bemerkte ich, dafs das Herz ohne Anwendung künstlicher Wärme eine Pulsation
machte. Ich wartete nun auf einen zweiten Herzschlag, und dieser erfolgte wirklich
nach einer sehr langen Pause. Hierdurch aufmerksam gemacht, stellte ich
Versuche an, und fand, dafs in allen Eiern, die ich im Juli (bei ansehnlicher
Hitze im Freien) in einer nach Norden liegenden Stube, in welcher überdiefs zur
Abkühlung die Fenster während der Nacht immer offen standen, der Embryo nach
Verlauf von vier und zwanzig Stunden nie abgestorben war, sondern der Herzschlag
in sehr langen Zwischenräumen, zuweilen von weniger als einer Minute,
in andern Fällen von 5 und mehr Minuten fortbestand. Meine Versuche stellte
ich mit Embryonen an, die nicht über fünf Tage alt waren; es ist aber nicht zu
zweifeln, dafs die ältern und selbstständigem Embryonen mit noch mehr Kraft
ihr Leben erhalten. In der zweiten Hälfte des Augustes überlebten die jungem
Embryonen eine Abkühlung von 24 Stunden nicht. An den längere Zeit hindurch
ohne Absterben in der Abkühlung erhaltenen Embryonen bemerkte ich keine andere
Veränderung, als dafs mir die Gefäfse weniger voll , und das Blut weniger
geröthet schien.
Einflufs der Aufser der Wärme hat auch die Lage des Eies auf die Entwickelung Eine?
I«! de* Hufs, denn Eier, die in der Brütmaschine eine senkrechte Stellung haben, pflegen
bald al>zusterben.
Ungleich- Mit dem Einflüsse des verschiedenen Wärmegrades auf die Lebens-Aeud'er1
Entwfk- fserung im Fötus steht die Verschiedenheit der Zeit für die einzelnen Stufen der
kelung. ' p,ntwickelung im innigsten Zusammenhänge. Leber die Ungleichheit in der Zeit,
in der die Eier sich entwickeln, haben schön alle Beobachter.geklagt, welche
diese Entwickelungs - Geschichte nach der Zeitfolge darzustellen unternahmen.
Eine neue Erörterung könnte also überflüssig scheinen. Indessen finde ich sie
nothwendig, um die Grundsätze vorzulegen, nach welchen ich die einzelnen Perioden
der Entwickelung festgestellt habe. Wenn man nicht solche Grundsätze
festhält, so kann man eine ganz monströse En twickelungs - Geschichte liefern, deren
einzelne Bestimmungen durchaus nicht zusammen passen. Selbst der genaue
Wro lff hat manche Angaben, die gar nicht mit einander zu vereinen sind. Am
Ende des zweiten Tages soll nach ihm das Herz vom wahren Amnion oder der serösen
Schicht des Keimblattes noch nicht bedeckt seyn (eine sehr langsame Entwickelung!)
; nach dem Ende des dritten Tages soll sich der Fötus so krümmen,
dafs der Kopf den Schwanz berührt (eine Form, die er selten vor dem fünften
Tage hat!), und erst nach dem Ende des fünften Tages soll der Harnsack (Allan-
tonü, Chorion) hervortreten (wieder eine so langsame Entwickelung, dafs durchaus
ein Aufenthalt hier Statt gefunden haben mufs]). Alle drei Beobachtungen
k ö n n e n a n sieh richtig seyn, allein sie sind auf keine Weise mit einander zu vereinigen,
_1
Die Ungleichheiten in der Periodicität der Entwickelung sind von doppelter
Art: l) Ungleichheit im NebeUeinanderseymder>Erscheinungen, 2) Ungleichheiten
im Fortgange der gesammten Entwickelung.
Die Ungleichheiten der ersteh Art sind nicht sehr bedeutend. Im Allgemeinen
findet man, dafs Theile um so mehr in gleichem Maafse fortschreiten, je
enger ihre physiologische Beziehung, namentlich in der Entwickelung selbst ist.
Gekrös-und Darmbildung bedingen sich gegenseitig so unmittelbar, dafs sie einander'nicht
voraneilen können. Dagegen steht die Ausbildung des Hirns und des
Darmes weniger in Ufebereinstimmung. Am unbestimmtesten schien mir das Ver-
hältnifsder allgemeinen Krümmung des Körpers zur übrigen Ausbildung. Zuweilen
bildet am Ende des dritten Tages der Hals einen rechten Winkel mit dem
Rumpfe, und in andern Fällen ist um dieselbe Zeit der Rücken vom Hinterhaupte
an fast gerade. Augenscheinlich ist aber das Verschwinden von Theilen , deren
Wirksamkeit aufgehört hat, den meisten Abweichungen unterworfen. Die
Grenzvene habe ich zuweilen am Eude des fünften Tages nicht mehr und in andern
Fallen am zehnten Tage noch ganz deutlich erkannt.
i Viel schwankender als das Verhältnifs des Nebeneinanderseyns ist dasFort-
sehreiten dek Ausbildung nach: der Dauer'der Bebrütung, und eine wahre Plage
für den Beobachter , der , wenn er einen bestimmten Moment beobachten will,
fast gar nicht zum Ziele kommt; wenn er nicht alle Verhältnisse beachtet und beherrscht.
Ich habe schon gesehen, dafs Eier, diebereits im siebenten Tage der
Bebrütung waren, Embryonen enthielten, wie sie im Anfänge des dritten Tages
hätten seyn sollen. Bei den Eiern in der Brütmaschine hört ohnehin fast alle Berechnung
auf, wenn man nicht eine stete Wache,- die für gleichmäfsige Temperatur
sorgt, unterhält. Den Grund dieser Abweichungen in jedem einzelnen Falle
anzugeben ist nicht leicht, da mehrere Verhältnisse zugleich wirken. Aus eigener
Erfahrung glaube ich hierüber Folgendes sagen zu können.
Zuvörderst entwickeln sich, wie es mir schien, im Allgemeinen die Eier
schneller im Frühlinge und Anfänge des Sommers , als im Herbste. Allein die
Mitte des Sommefs stand auch nicht zurück, so, dafs ich noch nicht ganz sicher
bin, ob die Jahreszeit einen eigenthünalichen Einflufs hat, oder dieser vielleicht
auf dem Einflüsse der Wärme beruht. Indessen schien mir doch die rasche Entwickelung
im Anfänge des Maies ersteren zu beweisen. Auf jeden Fall erzeugt
aber die Jahreszeit nur geringe Abweichungen. Viel ansehnlicher ist der oben
berührte Einflufs der arme, und so allgemein anerkannt, dafs er nicht näher
Ungleichheit
im Neben
einan-
derseyn der
Erscheinungen.
Ungleichheit
in der
Dauer der
Entwicke-
lung.
Einflufs der
Jahreszeit.
Einflufs der
Wärme.