
162 m . KAr iTEL. DIE KENNTNIS A OM ATLANT. OCEAN ^"011 COLCMIiCS.
îiACHWEISBAKE L.\ND\"EIiIilNDUNG EVROTA S SUT AMERIKA. ]6;i
blieb doch .lic Yeniiutuiig e ine r bis in h i s t o r i s c h e Zeiten hine inreichenden
F e s t l n n d s b e d e c k n i i g des At l a n t i s c h e n Oceans bestehen.
und noch gegeinvärtig hat nuui die Ergebnisse der modernen
l'Oi-schung zu Gunsten die.ser Theorie herangezogen.
Zunächst hollte man. der atlantischen Ti e f s c e -Eor s chun" - geeignetes
Beweismaterial entnehmen zu können. Hatte schon Bullbn
aui die zahlreichen Rille mid Entieten zwischen Spanien und der
Kanadischen Küste hingewiesen nnd diese mit der Insel Atlantis in
Zusammenhang gebracht,') so hat neuerdings noeli Gaflarel, der
wärmste Verteidiger der Atlantis-Erage, ein Verzeichnis aller im 'nördlichen
Beckcn des Atlantischen Meeres sich tindenden Liseln nnd Ritte
zu demselben Zweck zusammengestellt.'^) Es gehört viel Phantasie
und guter AVille hierzu, in ihnen die Zeugen des einstigen Festlandes
wiederzuerkennen, und hätte Gailärel die Ergebnisse der Challenoer-
Expeditiou berücksichtigt, so hätte er nicht die feste Versichermioaussprechen
können, dass jede weitere Forschungsreise neues Licht zu
Gmisteu dieser Ansieht bringen würde.")
Dass die Voraussetzung einer früheren Festlandbedeekung des
Atlantischen Meeres allerdings nicht durchaus unbegründet ist, haben
uns die g e o l o g i s c h e n E r f a h r u n g e n gelehrt, sowie die mamiigtaehen
Beruhrungen und Analoga zwischen der F l o r a mid Fa u n a der östlichen
mid westlichen Kontinentalmasse, Zuerst hatte Lvell') auf die
den beiderseitigen Küstenrändern gemeinsamen geologisclien Alerkmale
aufmerksam gemacht, wemigleicli er einen bestimmten Nachweis für
die ursprimghche kontinentale Verbindung noch nicht zu erbrino-en
vermochte. Li neuerer Zeit sind diese Studien durch sorgsame EhiLlforschmigen
erweitert worden. Besonders haben die palaeontologischen
I ntersuchungen der fossilen Flora durch Oswald Heer den eiu<^tinen Zu-
') Epoque s de la nature I X . 563.
/ > - " f J i e Arbeit von F l e n r i o , de L n n g l e (Observation de vigies et de
I.antsfonds dans I Atlantiipie septentrional an large des Açores im Bnll. .Soe. g e o - r Paris I860)
bnngt Gaffarel (Revne VI , 4-22-4-27) eine Übersicht übe r die Rifl'e nnd Untiefen
") Besonders d,n-ch die Cha l l enge r -Expedi t ion ( 1 8 7 3 - 1 8 7 6 ) haben ,vir über die
physiographische Beschaft'enheit des Atlantischen Beckens neue Aufschlüsse e.-halten. Darnach
tedt vielmehr ein schmaler Rücken den Ocean der Länge naeh von Norden nach Süden in
zvv-ei Fur chen . Im nördlichen Teil ist es der De lphin-Rücken. in, südlichen der Challen.-er-
Rucken, die beide durcli einen äquatorialen Verbindiingsrücken zus ammenhängen; - nach
Osten und Ve s t e n fällt d e r Boden zu Tiefen von üher 3000 Faden ab. - Auf Grund der
Challenger-Forsehungen hat sich gegen die Atlantis-Frage auch Steph. Mitchell ausgesprochen
( N . a t u r eW [ 1 8 i . ] 5Ô3, citirt von Wi n s o r 1. 44).
