Die Zipfel des Dottersackes werden bald ganz unkenntlich, doch kann man
sie zuweilen noch in der zweiten Hälfte der Trächtigkeit sehr weit verfolgen. Die
der Mitte näher liegenden Abschnitte erhalten sich längere Zeit, doch verkümmern
auch sie, so wie die seröse Hülle an das Chorion immer mehr angedrückt und der
Raum, den sie einschliefst, verengt wird. Der Anfangs kleine und enge Mittelkörper
erweitert sich dagegen, die Dottermasse in ihm erhält viel mehr Dotterkügelchen
als in früherer Zeit, so dafs am Schlüsse des zweiten Monates und am Anfänge
des dritten der Inhalt dieses Mittelstückes vom Dottersacke recht lebhaft gelb
gefärbt und mit einem ziemlich reichen Gefäfsnetze bedeckt ist. Um diesen Mittelkörper
bildet die seröse Hülle noch immer einen freien Raum, und darauf beruht
es wohl, wenn einige Beobachter, die frühere Form der Zipfel nicht kennend, vom
Ei der Dickhäuter berichten, der Dottersack läge queer gegen den Embryo und
sey mit einer Art Chalaze angeheftet, worunter das Ende des Mittelkörpers selbst
gemeint wird.
Der Raum, in welchem der Mittelkörper des Dottersackes frei in einer Flüssigkeit
liegt, würde nicht so langsam beengt werden, wenn nicht die Mitte der
Allantois immer mehr an Dicke abnähme. Zuletzt ist sie in der Mitte nur wenige
Linien breit.
Uebrigens weils ich von der Allantois wenig weiter zu berichten, als dafs sie
überall mit Ausnahme der Narbe und der Zipfel von dem Gefäfsblatte des Harnsackes
sich vollstänig trennt und dafs die Zipfel allmählig ganz absterbsn und gelb
werden. Zuweilen schliefst sich die Narbe dabei ganz, meistens aber nicht. Da
in den Zipfeln gar kein Leben ist, so wächst die nächste Umgebung des Chorions
über sie weg auf die Seite. Zuweilen werden sie auch von den benachbarten Eiern in
das Ei hineingestülpt, dem sie angehören. Ueberhaupt aber drängen in der letzten
Zeit die Eier, wenn ihre Anzahl ansehnlich ist, sehr gegen einander.
Doch wollen wir vorher noch bemerken, dafs von der vierten Woche an
der Gefäfsreichthum im Chorion sich sehr mehrt, dafs ein zusammenhängendes
Netz alle Zotten und alle Zwischenräume zwischen den Zotten ausfüllt, dafs ein
eben so reiches ja vielleicht noch reicheres Gefäfsnetz aber auch die innere Wand
des Fruchthälters auskleidet, dafs die Gefäfsnetze beider Seiten eben so offen mit
den Arterien als mit den Venen communiciren und also beiden Systemen von Blut-
gefäfsen mit gleichem Rechte angehören, mit dem Unterschiede jedoch, dafs die
kleinen Kreise von Zotten, die den offenen Drüsenmündungen des Fruchthälters
gegenüber liegen, stets mit den Venen mehr unmittelbare Gemeinschaft haben, als
mit den Arterien. Diese Kreise schliefsen sich mit fortgehendem Alter immer enger
und bilden daher kleine Näpfe, welche die Flüssigkeit aufnehmen, die von
dem Fruchthälter ergossen wird *). Allein sie schliefsen sich nicht und aus ihnen
werden nicht etwa die kleinen durchsichtigen festen Knöpfchen, mit denen die
Eier des Schweines in der letzten Zeit übersäet 'sind. In diesen habe ich keine
Gefäfsnetze entdecken können, und es ist daher wohl nicht richtig, wenn sie von
einigen Anatomen für die Cotyledonen dieser Frucht angesehen werden. Als Co-
tyledonen oder richtiger eigentlich als die isolirten Theile von Cotyledonen glaube
ich vielmehr die einzelnen Zotten selbst betrachten zu müssen, die in der letzten Zeit
dicker werden und jede ein Gefäfsnetz enthalten, aber freilich gegen die Cotyledonen
der Wiederkäuer aufserordentlich klein bleiben. Ihre ungeheure Anzahl
und ihre Ausbreitung auf dem gröfsten Theile des Eies mufs ersetzen, was ihnen
an Gröfse abgeht. Es ist also das ganze Chorion, mit Ausnahme seiner beiden
Enden, in einen Fruehtkuchen verwandelt.
Die Enden des Chorions verlieren nämlich, zuweilen bis zu einer Ausdehnung
von 5 — 6 Zoll, gewöhnlich nur etwa in der Ausdehnung von vier Zoll in
beiden letzten Monaten wieder ihre Zotten.
Damit geht es so zu:
Indem die Eier sich vergröfsern, werden auch die Strecken des Fruchthälters,
die früher zwischen den einzelnen Nestern verengt waren, ausgedehnt und
die Eier erreichen einander, gewöhnlich so, dafs die Harnsack - Zipfel auf die
Seite geschoben werden und die benachbarten Gegenden jetzt die Enden bilden,
zuweilen aber auch so, dafs diese Zipfel selbst die äufsersten Enden einnehmen.
Wenn nun die Eier einander erreicht haben, so bleiben sie nicht dabei stehen,
sondern drängen sich, bis das Ende des einen Eies in das andere hineingeschoben
wird, wobei natürlich dieses sich zum Theil in sich selbst stülpen mufs. So viel
nun eingeschoben oder eingestülpt ist, so viel vom Eie verliert seine Zotten, da es
nicht mehr in Berührung mit dem Fruchthälter ist. So erhält man also eine dritte
Art von unthätigen Zipfeln, die wir zum Unterschiede von den Zipfeln der äufsern
Eihaut und den Zipfeln des Harnsackes, die Zipfel des Chorions nennen wollen.
An der Stelle der Einschiebnng heftet sich das Chorion des einen Eies ganz fest an
das Chorion des andern. Ok en sagte daher, in späterer Zeit wären alle Eier einer
Hälfte des Fruchthälters mit einander verwachsen und hätten nur Ein gemeinsames
Chorion. Man hat diese Beschreibung sehr angegriffen, indessen mir
scheint sie eben nicht ganz unrichtig. DasAneinderhaften ist sehr fest, und wenn
man die Eier in ganz frischem Zustande untersucht, wird man sie nicht ohne Zer-
*) Abgebildet in der Gratulationsscbrift an S öm m e r r in g .