b. Das Kno-
chensystem
überhaupt,
a) Histologische
Ausbildung.
Das gesammte Skelett der Vögel bildet sich in den Primitivorganen der
Fleischschicht.
Alle Knochen sind vorher knorpelig und dem Knorpelzustande geht wieder
ein anderer voran, wo die zukünftigen Knorpel aus zusammengedrängten, dunklen
Körnchen bestehen. Das Knochensystem ist überhaupt vom Anfänge an nur
das festere Gerüste des Leibes und die erste Anlage dazu ist eben nichts als eine derbere
Ausbildung der Kügelchen an denjenigen Stellen, welche'einst Knophen werden
sollen, innerhalb der ursprünglich weichen, aus kleinen Kügelchen oder Bläschen
und ungeformtem Stoffe bestehenden, ziemlich gleichartigen Masse des Embryo.
Das Hellerwerden ist mit einer Auflösung der Kügelchen verbunden und
ein IJebergang in den ersten ganz weichen Knorpelzustand. Die Peripherie bildet
sich dann zur Knorpelhaut aus, während das Innere allmählig ein festerer Knorpel
wird. Jeder Knorpel ist gleich Anfangs ganz da, nicht etwa zur Hälfte, aber
unförmlich und bekommt später seine bestimmte Gestalt mit Vorragungen. Ein
stärkerer Zufluls von Blut und ein Rauhwerden einer Gegend des Knorpels geht
seiner Verknöcherung voran. Die Verknöcherung schreitet in jedem einzelnen
Knorpel von der Mitte nach der Peripherie fort. Indessen finden sich bekanntlich
sehr häufig mehrere Verknöch.erungspunkt e in einem einzelnen Knorpel. So lange
diese mehrfachen Verknöcherungen einander noch nicht erreicht haben, pflegt
man zu sagen, der Knochen bestünde aus mehreren einzelnen Knochen; ein Aus-
druk, der meistens nicht richtig ist, indem der Knorpel, d. h. also der Knochen im
weichen Zustande, ein ungetheiltes Ganzes bildet. Kinige Knochen freilich sind
wirklich aus mehreren einzelnen Knochen zusammengewachsen, wie das Kreuzbein.
Die innern Höhlungen der Knochen fehlen im Knorpelzustande völlig und
sind nur eine Folge der Verknöcherung. Sie enthalten, wenn sie sich entwickeln,
Knochenmark. Nach der Geburt dringen abpr in mehr oder weniger von diesen
Höhlen Luftsijcke ein und das Mark schwindet.
Die Gelenke werden mit den Knorpeln zuglpich und zwischen ihnen durch
histologische Sonderung erzeugt. Am deutlichsten läfst sich dieser Vorgang an
den Fingern und Zehen beobachten. Wenn das Endglied der Extremität eine
dünne Platte ist, sieht man in ihm so viele dunkle Strahlen entstehen, als sich
Finger oder Zehen bilden sollen, im Flügel des Hühnchens drei, im Fufse vier,
splten fünf. Diese Strahlen nehmen allmählig an Dunkelheit und Dicke zu, während
die zwischen ihnen liegende Masse immer dünner und durchsichtiger wird
und daher das Ansehn einer Schwimmhaut gewinnt. In den Strahlen ist anfänglich
gar keine Gliederung. Diese tritt aber mit der Verknorpelung ein, so dafs
zwischen den fester gewordenen Massen der Knorpel Tröpfchen Flüssigkeit sich
sammsammeln.
Die äufsere Begrenzung dieser Flüssigkeit ist dieSynovialhaut, und eine
gemeinschaftliche dunkle Scheide, die über die Knorpel und die Wasserbläschen
fortgeht, wird die Knochenhaut. Knorpel undGölenke bilden sich also durch histologische
Sonderung innerhalb einer gleichmäfsigen Grundlage.^ Denselben Vorgang
beobachtet man, wenn auch wegen der geringem Durchsichtigkeit nicht so
deutlich, in der Gelenkbildung der obern-Theile der Extremität.
' W as die Reihenfolge in der Ausbildung des Skelettes anlangt, so sehen wir
die erste Ansammlung dunklerer Körner früher als irgend eine andere Bildung in
der Axe des Embryo, wo sie einen dünnen Faden bilden, den wir Wirbelsaite
(Chorda vertebrdlis)*') nennen. Die nächste Umgebung (die Scheide der
Wirbelsaite) wird dabei hell. Es ist also in der Axe eine histologische Sonderung.
Die' Wirbelsaite wird dann hell und nimmt allmählig an Dicke zu, bis sie den
Durchmesser einer ganz dünnen Darmsaite erreicht, erleidet aber weiter keine
Metarmorphöse und wird um die Mitte des Embryonenlebens von den um sie her-
umwachsenden Wirbelkörpern ganz umschlossen und dadurch zerstört**). Bald
üaehdem die Wirbelsaite entstanden ist, zeigen sich innerhalb der Rückenplatten
die Wirbelbogen in zwei gètrenntén Hälften , also paarige Flecken. Die ersten
erscheinen schon am Schlüsse des ersten Tages derBebrütung. Darauf bilden sich
die Körner -.Häufchen für die Knorpel der untern Bogen und zuletzt für die Knorpel
der Extremitäten. Zugleich ist die Verknorpelung vorn etwas früher als hinten,
1 so dafs in der Wirbelsäule die Schwanzwirbel später und die hintersten zuletzt
sich zeigen, die Knorpel der. vordem Extremität früher da sind, als die entsprechenden
Knorpel der hintern. Indessen ist diese Reihenfolge nicht so vollständig,
dafs die Knorpel des Kopfes sich am frühesten bildeten. Die ersten Wirbelbogen
sieht man hinter dem Kopfe in der Gegend, in der auch zuerst die Kämme der
Rückenplatten sieh an einander legen***). Beides scheint mir daher zu rühren,
dafs das vordere Ende der Rückenfurche schon jetzt etwas von dem Einflüsse des
allerdings noch nicht selbstständigen Hirnes erfahrt, einem Einflüsse, der die Seitenwände
diesér Furche hier aus einander treibt und bewirkt, dafs überhaupt die
innere Fläche desselben, (der Hintertheil der werdenden Markplatten) die Fleischschicht
in der Entwickelung überwiegt und zurückhält. — Die Reihenfolge in
£) Die Wirbelsaite habe ich in der Darstellung der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens (im ersten
Theile dieses .Werkes.) und in der E p i s to la d e o v i m am m a l, g e n e s i Rüchensaite
(C h o rd a d o r s a l i s ) genannt. Ueber den Vorzug der Benennung Wirbelsaite siehe die Vorrede
zum ersten Theile.
**) Ausführlicher über die Wirbelsaite siehe Theil I. S. 15. 125.
***) Vergl, Erster Theil. S. 17. 22. 23.
II, N
ß Reihenfolge
in dpr
Ausbildung
desKnocheu-
sy Steins.