gg. Zweite
Periode. -
Kreislauf ohne
gesonder-
tesAthmungs-
organ.
Keimhautgefäfse.
aber keiuesweges der künftige Brustkasten, sondern der Hals, denn die Stelle,
an welcher die vordere Extremität sieh entwickelt, liegt weit hinter dem Raume,
den das Herz am Schlüsse des zweiten Tages einnimmt * *).
So wäre denn die erste ausgebildete Form des Gefäfssystems, mit welchem
die zweite, vom dritten bis zum Schlüsse des fünften Tages reichende beginnt,
folgende. Im Blutkreise hat das Blut eine vorherrschende Richtung nach vorn
und geht in zwei grofsen Strömen entweder in eine oder zwei vordere Venen der
Keimhaut über. Die vordem Yenen nehmen zugleich Blut aus der vordem Hälfte
der Keimhaut, namentlich aus der Kopfkappe auf, die linke, gröfsere geht in
den linken Herzschenkel über. In den rechten geht eine schwächere , die merklich
später entsteht, 'wenn sie nicht durch den Blutkreis unmittelbar gebildet
wird. Aufserdem ist eine (Unle) hintere Vene der Keimhaut da, die aus dem
hintern Theile der Keimhaut das Blut sammelt und mit ihren äufsersten Reisern
allmählig immer mehr mit dem Blutkreise in Verbindung tritt. Der Blutkreis
hat also auch eine schwächere Strömung nach hinten, als nach vorn. Aufserdem
erhält aber der Blutkreis auch im ganzen übrigen Umfange schwache Abflüsse,
denn überall haben sich allmählig Rinnen gebildet, und da diese Rinnen zusammengeflossen
sind, so sind sie untergeordnete Reiser der gröfsern Venenstämme geworden
und durchziehen netzförmig die ganze Keimhaut, so weit die GefäEs-
Schicht reicht. Es bildet sich später auch eine rechte hintere Vene, die in den
rechten Herischenkel geht, aber Anfangs sehr viel kleiner ist, als die entsprechende
der linken Seite, und den Blutkreis nicht erreicht **).
Es geht also alles Venenblut in die beiden Herzschenkel ein, aber viel mehr
durch den linken, als durch den rechten. Im Herzen wird es durch eine gemeinsame
Expansion eingeschlürft, dann durch eine Contraction nach vorn und durch
drei bis vier Paar Gefafsbogen nach oben gegen die Wirbelsäule getrieben. Die
Bogen jeder Seite sammeln sich hier in eine Aortenwurzel, und beide Aortenwurzeln
bilden endlich die Aorta, die sich sehr bald in zwei Hauptäste spaltet, von
denen jeder wieder an der Seite der Wirbelsäule einen schwächern Ast bis in das
hintere Ende des Leibes, und einen stärkern seitlichen in die Keimhaut ab-
Herzschenkel. Wer aber in die Abschnürung und die Schichten der Keimhaut einige Einsicht
gewonnen, hat, sieht leicht ein, dafs auch diese Schenkel nicht ganz entblöfst seyn können. Die
Abbildungen auf unsrer ersten und zweiten Tafel werden dieses versinnlichen.
*) Wie in den Fischen bleibend.
**) Theil I. S. 54. - ■ '
seudet. Jenen kann man nach Analogie von Venen, deren bald Erwähnung geschehen
wird, die hintere fVitbglarterie, idiesen die Keimhautarterie nennen.
Beide Arterien der Keimhaut verästeln sich nun vielfach und erreichen mit ihren
letzten Enden den Blutkreis*). So ist also der Kreislauf vollständig, aber nur
ein einfacher, indem das Blut auf seiner Bahn nicht durch ein gesondertes Ath-
inungs-Organ geführt wird. Die Arterien der Keimhaut sind so stark, dafs sie
nicht blofs zur Ernährung derselben, sondern auch zur Umänderung des Blutes bestimmt
scheinen. Ich vermuthe daher, dafs schon jetzt eine Art von Athmung
Statt findet, allein nicht in einem gesonderten Organe.
Hiermit haben wir die erste Form des Gefäfssystems, aber auch schon seine
früheste Umgestaltung beschrieben, da wir der Zunahme der Venen und Arterien
während des dritten Tages erwähnten.
Uni die fernere Ausbildung des Gefäfssystems leichter verstehen zu können,
erinnern wir uns zuvörderst, dafs in der zweiten Periode die Keimhaut sich zu einem
Dottersacke umbildet. Sämmtliche Keimhautgefäfse sind also Dottersackge-
fäfse (V a sa v it e lla r ia ,)**). Neben diesem Gefäfssysteme bildet sich im zweiten
Zeiträume aufser der Aorta ein Gefäfssystem im Körper des Embryo aus. Beiden
Abschnitten gehört das Herz mit gleichem Rechte an ***).
*) Theil I. S. 33. 37.
Oder ,,Gekrös - Nabelgefäfsfe*’ V a sa om p h a lo - m e s e n t e r i c a , wie man die übereinstimmenden
Gefäfse der Säugethiere genannt hat.
***) Zur vollständigen Darstellung aller Veränderungen des Gefäfssystems im Vogel würde wenigstens
eine ganze Tafel erfordert werden und damit hätte man doch nur die Geschichte dieses
Systems in Einer Thierklasse dargestellt. Eine geringere Anzahl würde zum Verständnisse immer
noch die Phantasie des Lesers und Beschauers in Anspruch nehmen. Ich glaubte daher auch
mit einer einzigen dem dringendsten Bedürfnisse zu genügen, wenn ich sie so wählte, dafs sie den
allgemeinen Embryonen-Typus in Bezug auf das Gefäfssystem ausdrückte. Diese Aufgabe habe
ich in Fig. 10. Taf. IV. zu lösen versucht. Obgleich nun in der Erklärung der Abbildungen noch
ausführlich über sie gesprochen wird, so will ich doch gleich hier auf sie verweisen, weil die
Darstellung des Blutlaufes in der zweiten Periode und besonders am Schlüsse derselben bei Vergleichung
dieser Figur leichter gefafst werden wird. Nur. müfs bemerkt werden, dafs, um den
Blutlauf im Embryonenzustande darzustellen, ich es-für nöthig hielt, nicht einen scharf bestimmten
Zeitmoment zu wählen, sondern z. B. sämmtliches Paar Arterienbogen, die aus dem
Herzen kommen, aufnahm, obgleich, wenn die Nabelvenen deutlich werden, die vordem Arterienbogen
schon geschlossen sind. Man sieht also bei ab das Herz; aus diesem kommen 5 Paar
Arterienbogen; c ist die hervortretende Kopfschlagaderd die Wirbelschlagader, für welche
noch ein Theil der Arterienwurzel bis e verwendet wird ; f , Theilung der Aorta in die Nabelarterien
; g. vordere Wirbelvene ;• h i hintere Wirbelvene aus der Schwanzvene h kommend; k der
venöse Queerstamm; / , 1' die Nabelvenen oder in diesem Zustande noch die untern Venen des Hinterleibes;
m die Hohlvene; n die Döttersackvene, die als zum Pfortadersysteme gehörig und um
dieses zu bezeichnen, nicht angelegt ist, so wie einige Gekrösvenen, die sie als Zweige aufnimmt;
o der gemeinschaftliche Venenstamm ; p die Dotter - Arterie.
Dottersack-
- gefäfse.