') Principles of Geology I I I . S. 284; Elements of Geology. London 1841 , S. 141
samiiienhang beider Kontinente zur Gewissheit erhoben,') und, allen
Anderen voran, hat neuerdings auch Ed. Sness seine Stimme zu
Gunsten dieser Annahme erhoben. Zahlreiche A'orkommiiisse von l a n d -
pflnnzenfidirenden Schichten auf Irland, den Hebriden, den Faröer,
fcrnei- auf Island und Grönland bis hinauf zum 81'^ -15' nördl. Br. —
unter anderen z. B. die Thatsache, dass die Gattung Taxodium an
letztgenamitem Ort wie auch auf Spitzbergen sich findet und gegenwärtig
in Mexiko und den südlichen A'ercüiigten Staaten noch fortlebt
— haben es gewi s s g ema c h t , d a s s in diesen h ö h e r e n Br e i t e n
(juer ü b e r den At l a n t i s c h e n Ocean einst ein mi t r e i c h e r
Pflanzendecke bekl e ide t e s F e s t l a n d oder eine Reihe g r ö s s e r e r
Inseln g e l e g e n h a b e n mus s , welche späterhhi hi grosse Tiefen
hhiabgesunkcn sind; die gewaltigen Ergïisse von Lava lassen auf
bedeutende tektonische Bewegungen schliessen.-) — Und wann hat
dieses hypothetische Festland existirt? — Zur Te r t i ä r z e i t , zur Zeit
der ersten Mediterranstufe, d. h. zu einer Zeit, als in Europa nocli
der Ocean in die Bucht der Gironde hineinreichte, als auf der Lüiie
lies Guadalquivir und ebenso durch Marokko eine A^erhindung zwischen
Ocean und 3Iitt(dmeer bestand, als das Meer den grössten Teil des
Rhone-Gebietes, der Schweiz und des Jura bedeckte, und ebenso gTosse
Strecken vom südlichen Böhmen, von Mähren. Ungarn, Siebenbürgen und
des äusseren Appennhirandcs noch unter Wasser standen. — Was hat
mm aher die bisel Atlantis der historischen Zeit nach der Mitteilung
Platon's, beziehungsw-eise seiner ägyptischen Gewährsmänner von Sa'is,
mit jener geologischen Atlantis zu schaffen, welche einer Urzeit angehörte,
als es im iiittelmeergehict noch höchst wnnderlich aussah,
als i'iberdies ilas Nil-Delta und mit ihm der Boden, auf dem Sais
stand, noch gar nicht existirte? Ganz abgesehen davon, können beide
Atlantis-Inseln schon deshalb nicht identisch sein, weil die historische
angelilich mmiittclbar vor den Sihilen des Herakles liegen sollte, die
geologische hingegen den höchsten Breiten angehörte, südwärts jedenfalls
nicht einmal bis zu den Azoren- nnd Madeira-Liseln reichte, da
man auf diesen berints wieder ma r i n e Tertiär-Ablagerungen aiitrifl't.")
') H e e r . Floi'a Tertiaria Ilelveticae 1854 tf. A'gl. ferner den A'ortrag von F. U n g e r ,
die versunkene Insel .\tlantis. Wi e n 1860. der ebenfalls auf die -Vnalogien der Pllanzenwelt
Eurtipa-s und .\merika-s hinweist; — ferner B o u e , über die Rolle der A-eränderungen
des unorganischen Festen im grossen Alaassstabe der Natur, in Sitzber, d. ma t h . - p h y s . KI.
d. Akad. d. Wiss., Wi e n . Bd. 57 (1868). S. 12.
=) S u e s s . Antlitz der E r d e , Pr ag 1885. I. S. 372, 444.
M a v e r und H ä r t u n g , Geolog. Beschreibung \'on Madeira und Porto .Santo, 1864,
21'
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