ich t dem Ei
vorher äufserlich anhing. D iese s Anhängen läfst sich wenigstens von der zu er st aufste igenden
Luftmenge annehmen.
***) P h i lo s o p h ic a l T r a n s a c t io n s 1822 und S c h w e i g g e r ’s N e u e s J o u r n a l f ü r C h em ie u n d
P h y s i k . N . F . ,B d . V I I I . S . 64.,
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