Den nehmlichen hat auch diese neue Bearbeitung. Ich
darf glauben, dafs jene bei allen Unvollkommenheiten,
die sie als erster Versuch hatte, in Hinsicht auf diesen
Punct Manchem von Werthe war. Möge mein jetziges
Werk auch denen Befriedigung gewähen, die über die
Mängel des frühem dessen Gutes übersahen!
Die Lehre von der organischen Natur ist extensiv
so herangewachsen, dafs sie unter der Last ihrer Masse
zu erliegen Gefahr läuft. Aber ihre intensive Zunahme
ist hinter der extensiven sehr weit zurückgeblieben.
Wie wenig Werth haben noch seit der Entdeckung
der Voltaischen Säule die mehresten der zahllosen
Versuche, die einst über den Einflufs der Galvanischen
Electricität auf die Nerven und Muskeln gemacht
wurden! Eine Compilation alles Gesehenen und Gesagten
im Fache jener Wissenschaft kann daher von
geringem Werthe seyn, und eine solche wird man
hier noch weniger als in der Biologie zu suchen haben.
Es giebt überhaupt in der Geschichte der Natur
kleinliche Dinge wie in allen übrigen Wissenschaften
Man hat gesagt: Bei der Beobachtung der Natur könne
man nichts Ueberflüssiges sehen. Dies ist von gewisser
Seite wahr, aber oft auch sehr unrichtig ausgelegt
worden. Für den, der beobachtet, um Naturgesetze zu
entdecken, kann der kleinste Umstand von Wichtigkeit
seyn und zur Entdeckung des Gesuchten leiten.
Hundert andere Umstände können von ihm beachtet
und für wichtig gehalten seyn, die es nicht waren.
Hat er das Gesetz entdeckt, so führe er uns zu demselben
auf dem geradesten Wege, nicht aber auf den
vielen Umwegen, die er selber gehen mufste, ehe er
zur Wahrheit gelangte. Suchte er dasselbe vergeblich,
so ist es für den künftigen Forscher gut zu wissen,
das Verborgene liege nicht unter diesem oder jenem
Stein, und die Kennzeichen dieser Steine zu haben.
Aber wem können haarfeine Beschreibungen aller
Flächen, Seiten und Ecken derselben nützen?
Man wird daher auch keine solche phytotomische
und zootomisclie Beschreibungen, woraus sich nichts
für die Biologie ergiebt, hier finden. Wer uns vom
Leben unterrichten will, mufs uns mehr als blos die
Structur des Lebenden angeben können. Diese ist nicht
dabei das Erste. Man hat oft in ihr gesucht, was
nicht in ihr zu finden ist. Von Wichtigkeit ist sie
aber freilich, und für uns in den meisten Fällen das
einzige näher Bekannte. Dieses Werk enthält deswegen
noch mehr darüber, als es enthalten würde,
wenn ein tieferes Eindringen über die Form hinaus
in das Wirken immer möglich wäre. Vieles, was ich
hierüber mitgetheilt habe, ist das Resultat eigener
Untersuchungen, die mir manche Gegenstände aus
einem andern Gesichtspuncte gezeigt haben, als woraus
ich sie früher ansehen konnte, wo ich mich mehr auf
fremde, oft mangelhafte oder ganz unrichtige Beobachtungen
verlassen mufste. Meine frühem Gedanken
habe ich mich überhaupt beim Niederschreiben des
jetzigen Werks bemühet, als von einem fremden herrührend
zu betrachten.