Das durch Symbole vermittelte Denken nenne
ich das mittelbare; das, welches ohne Hülfe von
Symbolen geschieht, das unmittelbare. Das erstere
besteht in Abstrahiren und Reflectiren, und fängt erst
mit dem Leben in der Sinnenwelt an. Der Kreis
desselben ist unendlich. Wir sind uns des mittelbar
Gedachten als unsers eigenen Werks bewufst; aber
nichts bürget uns für dessen objective Wahrheit. Die
Handlungen, die dasselbe zur Folge hat, werden daher
ohne Zuversicht vollzogen, solange sie nicht oft versucht,
oft wiederhohlt und in Fertigkeiten übergegangen
sind. Durch das unmittelbare Denken ist nur Ableitung
des Besondern aus einem gegebenen Allgemeinen,
aber nicht des Allgemeinen aus dem Besondern möglich.
Dieses geschieht schon vor der Entwickelung der äus-
sern Sinne vermöge der, nicht durch dieselben vermittelten
Erkenntnifs des Zusammenhangs und der
Wechselwirkung mit der übrigen Natur. Der Kreis
desselben ist beschränkt; aber die Resultate, wozu
es führt, haben eine Sicherheit, die das mittelbare
Denken nicht geben kann, das vom Besondern zum
Allgemeinen geht, während beim unmittelbaren Denken
das Allgemeine schon ursprünglich vorhanden
und nur auf das Besondere anzuwenden ist. Dieses
Allgemeine besteht in angebohrnen Regeln, ähnlich
denen, nach welchen das ohne Anweisung sich entwickelnde
künstlerische Genie verfährt, ohne sich der
Gfünde seines Verfahrens bewufst zu seyn.
Der Gegenstand des geistigen Vermögens, das
sich ausschliefslich auf Zweckmäfsigkeit bezieht, der
Vernunft, ist für den Menschen nicht blos physische,
sondern auch ästhetische und moralische Zweckmässigkeit.
Bei den übrigen lebenden Wesen der Erde
ist sie nur auf das Physische gerichtet, und in Beziehung
auf dieses ist sie das Princip alles Lebens,
des vegetabilischen wie des animalischen. Wir sind
nicht befugt, ein anderes Princip für dieses und ein
anderes für jenes anzunehmen: denn Pflanze und Thier
sind sich nicht ganz entgegengesetzt wie die Pole
des Magneten. Auch die Pflanze äussert örtliche Bewegungen
wie das Thier. Nur sind die ihrigen blos
Resultate des Wachsthums. Sie werden eben so wrie
die thierischen zum Theil durch äussere Einflüsse
erregt, die keinesweges auf mechanische Art, oder
durch Anziehung und Zurückstofsung wirken. Die
Eichenmistel treibt ihre Wurzeln immer nach einem
nahen Gegenstände, um sie an demselben anzuheften.
Es kann aber unter ihnen und dem Gegenstände keine
physische Anziehung statt finden, da dieser nicht zu
ihnen herabgezogen wird, wrenn er nahe über ihnen
an dem Arm einer empfindlichen Wage im Gleichgewichte
hängt. *)
Die Frage, wie dieses Lebensprincip Eindrücke
durch eine andere Vermittelung als die der äussern
Sinne empfängt, und wie dasselbe auf die Materie
wirkt? liegt ausser unserm Beruf. Dafs aber ein Empfangen
von Eindrücken ohne Vermittelung der Sinne
D u tro e h e t Recherches anat. et physiol. sur la structure
intime «leg animaux et des végétaux, p. 105.