Thie r i s che Electric itä t.*)
Dafs bei den chemischen Processen, die beständig
in den lebenden Körpern vergehen, eben so wie bei
den Trennungen und Verbindungen'in der unorganischen
Natur, immer Electricität entwickelt wird, leidet
keinen Zweifel. Dessen ungeachtet kommen electrische
Wirkungen als äussere Lebenserscheinungen im Pflanzenreiche
gar nicht und im Thierreiche selten Vor.
Man kennet sie nur bei einigen Fischen als beständige
Phänomene des Lebens. Da, wö sie bei andern Thiereh
beobachtet wurden, traten sie entweder als ungewöhnliche
Ereignisse ein; oder es rührte vielleicht von
andern Ursachen her, was man von Electricität ableitete.
So erzählt Schmid**): ein noch lebender
Eingeweidewurm aus dem Magen eines schwartzen
Storchs sey in dem Augenblick, wo man denselben
in ein Glas mit Branntewein setzen wellte und wo das
Kopfende den Branntewein berührte, der Länge nach
zerplatzt und habe dem, der ihn hielt, einen mit
einem schwachen Schall verbundenen Schlag gegeben,
der im Arm merklich gefühlt würde. Schmid scheint
diese Beobachtung nicht selber gemacht zu haben, und
es ist die Frage: ob der Schlag nicht blos von der
mechanischen Erschütterung beim Zerplatzen des Wurms
und der, durch den unerwarteten Vorfall verursachten
Ueberraschung herrührte? Die plötzliche Berührung
(B. 5. S: 141.) J
*) Man vergl. hierbei den 3ten Abschn. des 6ten Buchs der Biologie.
**) Blicke in den Haushalt der Natur. S. 100.
vön einem widrigen oder gefürchteten Gegenstand erregt
immer in dem berührten Gliede ein ähnliches
Zucken wie ein schwacher Schlag der Leidener Flasche.
Diese Erklärung pafst aber nicht auf alle Fälle.
Unter gewissen Umständen scheinen allerdings Thiere,
die sonst nicht nach aussen electrisch wirken, electrische
Schläge ertheilen zu können. Nach Kirby und
Spence*) bekam ein Generalmajor Davies , den sie
als einen sehr genauen Beobachter der Natur und un-
ermüdeten Sammler der Naturproducte rühmen, als
er einen Reduvius serratus F. auf die Hand gesetzt
hatte, eine Erschütterung, die bis in die Schulter
drang und nach welcher auf der Stelle der Hand,
wö die sechs Füfse des Thiers gestanden hatten, eben
soviele Flecken zurückblieben. M arg rav**) sagt von
einer Brasilianischen Mantis: Sie errege, wenn sie
Jemanden berühre, (si hominem feriat aliquem,) ein
Zittern im ganzen Körper, schade aber nicht leicht,
wenn sie nicht gedrückt werde. Da von keinem andern
Insect ähnliche Wirkungen als beständig erfolgend
bekannt sind, so scheint diese Erzählung nur von
einem einzigen ungewöhnlichen Ereignifs entstanden
zu seyn. j-)
Für beständige Wirkungen des Lebens kennet man
electrische Erschütterungen als von mehrern Rochenarten,
vom Gymnotus electricus, Silurus electricus,
+) Introd. to Entomol. Vol. I. p. 110.
**) In P iso ’s Werk De Indiae utriusque re natur. et medic. p. 286.
t) Andere ähnliche Beobachtungen sind in dem angeführten Abschn.
der Biologie, S. 141 fg. zn finden.
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