Bestreben der bildenden Kräfte, einen möglichst vollkommenen
Organismus hervorzuhringen. Für diese
beiden Sätze sprechen alle genaue Beschreibungen
des innern Baus von gesunden Mifsgeburten ohne
Ausnahme. Ich habe im 3ten Bande der Biologie,
S. 453, Beispiele als Bestätigungen derselben angeführt,
wogegen, wie ich glaube, nichts erinnert
werden kann, und Scherer hat nachher noch einige
neue merkwürdige Beobachtungen, die für sie sprechen,
bekannt gemacht.* *)') Als Gegner derselben ist indefs
Me ckel aufgetreten.*'*') Dieser meinet: das Gegen-
theil von dem ersten Satz beweise die „ungeheure”
Anzahl von Fällen, wo einer sehr unvollkommenen
äussern Form die im höchsten Grade unvollkommene
Anordnung der innern und wichtigsten Lebensorgane
entspräche, und gegen den zweiten Hessen sich die,
nicht seltenen Beispiele von mangelhafter Entwickelung
anführen, welche sich oft durch alle Systeme
von Organen aussprächen, und die vielmehr ein Bestreben
zur Hervorbringung eines möglichst unvollkommenen,
als eines möglichst vollkommenen Organismus
andeuteten. Aber wenn man mit Linne' für
das unterscheidende Merkmal des Haushundes den
nach der linken Seite gebogenen Schwanz angiebt,
und Jemand zeigt zum Beweise der Unrichtigkeit
dieses Kennzeichens Hunde mit gestutzten Schwänzen
vor: was soll man darauf antworten? Nachdem ich
*) Medicin. Jahrbücher des österreichischen Staats. Neue Folge.
B. 2. St. 2.
**) In seinem Handbuch der patholog. Anatomie. B. 1. S. 12.
jetzt ausdrücklich nur auf gesunde und selbstständige
Mifsgeburten die obigen Sätze eingeschränkt habe, werden
diese gegen ähnliche Einwendungen gesichert seyn.
Die gänzliche Zwecklosigkeit der Mifsgeburten
im Aeussern läfst sich nur erklären, wenn man eine
ganz zufällige veranlassende Ursache ihres Entstehens
voraussetzt. Wer wird auch von einer andern als einer
solchen den Ursprung der doppelten, ganz vollständigen
Wesen ableiten, die blos an einer Stelle der
Oberfläche des Körpers mit einander vereinigt waren?
Es ist nichts so klar, als dafs diese Zwillinge waren,
deren Keime zufällig mit einander in Berührung kamen
und verwuchsen. Aber von diesen Mifsgeburten giebt
es eine ununterbrochene Stufenfolge zu denen, deren
ganze Mifsbildung blos in einem einzigen überzähligen
Glied, z. B. einem Finger oder Zehen, besteht. Läfst
sich auch für diese die nehmliehe Entstehung annehmen?
Ich glaube, eine solche Annahme ist allerdings
für viele Fälle zulässig, sobald sich zeigen läfst,
dafs bei der Entstehung der selbstständigen Mifsgeburten
ausser der zufälligen Ursache noch eine
andere im Spiele ist, die durch jene in Thätigkeit
gesetzt wird und deren Wirksamkeit sich nach der
Beschaffenheit der Umstände richtet. Diese zweite
Ursache ist die nehmliche Kraft, welche macht, dafs,
ohngeachtet des zufälligen Entstehens der Mifsgeburten,
doch Zweckmäfsigkeit in ihrer innern Bildung
eintritt. Es ist nicht zu begreifen, warum die Wirksamkeit
der letztem immer nur auf das Innere dieser
Wesen beschränkt seyn sollte. Wohl aber läfst sich