•Die Ansicht h a t,1 wie ich glaube, vielmehr unbewußte als bewnfste Anhänger.
Es scheint mir nämlich, dais aus längst verflossener Zeit sich eineMenge
Vorstellungen, die auf der Ansicht von einer Stufenleiter beruhen, sich fortgepflanzt
haben und ohne dafs wir es.wüfsten, unsrer Ansicht der organischen Verwandtschaft
eine Farbe geben, die nicht aus der Untersuchung stammt. Sind .die
Behauptungen, dafs die Cephalopoden oder die Krebse sich an die Fische anschlie-
fsen oder gar in sie übergehen, nicht Ausdrücke' dieser Grundansicht P Aus einer
unmittelbaren und freien Vergleichung der Organisation können sie doch wohl
nicht hervorgegangen seyn. Eben so unbegreiflich ist die Verbindung zwischen
den Echinodermen und Mollusken. Gehen diese Versuche, zwischen,zwei entlegenen
Ländern Brücken zu schlagen, nicht aus dem Bestreben hervor, jedes Glied auf
zwei Seiten anzuknüpfen? Hatte man nämlich die Grustaceen aus dem Typus,, der
in den gegliederten Thieren herrscht, verstehen gelernt, so wollte man nunT da
man sie als die am meisten ausgebildeten derselben betrachtete, (womit ich nicht
einstimmen möchte,) auchvonihnen weiter gehen. Eben so glaubte man, es müsse
ein Weg von dem höchsten Strahlthiere zu andernLändern führen. — Sehemwir
aber nach unsrer Ansicht die einzelnen Formen oder Gruppen von Formen als Variationen
auf ein Thema an, so werden wir die Uebergänge nur einzeln finden
und nur als Folge der Umbildungsfähigkeit einer Form, eben deshalb nicht als an
sich nothwendig und bestimmend. Dann werden wir nicht verleitet werden, im
Heterogen Uebereinstimmung zu finden, indem wir die Stufenfolge nicht als das
Bedingende der thierisphen Formverschiedenheiten ansehen.
Die Streitfrage, ob die gegliederten Thiere oder die Mollusken höher stehen
, scheint mir ebenfalls nur auf dieser Ansicht einer einreihigen Ausbildung zu
beruhen. Falst man das Wesen der verschiedenen Typen gehörig auf, so scheint
es leicht einsichtlich, wie in dem einen die plastischen Bildungen vorherrschen,
in dem andern Empfindung»-und Bewegungsorgane. Das Herz und die Leber
der Mollusken, so wie überhaupt ihre Drüsen, werden uns also wohl nicht bestimmenkönnen,
sie höher als die gegliederten Thiere zu stellen. Beinahe eben
so einseitig wäre es, diese alle über die Mollusken zu stellen, obgleich.sie im Allgemeinen
doch durch größere Mannigfaltigkeit der Aeufserungen des Lebens eher
auf eine solche Stelle Anspruch machen konnten. Im Grunde hat aber jeder dieser
Abschnitte des Thierreiches sein eigenes, Maafs, welches nur aus seinem Typus
genommen werden darf. Je gröfser die histologische, und morphologisch? Sonderung,
desto höher nach unsrer Ansicht die Ausbildung innerhalb desselben Ty-,
pus. Ejne geringere morphologische Sonderung ist aber , immer eine Annäherung
an den Grundtypus. Niedriger organisirt scheinen uns also die A,nnelidt;p., wegen
Gleichheit der Glieder trotz des Gefäßsystems, dessen Beschränkung in den Insekten
leicht verständlich ist durch die. Entwickelung der Luftgefäfse. Nicht viel
höher, stehen uns die Myriapoden, deren Frefswerkzeuge noch wahre ICopffüfse
sind und deren Kopf nur wenig von den übrigen, fast gleichen Ringen geschieden
ist. ln den Thysänuren und Parasiten tritt mehr morphologische Sonderung hervor,
und; sie lassen, den Bau der wahren Insecten ahnden.
So wie sich stufenweise Umbildungen von den Annulaten durch die Myriapoden,
Thysanuren, Parasiten zu,den wahren Insecten erkennen lassen, eben so
durch die,Isopoden, Amphipoden, Stomapodeu zu den Decapoden und durch die
Scorpipniden zu den Araneiden. Warum man aber die eigentlichen Spinnen oder
die Decapoden unter den Krebsen für höher ansgebildet halten soll, 'als die eigentlichen
Insecten, ist nicht ,klar. Etwa dés, vollständigen Gefäfssystems wegen?
Dieses ist ja nur Folge einer weniger lebhaftem Wechselwirkung mit der Luft, deren,
stärkerer Einfluß, immer die Entwickelung des thierisclien Lebens fördert.
Giebt uns dagegen das. Individualismen der organischen Bestandtheile das Maals
für die Ausbildung, so bemerken wir in den zehnfiifsigen Krebsen außer der geringen
histologischen Sonderung, die mir offenbar scheint, eine Tcndenz, Sinnesorgane,
Bewegungsorgane und plastische Organe in Einen Haupttheil zusammenzudrängen,
wodurch zwar der Typus stark umgestaltet wird, die wesentlichen
Theile aber wenig gesondert werden; in den Spinnen ist wenigstens der plastßche
Lei!) vom animalischen gesondert, in den Insecten mit, Metamorphose aber scheiden
sich Sensibilität, Irritabilität und Plasticität, und zwar nur bei vollendeter
Entwickelung. Am höchsten ausgebildet unter ihnen scheinen mir wieder diejenigen,
deren Bruststück nicht wie, im Floh, den Coleopteren, Orthopteren in
mehrere gesonderte Ringe zerfällt, sondern in Einen gesammelt ist. Diese sind es
auch, in denen die ursprünglich übereinstimmenden Theile, wie die Füfse und
Frefswerkzeuge, die größte Verschiedenheit erlangt haben. Siesind es, welche
die am meisten ausgebildeten Flügel besitzen und die uns überhaupt die mannigfaltigsten
Aeufserungen des Lebens offenbaren. Zwar zeigen uns die Krebse ein
Ohr und eine Nase. Allein wir dürfen nicht übersehen, dals der Kopf der Insecten
klein genug ist, um solche Theile zweifelhaft zu machen, daß einige Naturforscher
sie wirklich gefunden zu haben glauben und dafs auf jeden Fall die
Siunesempfindungen nicht fehlen.
W enn es gelingt, alle hergebrachten Vorstellungen von einer Stufenleiter
ganz los zu werden, dann wird man jede Form als Modification einer allgemeinem
Form und diese als Modification eines Grundtypus betrachten und von diesen Gesichtspunkten
aus verstehen lernen. Dann wird man mehr darauf Bedacht haben,.
4 Die ver-
schiedenen
Thiere sind
vielmehr Variationen
gewisser