möglich ist, beweist das Beispiel der wandernden
Vögel, die gewifs nicht blos durch Sinneseindrücke
auf ihren Zügen geleitet werden, und dafs ein Wirken
der Seele auf die Materie statt findet, lehrt die Erfahrung
jedes Augenblicks. Wir kennen zwar nur den
Willen und Gemüthsbewegungen, nicht die Vernunft,
als die Kräfte der Seele, die Veränderungen im Körper
hervorbringen. Allein w7ir sind uns im Wachen der
Vernunft blos von ihrer moralischen und ästhetischen,
nicht von ihrer physischen Seite bewufst. Nur im
tiefen Schlafe läfst sich Bewufstseyn. ihres physischen
Wirkens annehmen. Aber hiervon findet keine Erinnerung
im Wachen statt, weil dieses Wirken ohne
Rührung der äussern Sinne geschieht.
Im Schlafe wird das Räderwerk des physischen
Lebens aufgezogen. Die Kraft, die dies verrichtet,
wirkt aber nicht minder erhaltend für das Leben,
nur auf andere Weise, im Wachen als im Schlafe.
Wechsel von Schlaf und Wachen ist daher allen lebenden
Wesen eigen. Doch fliefst dieses mit jenem
um so mehr zusammen, je beschränkter das Leben
in der Sinnenwelt ist.
Das geistige Princip, das im Schlafe für die
Erhaltung des Lebens thätig ist, wirkt in diesem Zustande
auch wieder auf die Form zurück, worin es
wachend seine Thätigkeit äussert. Es entstehen gewisse
Veränderungen in den EmpfindungsWerkzeugen,
die ein Verlangen oder eine Abneigung zur Folge
haben und von dem Bewufstseyn begleitet sind, dafs
nur ein bestimmtes körperliches Wirken dem Bedürfnifs
abhelfen kann.; Dies ist der Ursprung des Instincts,
den man vergeblich zu erklären sucht, wenn man
nicht noch einen andern Einflüfs der ganzen Natur
auf jedes Leben als den, der durch die Sinne Zugang
hat, und ein Princip, das durch diesen : Einflüfs
zum zweckmäfsigen Wirken aufgeregt wird, voraussetzt.
Woher erkennet sonst jedes Thier im Wasser das Mittel,
seinen Durst zu loschen, woher das fleischfressende
im Fleisch, das pflanzenfressende in Pflanzen seine
NahrungBh Wasser,; Fleisch und Pflanzen möchten
immerhin die Sinne des Thiers; auf eine eigene Art
rühren ; träte nicht mit der Rührung die Ahnung ein,
dafs der Gegenstand, wodurch jene veranlafst wird,
das Mittel zur Stillung des Durstes und des Hungers
sey, so würde das Thier nimmer durch sie zur Ingestion
des Wassers, des Fleisches, oder der Pflanzenkost
getrieben werden. Dieses Ahnen setzt aber
schon ein Wissen um die Beziehung der Nahrungsmittel
auf den Organismus voraus.
Bei diesen Aeusserungen dés Instincts ist es die
productive Einbildungskraft, wodurch der Wille auf
eine, dem Bedürfnifs des Lebens entsprechende Weise
den Körper in Thätigkeit setzt. Vor jedem Wollen
bildet die Phantasie eine Vorstellung vom Zweck des
Wollens. Diese Vorstellung ist beim mittelbaren Denken
aus der Erfahrung entlehnt. Aber im Zustande des
wachenden Träumens, noch mehr im wirklichen Traum
und vorzüglich im fieberhaften Irreseyn zaubert uns
die Einbildungskraft oft Gestalten vor, die mjt keinem,
je wahrgenommenem Gegenstände Übereinkommen.