Die Sprossen der Pflanzen, aus welchen sich
selbstständige Individuen entwickeln, bestehen immer
aus zwei Theilen: einem weichen Zellgewebe, in
dessen Zellen eine Menge Satzmehl, als die erste
Nahrung des künftigen Stamms, abgesondert ist, und
aus einer hartem, mit längslaufenden Gefäfsen versehenen
Substanz, die sich in den künftigen Stamm
fortsetzt. Jenen Theil kann man den M eh lb eh ä lte r
nennen; dieser ist die Masse, die M a lp ig h i bei den
Zwiebeln das Corpus solidum nannte. Der letztere
liegt entweder auf der Oberfläche, oder im Innern
des Mehlbehälters. Im ersten Fall ist die Sprosse ein
K n o llen ; im zweiten eine Z w ie b e l* *)").«, Die Zwiebeln
kommen bei den Monocotyledonen vor und bilden
sich gewöhnlich unter der Erde. Die Fortpflanzung
durch Knollen findet sowohl bei den Dicotyledonen
als den Monocotyledonen statt. Sie erzeugen sich am
häufigsten, gleich den Zwiebeln, unter der Erde,
dooh auch bei manchen Gewächsen über derselben
am Stamm, wie bei mehrern Laucharten und einigen
Lilien, oder an den Zweigen, wie bei Trevirania
pulchella. Die aus Knollen und Zwiebeln entstehenden
Pflanzen wachsen als selbstständige Individuen auf,
*) Die Unterschiede, die man bei andern Schriftstellern , z. B. bei
Medien s (Pflanzenphysiologische Abhandl. Th. 2. S. 135) zwischen
Zwiebeln und Knollen angegeben findet, scheinen mir unwesentliche zu
seyn. Medicus fand den festen Körper nicht in der Zwiebel einer
Hyacinthenart, die er Usteria hyacinthiflora nannte und zweifelhaft für
Hyaeinthus cernuujs L. hielt. Aber dieser Theil fehlte gewifs nicht} er
war nur in einer weniger ausgezeichneten Form, als der gewöhnlichen,
zugegen.
indem entweder während ihrer Entwickelung ihre
Mutterpflanze abstirbt, oder sie sich schon vorher
von dieser trennen.*") Der Wurzelstock fehlt den
blofsen Knospen. Was aus diesen entsteht bleibt daher
ein Theil des ursprünglichen Ganzen, wTenn es nicht
durch Zufall oder vermöge der Art seines Wachsthums
in Lagen geräth, worin es Wurzeln schlagen
kann, oder durch Kunst in solche Lagen versetzt wird.
Den Wasserpflanzen ist dieses Bewurzeln in ihrem
Element leichter als den übrigen Gewachsen. Unter
diesen ist daher die Fortpflanzung durch blofse Knospen
häufig, und von einer derselben, der Lémtia, weifs
man auch, dafs ihre Seitentriebe sich, wenn sie bewurzelt
sindI von der Mutterpflanze absondern.
Aber bei dieser Vermehrungsart wTird der Wurzelstock
erst hervorgebracht, wenn der Stamm schon vorhanden
ist. Sie kömmt also mit der Fortpflanzung durch
Theilung überein.
Knollen und Knospen sind auch^die Gebilde,
woraus die Sprossen der cryptogamischen Gewächse
hervortreten, und für diese gilt ebenfalls das Gesetz,
dafs nur die, wrelche aus Knollen entspringen, gleich
bei ihrem Hervorwuchsen ein eigenes Leben führen,
*) Weitere Beobachtungen über die Entwickelung der Zwiebeln und
Knollen haben mein Bruder (Verm. Schriften von G. R. und U. C.
T re v ir a n u s . B. 4. S. 193), V ro lick (Regensburger botan. Zeitung.
1829. N. 46. S. 270), T r is ta n (Mem. du Mus. d*Hist. nat. T. X. p. 36)
und Nolde (Botan. Bemerkungen über Stratiotes und Sagittaria. Kopenhagen.
1825) bekannt gemacht.
**) Swammerdamm Bibi. nat. p. 826. T rem b ley Mém. pour
servir a lTlist. des Polypes. p. 205.