auch am Amnion die anliegenden Blutgefäße schwinden, so wird nur durch
glückliche Beobachtung des entscheidenden Momentes bestimmt werden können,
wie der Vorgang im Menschen ist. Jene Frucht aber, bei welcher der Harnsack
in die Höhlung des Amnions gerathen war, lehrt deutlich, dafs ohne Harnsack
die äüfsere Eihaut nicht zum Chorion wird, denn es war keine Spur von Gefä-
fsen zu finden, aber offenbar, dafs damit die Ernährung des Embryo gehemmt
wird.
Noch kann man nicht nachweisen, wie weit die Gefäfsvertheilung im Chorion
in der ersten Zeit reicht, ob ein Theil der Flocken einige Zeit hindurch Ge-
fäfse hat und sie nachher verliert, wie ein solches Schwinden bei einigen andern
Säugethieren vorkommt, oder nicht. Gewifs aber ist es, dafs sie nur auf denjenigen
Zotten, welche nicht in die De c idua r e f le x a eingreifen, sondern gegen
den Fruchthälter gerichtet sind, sich fernerhin ausbilden, dafs zugleich diese
Zotten sich vergröfsern, dagegen die andern, in die De c idua r e f le x a eingreifenden
Zotten allmählig schwinden. -
Wir haben gehört, dafs in mehreren Familien von Säugethieren die
Früchte, die früher ganz oder fast ganz mit Zotten bedeckt waren, wieder glatt
werden, indem die äufsere Eihaut durchrissen wird, und ohne diese die übrigen
Eihäute keine Zotten entwickeln. Eine Beobachtung, in welcher ich auch im
Ei des Menschen die änfsere zottentragende Haut durchbrochen fand, liefs mich
an die Möglichkeit denken, dafs auch im Menschen ein solcher Vorgang seyn
könne *). Da aber von andern Beobachtern mir D ö llin g e r Aehnliches gesehen
h a t, so mufs ich glauben, dafs diese Fälle krankhafte Abweichungen waren
**). Wahrscheinlich schwinden die Zotten, welche in den eingestülpten
Theil des Ueberzuges greifen, weil sie keine vollständigen Gefäfsnetze aus der
Frucht erhalten, und sie erhalten diese nicht, weil hierher das Blut der Mutter
nicht reicht.
Dagegen bilden sich die Zotten, welche innerhalb des Einstülpungsrandes
hegen, immer weiter und erhalten feine Netze von Blutgefäßen. Die Zotten sind
am Chorion des Menschen länger, dünner und verästelter als in andern Thieren.
Man hat sie daher lange für einfache Gefäße angesehen. Jetzt sind die Gefäfsnetze
von S e ile r schön dargestellt. Aus ihnen wird der Fruehtkuchen, indem
hier nicht nur die Blutgefäße der Mutter gegen die der Frucht wuchern, sondern
*) Studien N. 9.
**) Doch soll G r a n v ille neuerlich Aehnliches gelehrt haben, wie ich in M ü lle r s Zeitschrift
lese.
auch Bildungsstoff neu abgesetzt wird. Auch dieses letztere Verhältnifs ist in
neuester Zeit m Zweifel gezogen. Ich kann nach dem was ich selbst gesehen
habe durchaus nicht zweifeln, .dafs da, wo der ursprüngliche üeberzug des
‘ruchthalters durch das Ei herabgedrängt und eingestülpt wird, zwischen dem
Jk und dem Fruchthälter, also innerhalb des Einstülpungsrandes, neuer Stoff sich
absetzt, ein nachgebildeter üeberzug ( De cidua s e r o t ia a nach B o ia n
u s ) *). - ’
Indem in dieser De c idua ' se ro t in a die Gefäfse des Fruchthälters wuchern,
wird sie zum Mutterkuchen. Der Uebergang der Gefäfse ist längst bekannt,
obgleich über die Form desselben in den verschiedenen Zeiten auch jetzt
die Meinungen nicht übereinstimmen. Lange glaubte man mit H u n te r , sie gingen
in Höhlen über. Allein in neuerer Zeit war man mehr geneigt solche Räume
für erweiterte dünnwandige Venen zu halten, wie unter andern E. W e b e r
sie darstellt, allein ganz neuerlich hat jedoch ein Engländer L ee mit vielem
Nachdrucke behauptet, dafs die grofsen Venen des Fruchthälters sich zwar offen
an der innern Fläche desselben mündeten, dafs aber ihre Oefifnungen durch die
Substanz der hinfälligen Haut verschlossen wären, und überhaupt nur sehr enge
Gefäfse aus dem Fruchthälter in die hinfällige Haut gingen. Mir war das Verhältnifs
früher so erschienen, wie es W eb e r darstellt, und seit der Bekanntmachung
der Darstellung von Lee habe ich nicht Gelegenheit gehabt, sie in der
Natur zu prüfen.
Dafs der Nabelstrang sieb im Menschen bilde wie in allen andern Säuge- «v Nabel-
thieren, indem der Embryo sich von den Eihäüten entfernt, bedarf kaum einer S y o " “"
Erwähnung. Eben so wenig finde ich nöthig, etwas über die Bildung des Embryo
zu sagen, und verweise in dieser Beziehung auf die allgemeine Bildungsgeschichte
der Säugethiere **). Nur die Bemerkung sey noch erlaubt, dafs ich
in allen Aborten der frühesten Zeit, sobald der Embryo nicht mehr flach auf dem
Ei lag, den Kopf desselben nach unten gerichtet sah, ich also bestätigt fand,
was schon früher gegen eine ältere Ansicht, als ob der Embryo des Menschen
sehr viel später erst den Kopf nach unten richte, gesagt ist.
* ) Vergl. Tat. VI. Fig. 18., wd diese Masse noch gam fehlt, und Taf. VII. Fig. 7. wo sie völlig
gebildet, aber gegen die frühere abgegrenzt ist. 8
**) Für die spätere Zeit kann man sieh in jedem anatomischen Handbuche hierüber belehren.