F o r tp fla n zu n g durch Eier.
Wenn man den Punct, von welchem die Bildung
eines Organs oder eines organischen Ganzen anfängt,
den B ild u n g sp u n c t nennet, so läfst sich für die
Sprossenerzeugung das Gesetz aufstellen: dafs sie immer
nur einen einzigen Bildungspunct hat, und dafs dieser
Punct immer in einem Theil des mütterlichen Körpers
liegt. In dieser Einheit des Bildungspuncts unterscheidet
sich die Fortpflanzung durch Sprossen von
der Erzeugung aus Eiern. Bei dieser giebt es immer
gleichzeitig oder auf einander folgend mehrere solcher
Puncte. Die Sprosse wächst aus dem mütterlichen
Körper durch Intussuseeption hervor; hingegen entsteht
das Ei und in diesem der Embryo durch eine
Art von Juxtaposition, wobei die Bildung von mehrern
Puncten anfängt, alle Bildungspuncte aber ein gemeinschaftliches
Centrum haben, von welchem aus sie
beherrscht werden und in welchem die von ihnen
ausgehenden Bildungen sich vereinigen. Folgen hiervon
sind: dafs die Bildnng des Eies und der Frucht
durch einen Uebergang des Flüssigen in Festes geschieht,
der nicht unmittelbar durch ein schon vor
handenes Festes vermittelt wird, und dafs jedes Ei
ein in sich geschlossenes Ganzes seyn mufs, welches
die materiellen Bedingungen der ersten Bildung des
Embryo in sich selber hat. Dies ist das Wesentliche
bei der Erzeugung durch Eier. Im Uebrigen sind der
Verschiedenheiten hierin eben so viele und eben so
grofse wie im Bau der lebenden Wesen. Um diese
kennen zu lernen, müssen wir die Resultate der genauem
und zuverlässigem Beobachtungen über die
Entstehung des Eis und der Frucht im Pflanzen- und
Thierreiche mit einander vergleichen.
Unter den niedrigsten Gattungen des Pflanzenreichs
sind es mehrere Conferven des süfsen Wassers, an
welchen sich die Bildung der Eier wahrnehmen läfst.
Die von Vau eher mit den Kamen der Conjugatae
und Proliferae belegten Gewächse dieser Familie bestehen
aus einer durchsichtigen Röhre, die inwendig
durch Queerscheidewände abgetheilt ist. Die Fächer
enthalten eine grüne, körnige, bei mehrern Conjugaten
regehnäfsige Figuren bildende Materie. Die Körner
dieser Materie verlassen zu einer gewissen Zeit in den
einzelnen Fächern ihre regelmäfsige Stellung, rücken
näher zusammen und vereinigen sich zu einer Kugel,
dem Ei oder Saamenkorn der Conferven. Was weiter
in dieser vorgeht, läfst sich, ihrer Undurchsichtigkeit
und Kleinheit wegen, nicht entdecken. Man sieht
nur Fäden daraus hervorwachsen, die schon gleich
bei ihrem Austritt aus dem Ei die nehmliche Gestalt
haben, die ihnen in der Folge eigen ist.*) Obgleich
die Körner sich wohl nicht blos aneinander fügen,
um das Ei zu bilden, so findet bei dieser Bildung doch
offenbar etwas Aehnliches von einer Juxtaposition statt.
Diese Erzeugungsart von Eiern durch ein Zu-
) Das Nähere hierüber ist von Vau eh e r (Hist, des Conferves.
p- 42. 246), von mir (Biologie. B. 3. S. 282), meinem Bruder (Verm.
Schriften von G. R. und L. C. T r e v ir a n u s . B. 2. S. 87) und Léon
le C le rc (Mém. du Mus. d’Hist. nat. Tom. HI. p. 462) angegeben.