entwickelt, indem es vom Einfachem zum Zusammengesetztem
in der Ausbildung fortschreitet, und dafs
das Höhere unausgebildet Aehnlichkeiten mit ausgebildeten
Wesen niederer Stufen hat. Aber unrichtig
ist es, diese Aehnlichkeiten von einem andern Grunde
als Gleichheit der äussern Verhältnisse abzuleiten, und
die Unähnlichkeiten dabei zu übersehen. Der Fetus der
Säugthiere und Vögel ist ein Wasserthier, das nicht
durch Lungen athmet, und hat als solches einen einfachen
Blutumlauf wie die Fische. Allein die Art des
Kreislaufs ist im Uebrigen ganz anders bei jenem als
bei diesem. Manche scheinbare Analogie zwischen
beiden verschwindet bei näherer Untersuchung. Das
Gehirn des Fetus der Säugthiere ist scheinbar dem
der Vögel, Amphibien und Fische ähnlich, indem
die Vierhügel des erstem eben so, wie die hintern
Halbkugeln des grofsen Gehirns des letztem, alle
übrige Theile an Volumen übertreffen. Aber diese
Hemisphären enthalten Theile, die bei den Säug-
thieren mit den Vierhügeln nichts gemein haben.
Am Halse der Säugthiere und Vögel giebt es in der
ersten Zeit des Entstehens derselben ähnliche Spalten
wie die äussern Kiemenöffnungen der Larven derFrösche,
Kröten und Salamander sind. Diese Aehnlichkeit findet
indefs wieder nur im Aeussern statt. Die Spalten
führen zu keinen wirklichen Kiemen, sondern zu
solchen Zwischenräumen ohne Kiemen, wie die Embryonen
der Fische in ihrer ersten Bildungszeit haben.
Es folgt also aus dem Vorhandenseyn derselben weiter
nichts, als eine allgemeine Analogie in der Entwickelung
der Wirbelthiere. Vergleicht man den Fetus der letztem
mit den ausgebildeten wirbellosen Thieren, so fällt
alle Aehnlichkeit ganz weg. Er hat keinen Ganglienstrang
längs dem Bauche ohne Rückenmark wie diese;
der Blutlauf geht vom ersten Beginnen an auf eine
ganz entgegengesetzte Art bei ihm wie bei den Cru-
staceen, Mollusken u. s. w. vor sich, und seine Sinnesorgane
haben im ganzen Verlauf ihrer Ausbildung eine
ganz andere Structur wie die der wirbellosen Thiere. *)
Man ist noch weiter gegangen und hat in den
hohem Organen Wiederhohlungen der niedern Organe
eines und desselben Wesens zu sehen geglaubt.
So ist die Lehre von der „Bedeutung” und „den
Gleichungen” der Theile entstanden, die des Spiel-
wrerks und der Träumereien genug enthält, aber zur
Erweiterung unserer Kenntnisse vom Wesen des Lebens
sehr wenig beigetragen hat.
Ich glaube, dafs bei Beantwortung der Frage,
welche Verhältnisse unter den verschiedenen lebenden
Wesen in Betreff ihrer ganzen Organisation und ihrer
einzelnen Organe statt finden, folgende Sätze zum
Grunde gelegt werden müssen:
1. Die Stufe eines lebenden Wesens ist um so höher,
*) Andere gegründete Erinnerungen gegen die Lehre von der Entwickelung
der verschiedenen organischen Körper aus einerlei Prototyp
hat von Baer in seinen B e iträ g e n zu r K e n n tn ifs d e r n ie d e rn
T h ie re (Verhandl. der Kaiserl. Academ. der Natnrf. Bd. XIII. Abth. 2.
S. 739 fg.) und in seiner E n tw ic k e lu n g sg e sc h ic h te d e r T h ie r e ,
Th. i. s. 199, gemacht. Auch W e b e r hat sich in seiner Umarbeitung
des H ild e b ra n d ts c h e n H an d b u ch s d er Anatomie des Menschen
(Bd. l. S. 125) sehr bündig darüber erklärt.