Unterdrückte Hautausdünstung kann durch verstärkte
Absonderung des Darmsafts oder vermehrten Abgang
des Urins In gewissem Grade ersetzt werden. Aber
dieser Ersatz hat doch Gränzen. Das Product der
vicariirenden Aussonderung ist dem der unterdrückten
niemals ganz gleich, und die Hemmung hat immer
auf die Dauer nachtheilige Folgen für die Gesundheit.
Dies könnte nicht seyn, wenn es bei den Excretionen
blos auf die Erhaltung des angemessenen Verhältnisses
der obigen Stoffe ankäme. Wäre dies der Fall, so
müfste der Ueberschufs an Kohlenstoff, der durch
die Haut und die Lungen entweicht, eben sowohl
durch den Darmcanal und die Harnwerkzeuge als durch
jene Theile ausgesondert werden können. Die Noth-
wendigkeit der Excretionen für den lebenden Körper
beruhet also nicht allein auf der Erhaltung jenes Verhältnisses
im Allgemeinen, sondern auch auf der
Zusammensetzung gewisser Materien als Folge des
Wirkens der bildenden Kräfte nach einer bestimmten
Richtung. Diese Materien haben in der Regel keinen
Zweck mehr für den Körper, der sie ausscheidet.
Sie haben aber einen desto wichtigem für die übrige
^lebende Natur. Wie alle thierische Ernährung zuletzt
auf dem Daseyn einer Pflanzenwelt beruhet, so geben
die Thiere gegenseitig den Gewächsen Ersatz für das,
was sie von diesen empfangen, durch ihre Auswurfstoffe.
Die Abscheidung und Ausscheidung, die im ganzen
Körper vor sich geht, wiederhohlt sich in jedem der
organischen Elementartheile. Jedes organische Kügelchen
zieht bei der Ernährung aus der Flüssigkeit des
Schleimgewebes gewisse chemische Grundstoffe an und
stöfst dagegen andere aus, die, wenn der Procefs im
Innern des Körpers vor sich geht, von den einsaugenden
Gefäfsen aufgenommen und zum Blute zurückgeführt
werden. Die Saugadern wirken hierbei als Ausführungsgänge,
und alle Ernährung ist in gewisser Hinsicht
Verjüngung. Hierbei gilt das Gesetz: dafs die Anziehung
immer von denen Seiten geschieht, von welchen
das organische Element mit den benachbarten verbunden
ist. Dies zeigt sich vorzüglich da, wo die
äussere Schichte gewisser Theile in Folge der Ernährung
nicht resorbirt, sondern ausgestossen wird.
So bildet sich beim Wachsthum der Epidermis unter
derselben eine neue, und so werden die Nägel durch
Ansatz neuer Theile von innen und von hinten verdickt
und zugleich hervorgeschoben. Nach diesem
Gesetz geschieht auch die vegetabilische Ernährung.
Die holzigen Gewächse bilden neue Jahrringe, indem
der Splint sich in Holz verwandelt und zwischen ihm
und dem Bast neuer Splint erzeugt wird. Beim
Wachsthum der Stengel und Blätter ist immer die
Spitze der Theil, der zuerst gebildet wird. Der untere
und mittlere Theil dehnt sich erst aus und treibt den
obern nach aussen, wrenn dieser schon entwickelt ist. * *)
Bei jeder Bildung neuer organischer Elemente
entsteht in diesen eine Expansion, deren Kraft die
des Drucks der Atmosphäre übersteigt. P f a f f h a t
*) L. C. T r e v i r a n u s in der Zeitschr. für Physiol. B. 2. S. 214 fg.
**) In M e c k e l’s Archiv für Physiologie. B. 5. S. 168.